Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3
darin, dass das Wort ›markiert‹ existiert, während es ›gemarkt‹ nicht gibt«, sage ich, »jedenfalls nicht als Partizip. Es gibt ein altes deutsches Hauptwort Gemarkt, welches Grenze, Gebiet bedeutet. Aber das wird heute nicht mehr verwendet.« – »Also ist die Stelle wieder frei geworden. Dann kann man gemarkt doch jetzt für etwasanderes verwenden«, entgegnet Philipp. »Selbstverständlich«, sage ich, »die Frage ist nur, ob wir es wirklich benötigen, wenn es doch schon ›markiert‹ gibt.«
Im Deutschen enden zahlreiche Verben auf »-ieren«. Sie sind größtenteils lateinischen oder französischen Ursprungs. Das Wort »mokieren« zum Beispiel kommt vom Französischen »moquer« und hat nichts mit dem deutschen »mucken« zu tun. Sich über jemanden mokieren (nicht: muckieren) heißt: sich über jemanden lustig machen. Die französische Endung »er« (gesprochen wie ein langes e) wurde bei der Übernahme ins Deutsche zu »ieren«. In jüngerer Zeit wurde diese Endung bei manchen Wörtern ab-geschliffen. Das ist vermutlich ein natürlicher Vorgang in der Umgangssprache, der sich mittlerweile auch in der Schriftsprache niederschlägt. Meistens geschieht dies unter dem Einfluss des Englischen, das für seine Knappheit berühmt ist.
Das in der Schweiz und in Österreich noch sehr geläufige Wort »kampieren« wird in Deutschland fast nur noch im militärischen Sinne gebraucht. Wenn Truppen irgendwo ihr Lager aufschlagen, dann kampieren sie. Doch wenn Familie Laumann ihr Zelt einpackt, dann fährt sie zum Campen, dann wird auf gut Deutsch gecampt und nicht kampiert. In der Schweiz kennt man übrigens auch noch die entzückenden Verben »parkieren« für »parken« und »grillieren« für »grillen«. In Philipps Zeitung findet man das Wort »grillen« gelegentlich auch in der übertragenen Bedeutung »streng verhören«, so wie man es aus amerikanischen Nachrichten kennt: »JBK grillt Hoyzer«, lautete die Überschrift zu einem Bericht, in dem beschrieben wurde, wie Johannes B. Kerner den in einen Wettskandal verwickelten Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer in die Mangel nahm. Bedauerlicherweise gibt es von Philipps Zeitung keine Ausgabe für die Schweiz. Ich hätte gern gewusst, ob die Überschrift für die Schweizer Leser in »JBK grilliert Hoyzer« geändert worden wäre.
Oft besteht zwischen der längeren Form auf »ieren« und der kürzeren Form auf »en« ein Bedeutungsunterschied. Fixieren zum Beispiel ist etwas anderes als fixen. Und firmieren ist etwas anderes als firmen. Auch zwischen flankieren und flanken besteht ein Bedeutungsunterschied. Aber bis heute habe ich noch nicht begriffen, worin der Unterschied zwischen »schockieren« und »schocken« liegen soll. Philipp behauptet steif und fest, »geschockt« sei etwas anderes als »schockiert«. »Die Queen war geschockt« höre sich für ihn »irgendwie dramatischer« an als »schockiert«. Möglicherweise hört sich »schockiert« für Philipp etwas altmodisch an, aber umso besser passt es dann zur Queen. »Geschockt« ist auf jeden Fall umgangssprachlich, und wenn es in der Zeitung auftaucht, sind viele Leser schockiert. Früher sagte man übrigens mal »Das schockt total«. Das bedeutete ungefähr so viel wie das heutige »voll krass«.
Während des Dreißigjährigen Krieges, als viele deutsche Städte unter heftigem Artilleriebeschuss standen, wurde das Wort »bombardieren« eingeführt, das man sich von den Franzosen (bombarder) abgeguckt hatte, die es wiederum von den Italienern übernommen hatten.
Mit dem Sieg der Briten und Amerikaner im Zweiten Weltkrieg wurde auch das englische »to bomb« bei uns bekannt, zunächst in Zusammensetzungen wie »zerbombt« und »ausgebombt«. Das Werfen von Bomben wurde weiterhin »bombardieren« genannt. Erst in den letzten Jahren schreiben immer mehr Menschen Sätze wie »Bush bombt«, »Die USA bomben wieder« und »Stoppt das Bomben!«. Esscheint, als wolle man das Verb »bombardieren« mit aller Macht aus unserem Wortschatz bomben .
»Die USA bombardieren Bagdad« höre sich für ihn zu sehr nach Wochenschau an, meint Philipp. Er findet »Bush bombt Bagdad platt« zeitgemäßer. Philipp ist in zeitgemäße Vokabeln vernarrt, vor allem, wenn sie englisch klingen. Mögen Kulturkritiker für besseres Deutsch votieren, Philipp votet für Denglisch. Und während mein Rechner unerwünschte Werbung noch blockiert, wird sie von Philipps Computer längst geblockt .
»Wenn es
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