Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
man importiert es
von dem, der als Erster damit auf dem Markt war oder der am
meisten davon zu bieten hat. So sind wir natürlich stolz dar-
auf, dass das deutsche Wort »kindergarden« ein Welterfolg
geworden ist. Nicht minder freuen wir uns über die wun-
dervollen Wörter »Wirtschaftswunder« und »Wunderkind«.
Auch auf den Exportschlager »autobahn« sind wir stolz,
wobei wir die Entstehungszeit dieses Wortes gnädig aus-
blenden. Dass man in Griechenland das Wort »Volkswagen«
stellvertretend für alle Kleintransporter verwendet, erscheint
uns wie eine Auszeichnung.
Und wie schwillt uns erst der Kamm angesichts der Tatsa-
che, dass ausgerechnet die Japaner, berühmt für ihren Fleiß,
ein Wort namens »arubaito« haben, das unverkennbar auf
das deutsche Wort Arbeit zurückgeht! Haben wir nicht im-
mer gewusst, dass die Arbeit in Deutschland erfunden wur-
de? Ja, wir Deutschen sind Spitze, das steht außer Frage. Wir
haben der Welt »Sauerkraut«, »gemuetlichkeit« und »fahr-
vergnuegen« geschenkt, von uns haben die anderen den
»walzer«, das »lied« und den »rucksack«. Und wir waren die
Ersten, die sich laut und besorgt über das Waldsterben Ge-
danken machten, sodass »le waldsterben« im Französischen
zum Inbegriff für deutsche Öko-Hysterie wurde.
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Auf der ande-
ren Seite findet man etliche Begriffe, die einen doch stutzig
machen. Was sagt es über uns Deutsche aus, − wenn sich die
Finnen von uns das Wort »besserwisser« ausleihen, die
Schweden dazu noch den »streber«, und die Kanadier den
»klugscheisser«? Was haben wir davon zu halten, dass man
im Tschechischen das Wort »sitzflaijsch« und im Polnischen
den Begriff »hochsztapler« findet? Die Ernüchterung folgt
auf dem Fuße: Das Wort »arubaito« steht im Japanischen
nicht etwa für reguläre Arbeit, sondern bezeichnet Teilzeit-
arbeit und Aushilfstätigkeit. Da erscheint die fernöstliche
Reputation des Deutschen doch gleich in einem anderen
Licht.
Trösten wir uns mit einem schnaps, den kennt man näm-
lich fast überall auf der Welt.
E-Mail for you
Das wird viele überraschen: Die Annahme, dass Rechtschreibung
beim E-Mail-Schreiben keine Rolle spiele, ist falsch! Und Smileys er-
setzen keine Interpunktion. Wie viel »Re: AW: Re: AW: Hallo!« ver-
trägt ein Mensch am Tag? Was gehört in die Betreffzeile? Und wofür
steht eigentlich LOL? Ein paar Gedanken über Form und Inhalt von
E-Mails.
Es besteht kein Zweifel: E-Mail hat unser Leben verändert.
Als die Post noch ausschließlich auf dem Landwege ver-
schickt wurde, bekam man frühestens nach zwei Tagen eine
Antwort. Dank E-Mail ist heute die Antwort oft schon nach
wenigen Minuten da. Ob vom Kollegen, der nur ein paar
Zimmer weiter sitzt, oder vom Freund aus der Schweiz − die
Entfernung spielt keine Rolle mehr. E-Mail ist zu einer Form
der schriftlichen Kommunikation geworden, die aus dem
Alltag, insbesondere dem Büroalltag, nicht mehr wegzu-
denken ist und die klassische Form des Briefschreibens in
weiten Teilen abgelöst hat.
Eine Bekannte hat mir unlängst berichtet, dass sie auf ei-
nem Postamt war, um eine einzelne schöne Briefmarke zu
kaufen. Der Schalterbeamte sagte ihr, sie müsse entweder
gleich einen ganzen Bogen mit zehn Stück erwerben oder sich
mit einer Marke aus dem Automaten begnügen. Einzeln
würden Briefmarken nicht mehr verkauft. So weit ist es also
schon gekommen. Dies ist zweifellos eine Folge des E-Mail-
Verkehrs, der parallel zur Ausbreitung des Internets in den
letzten zehn Jahren rasant zugenommen und immer weite-
re Bevölkerungsteile für die Teilnahme an der elektroni-
schen Kommunikation gewonnen hat.
Wenn die Elektro-Post den traditionellen Briefverkehr
derart zurückgedrängt hat, dass das klassische Hobby des
Briefmarkensammelns zum Aussterben verurteilt ist, ist es
zweifellos angebracht, sich über Form und Inhalte von E-
Mails Gedanken zu machen. Das Verschicken von Post über
das Internet mag sehr viel einfacher, schneller und auch bil-
liger geworden sein als auf dem Landweg, aber das heißt
nicht, dass sämtliche Regeln des traditionellen Briefver-
kehrs außer Kraft gesetzt sind.
Die oder das E-Mail, da fängt das Problem schon einmal
an. Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum ver-
schicken tagtäglich Millionen von E-Mails, und die meisten
sind sich nicht einmal über das Geschlecht dieser
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