Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
wieder zu. Und ob
man den Mut aufbringt, sie später noch einmal wieder zu
öffnen, um die eigentliche Grußbotschaft zu lesen, ist äu-
ßerst fraglich.
Immer mehr Menschen entdecken die Möglichkeiten!
Nicht die, die ihnen der Ikea-Katalog verheißt, sondern die
Möglichkeiten, ihre E-Mails mit Hilfe von HTML-Befehlen
zu »verschönern«. Da kann man für seine E-Mail zum Bei-
spiel eine ganz individuelle Hintergrundfarbe wählen. Oder
am besten gleich eine Mustertapete. Nicht selten wird in
diesem kreativen Rausch jedoch versäumt, die Schriftfarbe
auf den Hintergrund abzustimmen. Schwarze Buchstaben
vor einem moosgrünen oder einem marineblauen Hinter-
grund sind nicht besonders gutzu erkennen. Es kann passie-
ren, dass sie überhaupt nicht zu erkennen sind und der Text
erst sichtbar wird, wenn man mit gedrückter linker Maus-
taste suchend über den Hintergrund fährt und alles mar-
kiert. Das erinnert an die Zeit, als man sich Briefe mit un-
sichtbarer Zaubertinte schrieb, die nur mit Hilfe eines
Bügeleisens sichtbar wurde: »Generation Yps mit Gimmick«
lässt grüßen!
Jeder Mensch hat seine persönliche Schmerzgrenze. Bei
einigen beginnt sie dort, wo es im buchstäblichen Sinne »zu
bunt« wird. Manchmal hilft dann nur noch ein Klick auf den
»Löschen«-Button.
Abkürzungen
Lol! Lol, lol, lol! Lollen Sie auch so gerne? Jeder Mensch
sollte wenigstens einmal am Tag herzhaft gelollt haben, denn
der chinesische Volksmund weiß: Ein Tag ohne Lol ist ein
vellolenel Tag! Sie wissen nicht, wovon ich spreche? Ich
wusste es bis vor kurzem selbst nicht. Dabei werden tagtäg-
lich zigtausende E-Mails verschickt, in denen es vor »Lol«
nur so wimmelt. »Lol« ist eine der vielen im elektronischen
Verkehr gebräuchlichen Abkürzungen und bedeutet »laugh
out loud«, zu deutsch: lauthals lachen. Oder, um es in der
Comicsprache zu sagen: lautlach! »lol« ist die Vorstufe zum
berüchtigten Smiley. Früher waren Briefe von Mädchen ge-
fürchtet, die über jedes »i« ein Herzchen malten. Heute lacht
und kichert und zwinkert es aus zahllosen E-Mails, dass ei-
nem ganz blümerant wird.
Das seit Jahrzehnten völlig vernachlässigte Satzzeichen
Semikolon hat durch die E-Mail eine ungeahnte Renaissance
erfahren. Kaum eine Mail, in der nicht mindestens ein Satz
mit der Tastenkombination Semikolon, Divis, runde
Klammer endet. Wenn man den Kopf zur Seite neigt und
dieses Zeichen in der Horizontalen betrachtet, kann man
darin mit ein wenig Phantasie ein verschmitzt lächelndes
Gesicht mit einem zwinkernden Auge erkennen. Dieser
Zwinker-Smiley erfüllt die Funktion der Ironie-Warnlampe
und bedeutet: Achtung, das, was ich eben geschrieben habe,
war ein Scherz! Bitte nicht missverstehen!
Wissen Sie, was »mfg« heißt? Es ist das am häufigsten zu
lesende Wort am Ende von E-Mails. Drei zusammenge-
schriebene kleine Buchstaben: m-f-g. Aus Donald-Duck-
Comics kennt man lautmalerische Wörter wie »sprotz«,
»börks« und »grumpf«, aber »mfg« ist neu. Das heißt, so
neu nun auch wieder nicht, das gab es auch schon im Telex-
Zeitalter, als man die sehr geehrten Damen und Herren noch
zeichen- und kostensparend mit »sgduh« anschrieb, aber zu
einem Massenphänomen wurde »mfg« erst dank E-Mail. Es
handelt sich um eine Abkürzung und bedeutet »Mit freund-
lichen Grüßen«. Daneben gibt es noch »lg«, das ist noch kür-
zer und bedeutet »lieber Gruß« oder »liebe Grüße«. Wie viel
aber kann man auf die Freundlichkeit des Absenders geben,
wenn er sich nicht mal die Zeit nehmen mochte, das Wort
»freundlich« auszuschreiben? Er braucht die »freundlichen
Grüße« ja nicht einmal mehr Buchstabe für Buchstabe zu
tippen, wir leben schließlich im Zeitalter elektronischer
Textverarbeitung, wo man Sätze und Phrasen, ja ganze
Textbausteine nur zu markieren braucht, um sie in einen
neuen Text einzufügen. Ein Programm wie »Word« zum
Beispiel verwandelt »mfg« heute außerdem ganz von selbst
in die Langfassung. Ein kopierter freundlicher Gruß ist we-
niger unschicklich als ein abgekürzter.
Beim Verschicken von Kurznachrichten übers Mobiltele-
fon (kurz: Simsen) sind solche Abkürzungen freilich kein
Makel. Auch beim Chatten stören sie nicht. SMS und Inter-
net-Chat sind andere Medien, für die andere Regeln und
Sachzwänge gelten. In diesem Kapitel geht es ausschließlich
um E-Mail.
Wenn »mfg« für »Mit freundlichen Grüßen« und »lg«
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