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Der Deal

Der Deal

Titel: Der Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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gründlich nach.
    »Warum wollen Sie das wissen?« fragte Cavanaugh.
    Hardy zuckte mit den Achseln. »Weil ich sie noch etwas fragen wollte.«
    Sie waren an einen See gekommen, auf dem viele Paare in Paddelbooten fuhren. Es war ein träger Nachmittag, windstill und warm. Sie gingen den roten Ascheweg entlang, der von Pinien überschattet und sporadisch mit Pferdemist gesprenkelt war. Auf dem See schwammen Schwäne zwischen den Paddelbooten herum, während näher am Steg ein Dutzend Enten quakend um das Brot eines jungen Mädchens bettelten.
    »Unschuld«, sagte der Priester. »Was für eine schöne Sache.«
    Hardy schaute den Priester an, in der Erwartung, nun mehr zu dieser Schmeichelei zu hören, aber Cavanaugh schien wirklich gerührt. Sein Blick schweifte umher, zu den Bäumen, zum Himmel über ihnen. Er schien diesen Augenblick verinnerlichen zu wollen, als ob er seine Unschuld – wenn er es denn so nennen wollte – brauche, um in einem anderen Leben darauf zurückzugreifen.
    »Ich konnte mich heute morgen einfach nicht aufraffen«, sagte Cavanaugh geheimnisvoll. Ihre Schritte knirschten auf der Asche.
    Mit den Händen in den Taschen nickte Hardy.
    »Ich schätze das wirklich«, wiederholte der Priester und entschuldigte sich damit zum dritten oder vierten Mal.
    Rollentausch. Das hatte er gesagt. Er hatte sich mit Hardy verbunden gefühlt. Sofort. Zwei Männer katholischer Abstammung. Sie hatten viel gemeinsam.
    Er mußte beichten. Nein, mehr noch, er brauchte die Absolution. Und nicht von einem anderen Priester. Er brauchte nicht nur einfach die Form der Vergebung, sondern die Vergebung selbst – das Verständnis eines seiner Mitmenschen.
    Hardy war also einverstanden gewesen. Warum auch nicht? Er fühlte sich merkwürdig zu diesem Mann hingezogen – vielleicht Opfer seines Charismas, aber die meisten von Hardys Freundschaften hatten so begonnen. Ein Funke, etwas, das ein wenig ungewöhnlich war, solange es diese gewisse Ausstrahlung gab. Und was für eine Ausstrahlung hatte Jim Cavanaugh!
    Aber diese Entschuldigungen wurden allmählich ein bißchen viel. »Also, Pater. Sie reden, ich höre zu. Dann geben Sie mir vielleicht ein Bier aus. Wenn mir langweilig wird, lasse ich Sie das wissen.«
    »Warum nennen Sie mich nicht Jim?«
    »Schön, Jim. Was ist das Problem?«
    Jim wartete, bis zwei Reiter an ihnen vorbei waren. »Ich fühle mich wie …« Er hielt inne, und Hardy dachte schon, er würde sich wieder entschuldigen, aber er tat es nicht. »Nein. Das ist es nicht«, murmelte er in sich hinein. Dann holte er tief Luft. »Ich bin ziemlich sicher, daß ich Eddie in den Tod geschickt habe.«
    Das knirschende Geräusch ihrer Schritte klang plötzlich lauter in Hardys Ohren.
    »Er kam letzte Woche bei mir vorbei. Man kann vermutlich sagen, daß ich so eine Art zweite Vaterfigur in dieser Familie bin.« Er lachte freudlos. »Ich war immer stolz auf … wie kann ich es ausdrücken? Auf meinen moralischen Mut. Deswegen sprechen die Menschen mit Priestern, nehme ich an. Weil sie das hören wollen. Der Rest der Welt empfiehlt, Kompromisse zu schließen und so zurechtzukommen, aber ich habe unsere Rolle – meine Rolle, also die Rolle des Priesters – immer darin gesehen, zu raten, daß die schwierige Wahl, die richtige Wahl getroffen wird.«
    »Und Eddie hatte eine schwierige Wahl zu treffen?«
    »Ich bin sicher, daß er deswegen zu mir kam. Er wäre nicht gekommen, wenn er es nicht hätte hören wollen.«
    »Sind Sie sicher? Vielleicht wollte er nur reden.«
    Jim Cavanaugh schüttelte den Kopf. »Nein. Er hatte einen Streit – eigentlich eher eine Meinungsverschiedenheit – mit Big Ed … seinem Vater. Wenn er die Antwort auf seine Frage nicht von jemand anderem hätte hören wollen, wäre er einfach nach Hause gefahren und hätte das Ganze vergessen. Das spürt man eben, Dismas. Unsere jüdischen Brüder haben eine Redensart: ›Wenn man fragen muß, ist es nicht koscher.‹ Das ist ungefähr das gleiche. Ed hatte das Gefühl, daß er mich fragen mußte.«
    Er lachte wieder in sich hinein. »Er wollte von mir hören, daß das, was er ohnehin geplant hatte, das Richtige war. Darüber hinaus wollte er erfahren, ob er davonkommen würde, wenn er es nicht tun würde. Und als moralische Autorität, die ich nun mal bin, sagte ich ihm, er könne es nicht. Obwohl ihm sein Vater das Gegenteil gesagt hatte.«
    Der Priester blieb abrupt stehen. Er trat so heftig gegen die Hölzerne Begrenzung des Reitwegs, daß diese

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