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Der David ist dem Goliath sein Tod

Der David ist dem Goliath sein Tod

Titel: Der David ist dem Goliath sein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Ich kann nicht kochen. Irgendwie hatte ich mir das Ganze etwas legerer vorgestellt. Aber ich hatte mit der Produktionsfirma einen Vertrag geschlossen – und der war das juristische Pendant zu den Hexenfolterfilmen der Sechziger.
    Weder durfte ich während des Essens rauchen, noch entartete Kunst präsentieren oder meine Geschlechtsteile vorzeigen. Das war zwar nicht wörtlich so fixiert, aber es trifft es ganz gut. Unterm Strich war ich gezwungen, das perfekte Dinner so durchzuziehen, dass auch Unbeteiligte glauben würden, dass es zumindest als perfektes Dinner angedacht war.
    Immerhin bezahlten sie die Zutaten.
    Ich stromerte durch meine Küche. Zeit für eine kleine Inventur.
    Es dauerte nicht allzu lange. Ich fand lediglich ein Hanuta, das bereits etwas älter sein musste, denn es lag ein Aufkleber bei, der Karl Heinz Rummenigge als Nationalspieler zeigte.
    Die Kartoffelpuffer hatte ich sehr vorsichtig weggeworfen, nachdem die Packung immer mehr Platz beansprucht hatte. Die standen jetzt im Treppenhaus und nervten die Nachbarn der Etage, also immerhin nicht die alte Dame über mir.
    Apropos alte Dame, dachte ich.
    War mir nicht ein ums andere Mal der Geruch gekochter Speisen in die Nase gestiegen, wenn ich gegen 17:30 Uhr betrunken aus dem Büro kam?
    Ein Blick auf die Uhr:
    Halb zwölf nachts. Ich atmete durch.
    Meine Nachbarin öffnete nach dem vierzigsten Läuten.
    Â»Schön, dass Sie noch wach sind«, eröffnete ich und nahm den Finger von der Klingel.
    Â»Ist es so weit?«, fragte sie. Sie klang unendlich müde.
    Â»I wo«, sagte ich. »Das ist nur mein schwarzer Bademantel. Machen Sie sich keinen Kopf.«
    Â»Herr … Sträter?«
    Â»Richtig. Können Sie Schwertfisch kochen?«
    Â»Junger Mann«, sagte sie, »es ist mitten in der Nacht.«
    Ich nickte. »Ich meine natürlich nicht jetzt. So generell.«
    Â»Ich muss schlafen«, sagte sie mehr zu sich selbst. »Ich bin eine alte Frau.«
    Â»Ja eben«, entgegnete ich. »Wäre das nicht was? Auf Ihre alten Tage einen Raubfisch auf die Hörner zu nehmen? Können Sie Gurkensalat?«
    Die alte Dame produzierte eine Handbewegung, die täuschend echt jener glich, die im Allgemeinen dazu verwendet wird, eine Tür zu schließen.
    Â»Hören Sie«, flehte ich. »Sie müssen mir helfen! Morgen kommt das Fernsehen, und dann muss ich für einige dahergelaufene Fresssäcke was zaubern. Helfen Sie mir!«
    Die Tür war fast zu. Sie schüttelte den Kopf.
    Ich nahm das für ein Ja.
    Tag der Aufzeichnung.
    11:00 Uhr.
    Noch eine Stunde bis zum Eintreffen des Kamerateams.
    Die Weisungen, die ich vorab bekommen hatte, waren eindeutig: Sträter kocht allein. Keine fremde Hilfe, dazu gelegentlich knappe Erklärungen zu dem, was ich gerade tue.
    Nun wurde es ernst.
    Was von meiner Wohnung hermetisch abzuriegeln war, war hermetisch abgeriegelt. Meinen Plan, den Durchgang zum Wohnzimmer mittels Rigipsplatten zu verkleiden und überzutapezieren, hatte ich verworfen, denn von diesem Raum aus ging es auch ins Bad, und ich wollte meine Gäste nicht ständig mit zusammengekniffenen Beinen an der Wand abprallen sehen.
    Im Vergleich zum eigentlichen Dinner war das auch unwichtig – und das Essen war unwichtig, betrachtete man den maßgeblichen Faktor meiner Planung: das Timing.
    Ich machte mich an die Durchführung der letzten Vorbereitungen; das Ringbuch mit dem Masterplan lag vor mir. Ein inspirierendes Zitat von Ismail Kadare bildete die Überschrift:
    Der Krieg ist wie eine Kohlroulade, da muss ordentlich Fleisch drin sein.
    Ich ging den Ablauf noch einmal durch.
    Quelle-Katalog in die Abstellkammer legen. Taschenlampe nicht vergessen.
    Halogenstrahler auf Bücherregal fixieren. Auf Halbdunkel im Rest der Wohnung achten.
    Den Schwertfisch kühlen.
    Darunter, etwas prägnanter:
    KÜHL DEN VERDAMMTEN SCHWERTFISCH!
    11:07 Uhr.
    Â»Setzen Sie sich doch«, sagte ich zu Frau Gawollek, denn so hieß meine reizende Nachbarin, wie ich ihrer Post entnommen – die ich ihrem Postkasten entnommen – hatte, weil ich unsere aufblühende Freundschaft nicht durch dumme Fragen irritieren wollte. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    Sie schüttelte den Kopf; gut. Wenn ich etwas nicht hatte, war das Kaffee. Dafür würde in zwanzig Minuten ein ziemlich fies aussehender Salzwasserfisch geliefert und da brauchte ich alle helfenden

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