Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3
gerne in den Mund – nur mit der Aussprache hapert’s manchmal.
Sommerzeit, Ferienzeit – und wie jedes Jahr fliegen Hunderttausende Deutsche zu jener spanischen Insel, die von manchem schon liebevoll-imperialistisch als 17. Bundesland bezeichnet wurde. Dabei wissen längst nicht alle einmal, wie man den Namen dieser Insel richtig ausspricht: Viele nennen sie »Mal-lor-ka«, mit einem lieben, lustigen »l«-Laut in der Mitte. Dass das Doppel-l im (Hoch-)Spanischen für »lj« steht, kann man ohne entsprechende Vorbildung ja auch nicht wissen. Und selbst diejenigen, die über die entsprechende Vorbildung verfügen, sprechen in der verkürzten Form gern von »Malle«.
Offiziell wird das spanische »ll« (genannt »elje«) mit einem leicht anklingenden »l« gesprochen, so wie im deutschen Wort »Familie«. Aber für Spanien gilt dasselbe wie für Deutschland: Überall spricht man anders. In der Umgangssprache hat sich das Elje zu einem »j« verschliffen, sodass die Form »Majorka« inzwischen häufiger zu hören ist als »Maljorka«. In Südamerika ist es sogar noch ein bisschen anders, aber das führte hier buchstäblich zu weit. Bei der Paella ahnen die meisten Deutschen offenbar, dass dort irgendwo ein »j«-Laut hingehört. Das beliebte spanische Resteessen wird jedenfalls zumeist richtig »Paëlja« ausgesprochen, sowohl mit »l« als auch mit »j«.
Regelmäßig ins Schleudern kommt man im Spanischen ja beim Zählen. Erst haben wir Deutschen mühsam die italienischen Zahlen gelernt (uno, due, tre, quattro), nun müssen wir auch noch die spanischen lernen. Und die sind so verdammt ähnlich! Was heißt denn nun »zweimal Paella bitte« auf Spanisch? »Due ... nein ... dos paella per ... por ... favore.« Oder so ähnlich. Hauptsache, man wird verstanden.
Und das wird man ja, weil immer mehr Spanier inzwischen Deutsch sprechen. Zumindest in der Gastronomie. Die meisten Speisekarten sind ohnehin mehrsprachig. Dabei kommt es immer wieder mal zu Missverständnissen. Während man im Italienischen zwischen den Wörtern stagione (Jahreszeit) und stazione (Bahnhof) unterscheidet, gibt es im Spanischen dafür nur ein Wort: estación. Dies erklärt, weshalb der Wirt der Pizzeria »Don Quixote« am Ballermann auf seiner Karte keine Pizza »Vier Jahreszeiten« führt, sondern eine Pizza »Vier Bahnhofs«. Wer sich mit derartigen Feinheiten des Spanischen nicht auskennt, versteht da freilich nur Bahnhof – das dann aber gleich vierfach.
Neben Übersetzungsfehlern sorgen natürlich auch Hörfehler für Heiterkeit im deutsch-spanischen Kulturaustausch. Eines der berühmtesten Beispiele ist der bei deutschen Touristen so beliebte Schlager »Eviva España« 10 . Der deutsche Refrain basiert auf einem Hörfehler, denn »Eviva España« ergibt im Spanischen gar keinen Sinn. Der korrekte Konjunktiv lautet »¡Que viva España!« (»Möge Spanien hoch-leben!«), und so heißt es denn auch in der spanischen Version des Liedes. Das soll uns aber nicht davon abhalten, weiterhin »Eviva España« zu singen, denn auch wenn es falsch ist, so klingt es doch schön! Spätestens seit »Winnetou«, den Karl May erdachte und beschrieb, ohne das Land der Rothäute mit eigenen Augen gesehen zu haben, und dessen Abenteuer 70 Jahre später in einem Land verfilmt wurden, in dem es niemals Indianer gegeben hat (in Jugoslawien nämlich), noch dazu mit einem Franzosen in der Titelrolle – spätestens seitdem wissen wir doch, dass die Vorstellung, die man sich von einem Land und seinen Bewohnern macht, nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen muss, um von diesem Land und seinen Bewohnern begeistert zu sein.
Die Deutschen, die dauerhaft auf Mallorca leben (vornehm auch »die deutschen Residenten« genannt), schlagen sich indes mit ganz anderen Problemen herum. So wollte der Chefredakteur der »Mallorca Zeitung« beispielsweise von mir wissen, ob es eine Regel für die Ableitung von Städtenamen gebe. Wie heißen die Einwohner der Inselhauptstadt Palma? Werden sie auf Deutsch Palmaner genannt? Oder Palmaraner? Palmarianer? Oder gar Palmesen? Da war ich im ersten Moment ratlos. Eine Regel gibt es näm-lich nicht, die meisten Formen sind historisch gewachsen; manchmal entstanden sie in Analogie zu anderen Formen, manchmal setzte sich auch einfach diejenige Form durch, die sich am besten aussprechen ließ.
Sicher weiß ich nur, dass die Bewohner Palmas nicht »Palmen« heißen. Die gibt es auf der Insel zwar auch, doch die bewegen
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