Der David ist dem Goliath sein Tod

die allgemeinen Abläufe entglitten.
    Fünf Minuten später hielt ich meinem Bademantel einen flammenden Vortrag darüber, was das doch für eine scheißgefährliche Kiste sei, ein Bügeleisen so zu konzipieren, dass die Unterseite brüllheiß wird – das wäre ja wohl genauso wie Schakale auf dem Balkon, finde da mal einen, der so bekloppt ist, rauszugehen, um kaltes Bier reinzuholen, der wird ja sofort gefressen.
    Der Bademantel hielt sich mit schlauen Kommentaren zurück, und das half beim Denken, und ich dachte, ja sicher, da nehmen wir Dieter, wenn wir ein Bier wollen, den vermisst keiner, der kommt auch mit keinem klar irgendwie, und wie der schon aussieht in seiner Karottenjeans, der taugt doch in der Wurzel nichts, der Vogel hat doch den Schuss nicht gehört, und wenn die Schakale ein bisschen was auf dem Kasten haben, lassen die den Dieter einfach machen, und wenn nicht, tja-ha, dann labern wir Dieters Mutter eben was auf den Anrufbeantworter von wegen aufgefressen und sorry und gut.
    Der Bademantel nickte und ich dachte, genau, Bursche, dich hab ich von C&A, du kannst so verkehrt nicht sein, du bist ein Bombentyp, immer auf der Höhe und kuschelig noch obendrein. Der Bademantel meinte, es wäre ein geschickter Schachzug, sich wegen der Schakalsache Rückendeckung zu holen.
    Ich rief Uwe an, wegen zweiter Meinung und so; Uwe sagte, er arbeite gerade an der Brettspielversion von World of Warcraft , und ich sagte: »Aha.« Er klang gestresst und fragte mich, ob ich wüsste, wo man für das Spielbrett 40 000 Quadratmeter bedruckbare Pappe herkriege, und ich sagte: »Nee.«
    Ich sagte zudem, die Idee sei doof, da wären sie ihm einen Schritt voraus, die würden jetzt DIE SIMS mit richtigen Menschen bringen und hätten schon angefangen Castrop-Rauxel komplett abzusperren, da kommt keiner mehr rein, aber wozu auch? Städte, die mit C anfangen, sind eh nix, das sieht man ja an Cöln, und wie das wäre, wenn wir Dieter zu den Schakalen schicken, falls wir Bier brauchen.
    Â»Mach«, sagte Uwe und legte auf.
    Ich rief Dieter an und sagte ihm, dass ich jetzt total Durst hätte, und wie das denn aussähe, ich meine, sterben muss jeder mal, Bier wäre jetzt cool, der durchschnittliche Schakal geht ohnehin sofort auf Kehle, hab ich von Google, da merkste nur ganz kurz was. Dieter sagte, kein Thema, aber er würde jetzt in Bonn studieren, das wäre ihm jetzt zu aufwendig und er hätte auch gerade gekifft – und ich: Pass mal auf, du bist doch schuld an dem Schlamassel, und das Bügeleisen wird unten total heiß, welcher Gaskranke denkt sich so einen gefährlichen Unsinn aus, nur damit man sein Hemd glattkriegt, da kann ich genauso eine fette Frau fragen, ob die sich für ’nen Zehner halbtags über meine Klamotten wälzt, das ist wenigstens nicht so heikel von wegen Verbrennungen dritten Grades, und überhaupt, was heißt: du kiffst, krieg mal dein Leben in den Griff, und dann legte ich auf.
    Man kann sich auf keinen mehr verlassen, und das ist das Problem mit Typen, die Drogen konsumieren. Auch weiche.
    Ich hab dann vor allem aufgehört, weil ich davon total Hunger bekam. Ich begann, abends Pizzadienste anzurufen, weil der Hunger nicht auszuhalten war, und fünf Minuten nach der Bestellung rief ich erneut an, um mal den Lieferstatus abzufragen und noch ein bisschen was nachzuordern, und das leider nicht immer bei ein und demselben Pizzadienst. Die sagten stets, 25 Minuten, und nach 23 Minuten wurde ich todmüde, unmöglich noch zu essen oder zu sprechen, Bett, nur noch Bett, und dann ging an der Tür das Klingeln los, und dann das Klopfen – also Finger weg von Drogen. Wenn sich dauernd nachts um zwei in deinem Treppenhaus randalierende Italiener stapeln, kommst du aber früher oder später selbst drauf.
    Zero Haschisch ab da. Null.
    Ich brauchte eine neue Herausforderung, nachdem selbst Bügeln neuerdings wieder mit überschaubaren Risiken für Leib und Leben einherging … und so begann ich zu schreiben.
    Ich verfertigte direkt einen Gruselroman, weil das momentan total im Trend liegt. Kennt man. Junge Mädchen, die sich unsterblich in vierhundert Jahre alte Vampire verlieben, auf dem College, und das, ohne zu hinterfragen, warum ein 400 Jahre alter Vampir noch mal aufs College geht – wenn ich ein 400 Jahre alter Vampir wäre, und ich bin ja nun nicht so weit