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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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»einfrieren«. Im ersten Fall friert etwas selbst ein (zum Beispiel eine Wasserleitung), im zweiten Fall wird etwas eingefroren – Fleisch oder Gemüse zum Beispiel oder diplomatische Beziehungen.
    In dem zitierten Diktat ging es offenbar um die zweite Form – bei der Dinge wörtlich oder im übertragenen Sinne »auf Eis gelegt« werden. Der Duden kennt für diesen Vorgang sowohl »einfrieren« als auch »eingefrieren«, wobei er die zweite Form als Nebenform der ersten ausweist. Ich selbst kenne in diesem Zusammenhang nur den Ausdruck »einfrieren«. Aber das muss nichts heißen. Ich bin ein Nordlicht, und als solches lasse ich mich immer wieder gern überraschen von den vielfältigen Variationen, die der Süden zu bieten hat.
    So ist im Badischen und im Schwäbischen das Wort »eigfriere« (also »eingefrieren«) gebräuchlich, wenn’s ums Tiefkühlen von Lebensmitteln geht – im Unterschied zum »Eifriere« (Einfrieren) der Zehen oder Finger an kalten Tagen. In der Pfalz sagt man entsprechend »oigfriere«, und in Bayern »eing’frian«. Im süddeutschen Raum ist übrigens auch das kuriose Wort »aufgefrieren« bekannt – in der Bedeutung »auftauen«.
    Zwar spricht man allgemein von »Gefrierschrank« und »Gefrierbeuteln« – es käme wohl niemand auf die Idee, »Frierschrank« oder »Frierbeutel« zu sagen. Die gängige Verbform im Hochdeutschen lautet indes »einfrieren«.

Weil das ist ein Nebensatz
    Sprache ist ständig neuen Moden unterworfen. Manches verschwindet nach einiger Zeit wieder – manches aber hält sich und wird irgendwann sogar amtlich. Einer der größten »Hits«, den die Umgangssprache je hervorgebracht hat, ist die Abschaffung des Nebensatzes hinter Bindewörtern wie »weil« und »obwohl«. Eine grammatische Revolution – oder bloß grober Unfug?
    Freitagabend. Ich treffe mich mit Freunden im Lokal, um das Wochenende einzuläuten. Philipp und Maren sind da, und schließlich stößt auch Henry noch dazu. »Habt ihr schon bestellt?«, fragt er. »Nein, haben wir noch nicht«, sagt Philipp, »weil wir haben auf dich gewartet!«
    »Das ist nett«, sagt Henry, »aber kein Grund, die Inversion zu vernachlässigen. Weil: Ich kann’s wirklich nicht mehr hören!« Philipp zuckt die Schultern: »Ich kenne nur die Invasion in der Normandie, aber das hat hiermit vermutlich nichts zu tun – obwohl … bei dir kann man das ja nie so genau wissen.« Henry seufzt und vertieft sich in die Speisekarte. Maren ist neugierig geworden: »Was meinst du denn mit Invasion?« – »Ich meine nicht Invasion, sondern Inversion«, stellt Henry richtig. »Inversion bedeutet Umkehrung oder Gegenstellung. Beim Hauptsatz steht das Prädikat normalerweise in der Mitte, also hinter dem Subjekt und vor dem Objekt. In der Frage wandert das Prädikat an den Satzanfang, beim Nebensatz wandert es nach hinten.«
    »Will noch jemand Wasser?«, frage ich und halte die Sprudelflasche in die Luft. »Siehst du«, sagt Henry zu Maren, »das war jetzt gerade eine typische Inversion von Subjekt und Prädikat im Fragesatz. Aus ›Jemand will noch‹ wird ›Will noch jemand‹. Anhand dieser Umstellung kann jeder erkennen, dass es sich um eine Frage handelt. Man braucht am Ende nicht mal die Stimme zu heben.« – »Schon klar«, sagt Philipp, »da erzählst du mir nichts Neues … obwohl so genau hätte ich das jetzt nicht erklären können.« – »Und in Nebensätzen gibt es auch so eine … Inversion?«, fragt Maren. »Normalerweise ja«, sagt Henry. »Steht in dem Hauptsatz ›Wir sitzen im Kino‹ das Prädikat noch an zweiter Stelle, nimmt es im Nebensatz ›während wir im Kino sitzen‹ die Schlussposition ein. So sieht es unsere Grammatik vor. In letzter Zeit aber wird immer häufiger auf die Inversion verzichtet. Statt hinter ›weil‹, ›obwohl‹ und ›wobei‹ einen Nebensatz zu bilden, fangen viele einfach einen neuen Hauptsatz an.«
    »Und ist das falsch oder bloß eine neue Entwicklung?«, will Maren wissen. »Sowohl als auch«, antwortet Henry, »es ist eine neue Entwicklung, die mit den Regeln der Grammatik bricht. Und wenn sie sich weiter so ungehemmt ausbreitet, steht zu befürchten, dass sich die Grammatikwerke dem irgendwann anpassen und die Einleitung von Hauptsätzen mit ›weil‹ und ›obwohl‹ als zulässig erklären. Ich persönlich achte darauf, dass ich hinter ›weil‹ einen Nebensatz bilde, also das Prädikat ans Ende setze. Und seit ich darauf achte, fällt mir ständig auf, wie viele

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