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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Richtung an – und auf den Blickwinkel.
    Dies gilt allerdings nicht für Verben, die im übertragenen Sinn gebraucht werden. Sie werden durchgehend mit »her« gebildet: über jemanden herfallen, auf jemanden hereinfallen, für etwas herhalten, etwas herunterspielen.
    In der norddeutschen Umgangssprache entfällt die Unterscheidung zwischen »hin« und »her« komplett, da gibt es nur noch »her-«, und das auch nur in verkürzter Form: »Komm doch mal rüber!« (= herüber), »Lass uns reingehen!« (= hineingehen), »Bleib, wo du bist, Liebling, ich komme runter!« (= herunter), »Da geht’s in den Keller runter!« (= hinunter).
    In Süddeutschland hingegen wird die Unterscheidung zwischen »hin« und »her« selbst in der verkürzten Form der Umgangssprache noch vorgenommen: Die Nachbarsleute kommen rüber (= herüber), aber man geht zu ihnen ’nüber (= hinüber), der Wanderer kommt zu uns rauf (= herauf), und er steigt den Berg ’nauf (= hinauf).
    Jawohl, ihr lieben Preiß’n, da staunt ihr, ausgerechnet die Bayern zeigen euch hier, wo’s sprachlich langgeht. Genauer gesagt: wo’s ’naufgeht und wo’s runtergeht mit den Adverbien. Die Bayern und die Österreicher kennen übrigens auch noch die Wörter »herunten«, »heroben«, »herinnen« und »heraußen«, die allerdings nichts mit den hier beschriebenen richtungweisenden Adverbien zu tun haben. Das »her« steht in diesen Fällen für »hier«, »herunten« ist also eine verkürzte Form für »hier unten«.
    Wer nun immer noch nicht weiß, ob Rapunzel ihr Haar hinunter- oder heruntergelassen hat, der braucht sich nicht zu grämen. Es gibt Schlimmeres! Und wer sich nicht den Kopf darüber zerbrechen will, ob er den Hammer hinaufreichen soll, wenn er gebeten wird, ihn heraufzureichen , der reiche ihn einfach nach oben.

hin
her
Es zog ihn zu ihr hin .
Sie zog ihn zu sich her .
Ich ziehe demnächst von hier dort hin .
Ich ziehe demnächst von dort hier her .
Peter geht in den Garten hin aus.
Peter kommt aus dem Haus her aus.
Heidi geht ins Haus hin ein.
Heidi kommt von draußen her ein.
Großvater sieht zum Fenster hin aus.
Man sieht Großvater zum Fenster her ausschauen.
Peter treibt die Ziegen von der Alm ins Tal hin ab.
Die Leute im Dorf sehen Peter mit den Ziegen ins Tal her abkommen.
Heidi steigt die Leiter zum Großvater hin auf.
Heidi kommt die Leiter zum Großvater her auf.
Rapunzel lässt ihr Haar (zum Prinzen) hin unter.
Rapunzel, lass dein Haar (zu mir) her unter!
Petrus lässt es auf die Erde hin abregnen.
Es regnet auf uns her nieder.
Er ging zum Nachbarn hin über.
Sie kam vom Nachbarn her über.

Von solchen und anderen Sanktionen
    Frage eines Lesers: Der Begriff »Sanktion« wird, so scheint es mir, für zwei sich widersprechende Tatbestände verwendet: einerseits im Sinne von Bestrafung und andererseits im Sinne von Erlaubnis. Könnten Sie da mal etwas Licht ins Dunkel bringen und erklären, wie es zu so einer doppelten Bedeutung kommt?
    Antwort des Zwiebelfischs: Das Fremdwort Sanktion, im 18. Jahrhundert aus dem französischen Wort sanction entlehnt, welches wiederum auf das lateinische sanctio zurückgeht, hat die Bedeutung »Billigung, Bestätigung, Erteilung der Gesetzeskraft«. Dass darin das Wort sanctum (= heilig) anklingt, ist kein Zufall: Früher galten Gesetze oft als heilig – oder sollten zumindest als heilig angesehen werden. Mit einer Sanktion hat man es also immer dann zu tun, wenn eine Autorität (König, Papst, Regierung, Parlament) etwas bestätigt, billigt, für rechtmäßig oder gar zum Gesetz erklärt.
    Weil dies natürlich auch Zwangsmaßnahmen betreffen kann, hat das Wort »Sanktion« noch eine zweite Bedeutung erlangt, die im scheinbaren Widerspruch zur ersten steht. Aus der Billigung wurde die Bestrafung. Meistens wird es dann im Plural gebraucht. Man unterscheidet zwischen Sanktionen zur Bestrafung eines Staates und allgemeinen Sanktionen gegen ein bestimmtes Verhalten:
    Kriegslüsterne Politiker fordern militärische Sanktionen gegen Schurkenstaaten; die Uno verhängt wirtschaftliche Sanktionen über ein Land; ein Unternehmen beschließt eine Reihe von Sanktionen, um einen Streik zu brechen; überall auf der Welt müssen Raucher mit immer drastischeren Sanktionen rechnen.
    Das Verb »sanktionieren« wird überwiegend in der ersten Bedeutung, also als »billigen, gutheißen, zum Gesetz erklären«, gebraucht. Wenn die USA Sanktionen über Kuba verhängen, heißt das nicht, dass sie Fidel Castros politischen

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