Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
Vom Netzwerk:
fluchte, als er das hörte, und schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß«, sagte sie, »aber das würde wenigstens erklären, warum er dort war …«
    »Das würde auch durch ein Treffen mit jemandem erklärt, der ihn töten wollte.«
    Sie antwortete nicht. Hardy spürte den Hauch einer Brise, und Frannie lehnte sich in dem tiefen Sessel zurück. Sie wandte ihren Kopf zum Fenster, von ihm ab. Er sah, wie sie sich mit dem Handrücken ihr Gesicht abwischte, wie ein kleines Kind.
    »Ach, verflixt«, sagte sie.
    »Frannie«, begann er, und sie wandte sich zu ihm um.
    »Ich wollte nicht, daß er geht«, sagte sie. »Ich wußte noch nicht mal, daß er eine Waffe hatte.«
    Jetzt schluchzte sie, und Hardy stand auf, ging zum Fenster und wandte ihr den Rücken zu. Draußen fiel die Straße steil ab. In der Ferne flimmerte die Luft über den Dächern der Häuser.
    »Hast du der Polizei gesagt, daß du schwanger bist?« fragte er schließlich und drehte sich, während er sprach, wieder um.
    »Nein.« Sie schniefte, rieb sich mit einer Hand über die Augen. »Ich glaube nicht, daß es einen Unterschied machen würde. Ich möchte nicht, daß es jemand erfährt, bis ich weiß, was ich tun werde. Du wirst es Moses nicht sagen, nicht wahr?«
    »Nicht, wenn du es nicht willst.«
    »Er würde es nicht verstehen. Ich meine, vielleicht werde ich es jetzt nicht bekommen. Ich werde vielleicht …«
    »Frannie …«
    »Aber Eddie hätte sich deswegen nicht umgebracht.« Sie schlug mit ihrer kleinen Faust gegen ihr Bein. »Das hätte er nicht. Er hätte sich darüber gefreut, sobald er sich an den Gedanken gewöhnt hätte. Er hat sich gefreut. Wirklich!«
    In der nächsten Viertelstunde erfuhr Hardy, daß Ed die Narbe auf seinem Bein bekommen hatte, als er als Kind versucht hatte, auf einen Zug aufzuspringen. Er hatte Gitarre gespielt, Hardy hätte daran denken sollen. Das erklärte seine Schwielen an den Fingern, und er mußte Rechtshänder gewesen sein, was Frannie auch bestätigte. Bei der Arbeit bekam er manchmal blaue Flecken, wenn er Sachen herumschob oder hochhob, aber Frannie hatte in den letzten paar Tagen keine neuen bemerkt. Soweit sie wußte, hatte er sich nie mit jemandem geprügelt, und er trank, sagte sie, »viel, viel weniger als Moses, nur ein, zwei Bier, wenn er nach Hause kam«.
    Schließlich hatte Hardy nicht das Herz, nach Einzelheiten zu fragen. Er schaute sie lange an. »Du kannst wirklich, tief in deinem Innern, keinen Grund dafür sehen? Ich weiß, daß es eine schwierige Frage ist, Frannie, aber hätte da irgend etwas sein können?«
    Frannie ging zum offenen Fenster hinüber. Sie stand eine ganze Weile da, strich sich ab und zu das Haar aus dem Gesicht. Als sie sich umdrehte, zuckte sie mit den Schultern. »Er hat es nicht getan. Was kann ich dir sonst noch sagen? Er hat es einfach nicht getan. Den Rest kann ich nicht begreifen, kann ich nicht …«
    Sie ließ den Kopf hängen und drehte sich wieder zum Fenster.
    Hardy stand auf. »Ich werde Moses nichts sagen«, sagte er hinter ihr. »Aber wenn ich du wäre, würde ich nichts Übereiltes tun, wegen der Schwangerschaft oder wegen sonst irgend etwas, in Ordnung? Laß sich die Dinge ein wenig beruhigen.«
    Sie drehte sich um. »Ich glaube, ich weiß jetzt, wie du so geworden bist.«
    An der Tür schaffte sie es, ein kleines Lächeln hervorzubringen. Hardy fiel etwas ein. Ungeschickt zog er sein Portemonnaie aus der Hosentasche und durchsuchte es. »Ich weiß, das sieht vielleicht ein wenig merkwürdig aus, aber …«
    Gut. Er hatte immer noch ein paar Karten, die er sich für das Dartspielen gemacht hatte – er dachte, sie würden ihm einen kleinen psychologischen Vorteil verschaffen, wenn er sie bei Turnieren verteilte. Seine Gegner würden ihn ernst nehmen.
    Er gab Frannie eine. Sie waren hellblau, mit einem eingeprägten goldenen Dartpfeil. »Wenn du irgend etwas brauchst, auch wenn du nur reden willst, ruf mich an, ja? Und wenn dir noch irgend etwas einfällt, selbst die kleinste Kleinigkeit …«
    »Ja.«
    Er wollte sie noch einmal in den Arm nehmen, es ihr leichter machen, aber es hätte keinen Sinn gehabt. Für sehr lange Zeit würde nichts Frannie das Leben leichter machen.
    Er ließ sie auf dem Gehweg stehen, die Sonne stand ihr im Rücken und schien auf die flimmernde Stadt hinunter.
    Einen Häuserblock weiter spielten Kinder auf der Straße. Hardy kam es merkwürdig vor, daß irgend jemand auf der Welt lachen konnte, aber sie lachten. Lachten und lachten. Wie

Weitere Kostenlose Bücher