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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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fragte sie und jetzt Sie: Warum heißt ein Puff eigentlich Puff?
    Antwort des Zwiebelfischs: »Puff« war der Name eines alten Brettspiels mit Würfeln. Das Wort ist die lautmalerische Umsetzung des dumpfen Geräuschs, das beim Aufschlagen der Würfel entsteht. Da man es früher noch mehr als heute vermied, jene Dinge, die als unschicklich oder gar anrüchig galten, beim Namen zu nennen, wurden Bordellbesuche im 18. Jahrhundert gern als Gesellschaftsspiele verklausuliert. Dies geschah auch zum Schutz der Kinder. Wenn die einen Satz aufschnappten, in dem das Wort »Puff« fiel, so dachten sie sich nichts dabei, weil Puff für sie ein Würfelspiel war. So wurde es schließlich zum Synonym für die Institution.
    Während das »Puff«-Spiel irgendwann aus der Mode geriet, hat sein Name dank der allzeit existierenden Etablissements bis heute überlebt. Freilich taugt er längst nicht mehr zur Verschleierung. Heute bedient man sich anderer Umschreibungen wie »externer Kundentermin« oder »Überstunden im Büro«.
    Das »Puff«-Spiel gibt es übrigens immer noch, es wird heute auch »Tricktrack« genannt. Am bekanntesten dürfte es aber unter seinem englischen Namen sein: »Backgammon«.

Einmal kurz schneiden, aber bitte nicht zu kurz schneiden!
    Bevor die Reform kam und alles änderte, konnte man einen Hund mal kurz halten und den Ehepartner nebenbei kurzhalten. Das ist heute nicht mehr erlaubt. Ob zusammen- oder auseinander geschrieben wird, richtet sich nicht mehr nach Betonung und Bedeutung, sondern nach abstrakten Kriterien.
    Früher gab es eine Regel, die war so einfach und so logisch, dass es niemandem im Traum eingefallen wäre, etwas daran zu ändern. Sie lautete: Wird bei Zusammensetzungen aus Adjektiv und Verb nur das erste Wort betont, dann wird zusammengeschrieben; wird auch das zweite Wort betont, dann wird auseinander geschrieben. Und ob eine Fügung auf dem ersten oder auf dem zweiten Wort betont wird, richtete sich oft danach, ob ein neuer, ein übertragener Sinn entstanden war:
    Man konnte seine Sache gut oder schlecht machen , und wenn man jemanden anschwärzen wollte, dann konnte man ihn schlechtmachen . Das ist heute anders, heute unterstreicht die Word-Rechtschreibprüfung das Wort »schlechtmachen« rot, wenn sie es nicht sogar automatisch in seine Bestandteile zerlegt. Früher gab es Aufgaben, die einem leichtfielen , und Bemerkungen, die leicht fielen , wenn man sich in Rage geredet hatte. Heute wird »leicht fallen« immer in zwei Wörtern geschrieben, ausnahms- und unterscheidungslos. Menschen, die leicht verletzt waren, waren eben besonders empfindlich, aber keineswegs immer gleich Unfallopfer, so wie die, die leichtverletzt waren. Da es heute nur noch »leicht verletzt« gibt, fällt auch hier die Unterscheidungsmöglichkeit weg. Am deutlichsten wurde der Unterschied beim Friseur: Wenn der die Haare nur kurz geschnitten hatte, mussten sie deshalb noch nicht kurzgeschnitten sein. Heute ist die Zusammenschreibung von »kurz« und »geschnitten« nicht mehr erlaubt.
    Die alte Regel richtete sich nach Betonung und Bedeutung der Wörter. Die neue Regel richtet sich nach Merkmalen, die längst nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind. Sie sieht Getrenntschreibung vor, wenn der erste Bestandteil ein Adjektiv ist, das gesteigert oder erweitert werden kann. Zusammenschreibung ist nur noch in den Fällen erlaubt, in denen das Adjektiv »absolut« ist. Eine ehemals organische Regel, die jedermann intuitiv beherrschen konnte, wurde durch eine abstrakte Regel ersetzt. Bevor man zwei Wörter zusammenschreibt, muss man sich Klarheit darüber verschaffen, ob sich das erste nicht vielleicht steigern oder erweitern lässt. Hat das die deutsche Rechtschreibung wirklich vereinfacht, so wie es die Reformer versprochen hatten?
    Es wäre sicherlich interessant, sich hierüber mal mit einem Schüler zu unterhalten, der mit der neuen Orthografie großgeworden – Pardon: groß geworden ist. Vielleicht ist das alles für ihn ganz schlüssig. Wer seinen Schulabschluss noch nach den alten Regeln gemacht hat, für den ist das neue Prinzip der Getrennt- und Zusammenschreibung nur schwer verständlich. Es führte nämlich zu einer ganzen Reihe von Änderungen, die bis dato Gültiges teilweise ins Gegenteil verkehrten:
    Früher wurde am Satzanfang groß geschrieben , während Tugenden großgeschrieben wurden. Heute ist es genau umgekehrt: Am Satzanfang wird großgeschrieben , Tugenden werden groß geschrieben .
    Denn

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