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Der David ist dem Goliath sein Tod

Der David ist dem Goliath sein Tod

Titel: Der David ist dem Goliath sein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Hände, die verfügbar waren.
    Â»Frau Gawollek, Verehrteste«, sagte ich und lächelte sanft. »Ich quelle über vor Dank, dass Sie mir zu helfen geneigt sind. Wenn ich das jemals wiedergutmachen kann, lassen Sie es mich wissen. Ohne Ihre Kochkünste würde der kommende Abend nicht das werden, was er werden wird, wenn Sie begreifen.«
    Â»Was werden?«, fragte sie.
    Â»Ein Fest der Sinne«, erwiderte ich. »Nichts weniger als ein Fest der Sinne. Wie bereiten Sie Fisch üblicherweise zu? Wichtig ist, dass so viele Arbeitsschritte wie möglich bis …«, ich blickte hektisch auf die Uhr, »… sagen wir … 11:55 Uhr erledigt sind. Was schlagen Sie vor?«
    Frau Gawollek, die Perle, wiegte den Kopf.
    Â»Müllerin Art«, sagte sie schließlich.
    Es klingelte.
    11:19 Uhr.
    Eine kurze Anmerkung: In Brooklyn, New York City, dürfen Esel nicht in Badewannen schlafen. Eine Tatsache.
    Oder: Ein Schwertfisch bewegt sich mit 110 Stundenkilometern fort. Die Geschwindigkeit verringert sich allerdings beträchtlich, wenn zwei übellaunige Fischlieferanten ihn tragen.
    In der Styroporbox hätte man einen Orang-Utan beerdigen können, Trockeneis waberte aus den etwas undichteren Ecken der Kiste. Also kein Stress wegen der Kühlung.
    Â»Ihrer«, sagte der Kerl, der die Box vorn getragen hatte, und zwar in einer Betonung, als wolle er »friss ihn von mir aus im Treppenhaus« anhängen.
    Â»Super«, sagte ich.
    Â»Jaja, ein Prachtbursche«, erwiderte der Mann am hinteren Ende. Er war schweißüberströmt. »Macht dann 498 Euro 90.«
    Â»Stimmt so«, sagte ich und drückte ihnen 500 Euro in die Hand.
    Â»Wie nobel«, sagte der vordere Sänftenträger meines Stargasts, »ich kauf mir ein Haus davon.«
    Â»Ist Ihr Geld«, erwiderte ich strahlend. »Machen Sie damit, was Sie wollen, hm? Was wiegt das Biest?«
    Â»70 Kilo.«
    Müllerin Art?
    Wir brauchten zwei Zentner Weizenmehl.
    11:30 Uhr.
    Â»Wie zum Teufel soll ich den in der Pfanne braten?«, schrie Frau Gawollek. Dass sie sich so schlecht im Griff hatte, kannte ich gar nicht von ihr. Eigentlich kannte ich Frau Gawollek ohnehin kaum, aber wegen eines Fisches seine Contenance zu verlieren erschien mir unangebracht, auch wenn wir Kochgerät brauchten, das es nur in Orten wie Villarriba und Villabajo gab.
    Glänzend schwarz und massig und tot lag das Biest auf dem Tapeziertisch. Jede andere Unterlage hatte sich als zu kurz erwiesen. Ich nahm mir insgeheim vor, bei meiner nächsten Bestellung dieser Art abzuchecken, ob sie neben dem erforderlichen Exotenbonus auch Abmessungen aufwies, die nicht unbedingt einen Wintergarten erforderten.
    Noch 25 Minuten. Der Laden um die Ecke hatte keine 100 Kilo Mehl gehabt. Es geht bergab mit dem Einzelhandel.
    Â»Ich habe eine Idee«, sagte ich und nahm ein langes Küchenmesser.
    11:45 Uhr.
    Geschätzte 30 Pfund Innereien, schillernd wie Christbaumschmuck, befanden sich in dem Eimer, der zwar 30 Liter fasste, aber bis auf fünf Liter voll war, weil ich ihn rasch benutzt hatte, um reinzubrechen, nachdem ich den ersten Schnitt getan hatte. Der Gestank war grauenvoll, der Anblick abscheulich, und Gurken waren auch noch keine gehobelt.
    Es wurde eng.
    Â»Können Sie«, wandte ich mich an Frau Gawollek, »in Ihrem Arbeitszimmer mit dem Gemüse anfangen?«
    Ich schob sie in die Besenkammer.
    Â»Hier ist was zu lesen«, sagte ich. »Falls Ihnen zwischen den Arbeitsgängen fad wird. Bitte keine Geräusche. Ich darf an sich nur allein kochen. Licht ist hier.«
    Die Taschenlampe warf einen fahlen Lichtschein in ihr irritiertes Gesicht.
    Es tat mir leid. Gurkenhobeln in der Finsternis war keine Aufgabe für eine Frau ihres Formats, und so tat ich das einzig Richtige und schloss die Tür. Mein Gewissen sollte mich jetzt nicht ablenken.
    Ich atmete durch.
    Hobelgeräusche aus der Kammer hinter mir, der Geruch nach Raubfischinnereien überall.
    Noch einmal kotzen und ich war bereit.
    12:00 Uhr.
    Das Kamerateam sagte lange Minuten nichts.
    Â»Wow«, presste schließlich einer von ihnen hervor. Es klang wie »Toll!« mit einer Prise »Ich möchte bitte ins Bett«.
    Â»Jap«, sagte ich und klatschte mit der flachen Hand auf das Tier. »Schwertfisch surprise nature.«
    Das Team nickte unisono.
    Â»An Gurkensalat«, führte ich aus. »Vorspeise:

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