Der Deal
selbstsicher. »Ich kann nur einfach nicht alles hintereinander erzählen. Jeder einzelne Schritt weiter scheint eine Entscheidung für sich zu sein.«
»In der High School«, sagte Hardy, »habe ich mich an ein Mädchen herangemacht und mich gefragt, ob das Küssen und Streicheln alles einzelne Sünden wären. Letztlich entschied ich: nein. Wenn es überhaupt Sünde war, war es nur eine. Genauso hier. Sie haben sich anvertraut, also lassen Sie es raus.«
Cavanaugh grinste sein Filmstar-Grinsen. »Vielleicht hätten Sie doch einen guten Priester abgegeben.«
»Ich glaube, meine Vergangenheit war ein wenig zu schillernd.«
Der Priester hatte seinen Spaß daran. »Sie wären überrascht. Ziemlich viele Priester haben eine, wie Sie es nennen, schillernde Vergangenheit. Ich persönlich habe mich erst nach der High School berufen gefühlt.«
Das war interessant, dachte Hardy, brachte sie aber nicht weiter, was Nika Polk betraf. »Also Nika Polk … was fand Eddie heraus?« »Polk mußte schnell an Geld kommen. Er hat viele Leute entlassen, die Eddie behalten hätte, und hat einige behalten, die Eddie hätte gehen lassen. Die Belegschaft war runter bis auf einige wenige Arbeiter. Jedenfalls dachte Eddie, daß einer dieser Typen auch etwas damit zu tun hatte, und er verriet, daß Polk einen Drogenhandel plante.«
Sie waren wieder zurück am Shamrock . Hinter ihnen senkte sich eine orange- und rosafarbene Dämmerung über den Pazifik. Der Freitagabendverkehr hier auf dem Lincoln-Boulevard kam auf Touren. In der Bar wurde zur Musik aus der heulenden Jukebox getanzt, und Moses bediente hinter der Theke so gekonnt wie immer. Hardy hatte sein Guinness und Cavanaugh seinen Bushmill so schnell vor sich stehen, daß Moses sie gesehen haben mußte, als sie noch vier Häuserblocks entfernt waren.
Zu beiden Seiten des Sofas an der hinteren Wand waren die Türen zu den Toiletten. Darüber war ein schmutziges Fenster aus buntem Glas, das ein bißchen von dem letzten Tageslicht hineinließ. Die Gäste liefen ständig daran vorbei. So war man also für sich allein, wie man es nach Hardys Erinnerung für die Beichte sein mußte.
Cavanaugh hatte seinen Kragen abgelegt. Er saß nach vorne gebeugt, mit offenem Hemd, erstaunlich gutaussehend, und trank langsam seinen Whiskey. Seine Zurückhaltung war fort. Es mußte heraus.
»Ich höre also einem Jungen zu, für den ich fast Gefühle haben könnte – zur Hölle, Gefühle habe – wie für meinen Sohn. Und er brennt geradezu darauf, ich sage Ihnen, Dismas, brennt darauf, das Richtige zu tun. Er will Polk zur Rede stellen, ihn irgendwie überzeugen, daß mit seiner Frau wieder alles in Ordnung kommen kann, dann zu dem Verleger gehen und sie sich alle, einen nach dem anderen, vornehmen und sie mit Argumenten überzeugen. Er hat das wirklich so deutlich vor Augen gehabt. Wenn jeder der Beteiligten fair und aufrichtig wäre, würde alles klappen. Die Firma wäre gerettet, Polk könnte seine Frau weiterhin glücklich machen, und so weiter.«
Hardy trank einen Schluck von seinem Guinness. »Typisch für Eddie. Verflucht typisch, wenn Sie den Ausdruck entschuldigen.« Obwohl man sich bei näherer Betrachtung bei diesem Mann fürs Fluchen nicht entschuldigen brauchte. »Er hat wirklich so gedacht, nicht wahr?«
»Ja, hat er.«
»Und Sie versuchten, ihn ein bißchen, hm, auf die Realität hinzuweisen?«
Cavanaugh lehnte sich jetzt zurück, die breiten Schultern zusammengesunken. »Das ist meine Sünde, Dismas. Das ist es, was ich eigentlich erzählen wollte.« Mit niedergeschlagenen Augen sagte er dann leise: »Wir haben uns lange unterhalten, Eddie und ich. Er war der wunderbarste Redner, selbst bei nur einem Gesprächspartner. Leidenschaftlich, elegant, wirklich überzeugend. Er war die Art von Junge, bei dem es Ihnen schmeichelt, wenn er nach Ihrer Meinung fragt.« Er leerte sein Glas. »So, und da bin ich nun, Pater Cavanaugh, und schicke diesen guten Menschen in den Kampf mit dem Drachen. Denke ich an die Realität, an seine schwangere Frau, seine wirklichen Verpflichtungen, daran, ob er der Mann für den Job ist? Nein. Nicht ich. Der gute, fromme Pater Cavanaugh denkt daran, wie recht er hat, welch wunderbare Absichten er hegt, wie stolz alle sein werden.«
Er schaute auf. »Stolz, Dismas. Mein Stolz hat Eddie Cochran umgebracht.«
Kapitel 15
Sam Polk stand im Badezimmer in der ersten Etage und kämmte sein Haar. Vor dem Fenster, in der warmen Nacht hörte er die Düsen seines
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