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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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aus Erlangen: Woher kommt die Redewendung »jemandem den Schneid abkaufen«? Und was genau bedeutet sie? Meine Internet-Recherche ergab bisher leider nichts. Können Sie mir helfen?
    Antwort des Zwiebelfischs: Zunächst einmal sei gesagt, dass »jemandem den Schneid abkaufen« nichts mit einem Geschäft zu tun hat, auch wenn es sich danach anhört. »Abkaufen« ist hier eine schönfärberische Umschreibung für »rauben«, »wegnehmen«. Das Wort »Schneid« ist ein alter Ausdruck für Mut, Tatkraft und war im 19. Jahrhundert vor allem in der Soldatensprache anzutreffen. Wer Schneid hat, der besitzt Mut. Schneid und das davon abgeleitete Adjektiv »schneidig« sind verwandt mit der Schneide (eines Messers); denn wer kräftig und forsch daherkommt, der ist scharf wie eine Schneide . Wem der Schneid geraubt wird, dem wird der Mut genommen. Jemandem den Schneid abkaufen bedeutet daher heute noch jemanden mutlos machen, einschüchtern .

Die Sauna ist angeschalten!
    Es gibt Dinge, die gibt’s einfach nicht. Zum Beispiel Verbformen, die völlig sonderbar klingen. Man meint, sich verhören zu haben, und muss erkennen: Man hat richtig gehört! Da ist von Kindern die Rede, die genaschen haben, und von Häusern, die angemalen worden sind. Unsere Sprache wird täglich neu gestalten.
    Ich wollte es ja erst nicht wahrhaben: Da schrieb mir ein verzweifelter Leser und flehte mich auf Knien an, ich möge doch dringend mal etwas über die korrekte Bildung des Perfektpartizips von »schalten« schreiben. Immer häufiger höre er Menschen sagen, ein Gerät sei »ausgeschalten« oder ein Motor »eingeschalten«. Dabei heiße es doch »ausgeschaltet« und »eingeschaltet«! Wie sei es möglich, lamentierte der Leser, dass hier plötzlich falsche Formen auftauchen, die dann auch noch eine so rasante Verbreitung finden?
    Ich habe die Anfrage, wie ich es mit allen Zuschriften mache, ausgedruckt und abgeheftet, und zwar unter dem Stichwort »Perfekt, pervertiertes«. Eine interessante Beobachtung, dachte ich mir, aber doch wohl eher eine kuriose Ausnahmeerscheinung. Da ich selbst bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gehört hatte, dass jemand »geschalten« statt »geschaltet« sagt, sah ich keinen dringenden Handlungsbedarf. Bis ich Anfang des Jahres in den Urlaub nach Südtirol reiste, um mich ein paar Tage in einem sogenannten Wellness-Hotel zu erholen. Auf meine Frage, ob man die Sauna schon benutzen könne, erwiderte die Empfangsdame an der Therme in tadellosem Hochdeutsch und mit einem bezaubernden Lächeln: »Aber selbstverständlich, die Sauna ist angeschalten!« Ich war wie vom Donner gerührt.
    Zitternd gab ich die Perfektform »geschalten« in Google ein. Ich wollte doch mal sehen, wie es tatsächlich um die Verbreitung dieses absonderlichen Partizips steht. Und tatsächlich: 66 000 Fundstellen! Da konnte es wenig trösten, dass über der Trefferliste die automatisch erstellte Korrekturanfrage erschien: »Meinten Sie ›geschaltet‹?«
    Wenn Fernsehkonsumenten sich plötzlich fragen, ob irgendjemand »das Programm umgeschalten hat«, und wenn immer neue Parks und Einkaufszentren von namhaften Architekten »gestalten« werden, so liegt dies möglicherweise an der Ähnlichkeit der Verben »schalten« und »gestalten« mit dem Verb »halten«. Letzteres wird im Perfekt bekanntlich zu »hat gehalten« und nicht zu »hat gehaltet«. Aber bei »halten« handelt es sich um ein unregelmäßiges Verb, das im Präteritum seinen Hauptklang verändert: Aus »halt« wird »hielt«. Schalten hingegen ist ein regelmäßiges Verb, das seinen Hauptklang behält. Und weil es im Präteritum nicht zu »schielt« wird, wird es im Perfekt auch nicht zu »geschalten«, sondern zu »geschaltet«. Eigentlich ganz einfach.
    Im buchstäblichen Sinne gespalten sind die Meinungen über die korrekte Bildung des Perfektpartizips von »spalten«. Obwohl es sich – auf den ersten Blick – um ein regelmäßiges Verb zu handeln scheint (ich spalte, ich spaltete, nicht etwa: ich spielt oder gar ich spolt ), existiert die Perfektform »gespalten«. »Gespaltet« gibt es gleichwohl, doch das ist inzwischen viel seltener zu hören: »Ich habe das Holz gespaltet«; »Die einen hatten sich von den anderen abgespaltet.« Gerade als Adjektiv verwendet man fast ausschließlich die Form »gespalten«: »Wir haben ein gespaltenes Verhältnis«; »Der weiße Mann spricht mit gespaltener Zunge.« Offenbar gibt es nicht nur regelmäßige und unregelmäßige Verben, sondern auch

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