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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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ist, gleich nach »kaas« und noch vor »strottehoofdontsteking« (Kehlkopfentzündung).
    Doch Umschreibungen mit »von« können zu Missverständnissen führen. So wie in diesem Beispiel vom November 2005: »Zwei Minenräumer von Schweizer Organisation im Sudan getötet«. Nicht genug damit, dass sich die Sudanesen untereinander bekriegen, nun machen auch noch Schweizer Organisationen das Land unsicher und jagen tapfere Minenräumer in die Luft! Ausgerechnet die Schweizer: Erfinder der Neutralität und des Roten Kreuzes – von denen hätte man so etwas am wenigsten erwartet.
     
    Nicht weniger irritierend war jene Meldung vom Mai 2005, in der es hieß: »In Pakistan ist ein ranghohes Mitglied der Al Qaida von Osama Bin Laden gefasst worden.« So mancher Leser dürfte sich gefragt haben, ob Osama Bin Laden die Seiten gewechselt habe und jetzt Jagd auf seine ehemaligen Verbündeten mache.
     
    Bevor man sich für eine Konstruktion mit »von« entscheidet, sollte man sich vergewissern, dass sie nicht falsch interpretiert werden kann. Das Wort »von« stellt eine Beziehung zwischen zwei Wörtern her, aber nicht immer ist von vornherein klar, wie diese Beziehung aussieht. Und kompliziert – da doppeldeutig – wird es schnell, wenn ein Perfektpartizip ins Spiel kommt. Nehmen wir nur mal die Überschrift »Mörder von Susanne verurteilt«. Die wirft doch ein recht seltsames Licht auf unseren Rechtsstaat. Wenigstens aber auf die Methoden der Presse. Selbst wenn bei diesem Mordprozess alles mit rechten Dingen zuging, so ist es doch unüblich, die Richterin nur mit ihrem Vornamen zu nennen. Die Feststellung, dass in Deutschland »immer weniger Autos von Polen gestohlen« werden, ist hingegen beruhigend – vor allem für die Polen, die nicht mehr um ihre Autos fürchten müssen, wenn sie die Grenze nach Deutschland überqueren.
     
    An der Formulierung »Wenn ich König von Deutschland wär« ist nichts auszusetzen, es muss nicht »Wenn ich Deutschlands König wär« heißen. Zumal die grammati-sche und inhaltliche Beziehung zwischen Deutschland und König unmissverständlich ist. Aber bei der Frage »Wurde Entführung von Patrick in Italien geplant?« ist der Zusammenhang zwischen der Entführung und Patrick alles andere als eindeutig. Eindeutig wäre er im Falle von »Patricks Entführung« – im Falle des zweiten Falles also. Vielen mag der Genitiv heute altmodisch und gespreizt erscheinen. Er hat aber einen Vorzug, den man ihm nicht so leicht absprechen kann: Er sorgt für Klarheit und Unmissverständlichkeit. Ein weiteres mehrdeutiges Fundstück: »Bis heute ist noch niemand für die Ermordung von Präsident Ndadaye zur Verantwortung gezogen worden.« – Kein Wunder, wie soll der Präsident jemanden zur Verantwortung ziehen können, wenn er doch gar nicht mehr lebt?
     
    Große Freude schließlich beim Lesen der letzten Schlag-zeile des Tages: »Käfighaltung von Hühnern verboten«. Da haben die fleißigen Eierlegerinnen und Körnerpickerinnen ihr Schicksal offenbar selbst in die Hand genommen und mutig ein Käfigverbot erlassen. George Orwells »Farm der Tiere« lässt grüßen. Heute würde man wohl sagen: »Die Farm von den Tieren«.

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    That’s shocking!
    Wenn die Queen erschüttert ist, ist sie dann schockiert oder geschockt? Wird bei Abstimmungen noch votiert oder nur noch gevotet? Darf man einen Menschen noch kontaktieren, oder sollte man ihn lieber kontakten? Unsere Sprache wird kürzer, schneller, englischer.
    Philipp arbeitet in der Redaktion einer Lokalzeitung. Seit Jahren versucht er, Henry und mich zu Abonnenten zu machen, aber zum Glück ist uns bislang noch immer irgendeine Ausrede eingefallen, um diesem Unheil zu ent-gehen. Die Zeitung zählt nämlich nicht gerade zu den führenden intellektuellen Organen dieser Republik. Trotzdem bewundere ich Philipps Enthusiasmus. Bei jedem Treffen bringt er wieder ein paar Ausgaben mit, in denen angeblich »total relevante« Sachen stehen, die wir unbedingt lesen müssen.
     
    »Hier, das wird dich interessieren: ein Kommentar unseres Chefredakteurs zur Rechtschreibreform!« Ich bedanke mich überschwänglich. Der hat mir gerade noch in meiner Sammlung gefehlt. »Steht auf Seite drei. Die wichtigsten Passagen sind gelb gemarkt«, sagt Philipp. »Gemarkt?«, frage ich erstaunt, »meinst du nicht eher markiert?« Philipp zuckt mit den Schultern: »Von mir aus auch markiert. Gibt es da einen Unterschied?« – »Nun ja, der Unterschied besteht zum Beispiel

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