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Der David ist dem Goliath sein Tod

Der David ist dem Goliath sein Tod

Titel: Der David ist dem Goliath sein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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klick …mein Name ist Aragorn, Sohn von Aratorn … klick …was habt ihr denn für hässliche Füße … da könnt man ja brechen … klick …Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden …
    Könnte natürlich sein, dass mein Sohn in die Jugendpsychiatrie muss, wenn er mal einen Tonfilm sieht. Darum kümmere ich mich, wenn’s soweit ist. Ich bin eben keiner, der pädagogisch korrektes Spielzeug kauft – einfach weil ich das noch aus meiner Kindheit kenne: Du wünschst dir eine Action-Figur, präzise den Ninja-Psycho-Big-Jim mit 92 Gelenken, beweglichen Augen und Ausbeinmesser – und bekommst eine Holzlok.
    Meine Mutter: »Frohes Fest. Hier, viel Spaß.«
    Und ich: »Das ist eine Holzlok.«
    Â»Ja.«
    Â»Trinkt der Weihnachtsmann? Das ist eine Holzlok.«
    Da hieß es dann stets: »Na, bemüh mal deine Fantasie!«
    Hab ich ja immer beim Spielen mit meinen Freunden versucht: Timo von nebenan hatte den waffenstarrenden Tiefsee-Kalashnikow-Big-Jim, Udo den Bluttrinker-Rastafari-Big-Jim mit Stahlgebiss, sogar Lothar führte das Kommando über einen Assassinen-Schaftstiefel-Rasierklingenesser-Big-Jim, und ich hockte mittendrin und schwenkte wie ein Geistesgestörter meine Scheiß-Holzlok.
    Lothar brüllte: »ICH FRESS DEINE EINGEWEIDE, PSYCHO-JIM, DU ERLEBST DEN MORGEN NICHT«, Udo schrie: »ICH REISS DIR DEN KOPF AB UND PISS DIR IN DIE AUGENHÖHLEN«, im Sandkasten war richtig Randale, und Timo, der lange Zeit nicht richtig sprechen konnte, so bis er 22 war, der ist dann direkt zum Bund, jedenfalls, Timo konterte bellend mit »ICH MACH DICH FRIEDHOF, DU PUPS!«, und dann schwenkten alle Blicke zu mir, Stille trat ein und ich hob die Lok und sagte »TUFF TUFF«.
    Mein Sohn soll’s besser haben. Aber nicht so gut, dass er gleich eine Nintendo Wii kriegt.
    Damit kam er nämlich zu mir, als ich gerade über meinen neuen Slammer-Namen nachdachte.
    Â»Papa, ich will eine Wii!«
    Â»Wozu?«
    Â»Weil … was ich vorm Fernseher mache, tut dann der im Fernseher auch. Genau das Gleiche.«
    Na immerhin, das kannte ich von Dittsche. Trotzdem.
    Â»Wie? Der macht das Gleiche wie du? Das funktioniert auch vorm Spiegel vom Allibert im Bad, da braucht man keine Wii«, sagte ich.
    Â»Der Fabian in meiner Klasse hat sogar eine X-Box.«
    Â»Ja«, erwiderte ich, »der geht auch ab August auf ein katholisches Internat.«
    Â»Und wenn ich da auch hingehe?«
    Â»Eher gehst du auf eine Ganztagsschule im Gazastreifen. Und nun schweig still, Sohn, denn ich muss nachdenken.«
    Â»Worüber?«
    Â»Meinen Bühnennamen. Da muss was Besseres her.«
    Â»Nimm SpongeBob.«
    Â»Ist mir irgendwie zu schwammig.«
    Â»Und Prinzessin Lillifee?«
    Â»Ich glaub, du gehst doch auf ein katholisches Internat.«
    Natürlich wusste ich, dass ich das nie zulassen würde. Hatte ich doch seinerzeit versucht, meine innere Mitte zu finden, und deswegen für eine Woche Zuflucht in einem katholischen Kloster am Niederrhein gesucht, einfach, um der Stille zu lauschen.
    Immerhin: 40 Minuten hatte ich mitgespielt, dann hatte ich die Mutter Oberin antanzen lassen und krakeelend gefragt, warum ich hier kein W-LAN-Signal kriege, denn ihr müsse ja wohl klar sein, dass nur, weil man etwas nicht sehe, das nicht heiße, dass es nicht existiere, oder? Ich mein, wenn Gott unsichtbar ist und trotzdem da, warum krieg ich dann kein Firefox auf? Ich lasse meinen Sohn trotzdem beten, bevor er schlafen geht. Und so fügte sich jüngst, dass sich gleich zwei meiner Probleme lösten.
    Während er zu Gott sprach – ein Monolog, der ausschließlich von Spielekonsolen handelte, ein Thema, dem Gott wohl gewogen sein mochte, zockte er doch selbst sehr gern Simulationen wie »Ich bin mächtig wie Hulle, aber ab und zu rutscht mir ein Bus mit Schulkindern von einer Talsperre«, oder er daddelte seinen allseits beliebten Ego-Shooter namens »Also entweder lass ich im Kölner Dom die Madonna aus den Achselhöhlen bluten ODER ich halte mein Bodenpersonal davon ab, Knaben zu befummeln, beides geht nicht, sucht’s euch aus«, jedenfalls also betete mein Sohn und ich hockte rum.
    Dann fiel mein gelangweilter Blick auf den CD-SPIELER auf dem Nachttisch. Das einzige Stück Unterhaltungselektronik im Haus, damit mein Kind noch Hörspiele hören konnte, bis

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