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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Villalobos im Hotelbüro allein, und der Detective saß da und rauchte und ging den Stapel der Meldezettel durch. Er ging davon aus, daß die Zimmer an einem guten Tag viermal vermietet werden konnten, wobei drei der jeweiligen Tagesmieten in die Tasche des Managers flossen. Die meisten Gäste gaben offensichtlich falsche Namen und Adressen an und schrieben erfundene Autonummern hin.
    Elf Zimmer waren an dem Tag, an dem sich Lester Beemer unter seinem richtigen Namen und mit der richtigen Adresse und Autonummer eingetragen hatte, offiziell vermietet worden. Bestimmt waren mehr Zimmer vermietet gewesen, aber er konnte ja wohl kaum erwarten, daß der Manager ihm was von den Meldezetteln sagen würde, die er wegschmeißen mußte, um seinen Boß zu beklauen.
    Drei dieser elf Zettel waren offensichtlich korrekt ausgefüllt worden. Zwei stammten von Gästen, die nicht in Kalifornien wohnten, und zumindest paßten die Ortskennzahlen der Telefonnummern zu den Staaten, aus denen auch die Autonummern stammten. Auf dem dritten Zettel standen die Personalien eines einheimischen Mannes, und er entschloß sich, das Münztelefon vor dem Motel zu benutzen und die Nummer mal versuchsweise anzurufen.
    Über die männliche Stimme, die sich am Telefon meldete, wäre Mario Villalobos sicherlich selbst dann nicht überraschter gewesen, wenn ihr Besitzer ein Mordgeständnis abgelegt hätte. Tatsächlich sagte der Mann uneingeschränkt und bereitwillig, was los war, und das einem Mann gegenüber, der sein Leben lang fast nur mit Leuten zu tun hatte, die sogar dann zu lügen pflegten, wenn sie mit der Wahrheit viel besser gefahren wären.
    »Klar, in der Nacht war ich in dem Motel«, sagte der Mann. »Sollte eigentlich 'n richtig unanständiger Geburtstagsfick mit meiner Freundin werden. War dann leider doch 'n ziemlich mieses Motel. Nicht gerade das, was wir uns so vorgestellt hatten.«
    »Verraten Sie mir bloß noch eins«, sagte Mario Villalobos. »Waren Sie noch da, als am nächsten Morgen die Polizei aufkreuzte?«
    »Bestimmt nicht«, sagte der Mann. »Schon 'n paar Stunden in dem miesen Schuppen haben uns gereicht. Wir sind etwa gegen Mitternacht wieder weggefahren, vielleicht auch schon 'n bißchen früher.«
    »Haben Sie einen älteren Mann gesehen, der das Zimmer neben Ihnen gemietet hatte?«
    »Nein, aber das Mädchen hab ich gesehen.«
    »Das Mädchen?«
    »Als ich zum Auto rausging, um unsere zweite Flasche Champagner zu holen, hab ich ne dünne Blonde aus dem Zimmer rennen sehen.«
    »Rennen?«
    »Doch ja, das möcht ich schon meinen«, sagte er. »Sie hatte es ziemlich eilig. Rannte raus auf den Colorado Boulevard und verschwand.«
    »Würden Sie die auf 'nem Foto wiedererkennen? Haben Sie ihr Gesicht gesehen?«
    »Nee, beim besten Willen nicht. Gesehen hab ich nur, daß es ne magere Blondine mit langen glatten Haaren war. N ziemlich ordinäres Mädchen.«
    »Wieso ordinär?«
    »Ziemlich billig und auffällig. Wie ne Hure. Sie trug gelbe Stiefel, die ihr beinahe bis an die Shorts reichten. Allzu oft sieht man so was ja nicht in der Gegend um Pasadena.«
    Mario Villalobos gelang es immerhin, sich bei Caltech wenigstens ein paar einigermaßen brauchbare Informationen zu beschaffen, ohne daß er sich gleich als Cop zu erkennen geben mußte. Seine Tuntenkramermittlung zerrann wie verschüttetes Quecksilber, und im augenblicklichen Stadium wäre es in seinen Augen das allerletzte gewesen, irgendeinem an der Universität zu enthüllen, daß er tatsächlich einen oder zwei Mordfälle aufzuklären versuchte.
    Caltech, keine große Universität, war kleiner als ein halber Quadratkilometer, einschließlich der Sportplätze. Es gab ungefähr siebzig Gebäude, die eher kapriziös als nach einem architektonischen Prinzip in die Gegend gestellt worden waren. Ein paar waren im alten kalifornischen Stil gebaut worden, mit Ziegeldächern und maurischen Bögen. Andere waren moderner, aus Beton und Glas. Die Zahl der männlichen Studenten übertraf die der weiblichen um das Achtfache. Insgesamt waren es nur 1700 Studenten. Zu den imposanten Einrichtungen außerhalb der Collegeanlage zählte das bekannte Jet Propulsion Laboratory.
    Er erfuhr, als er den Hochschulprospekt las, daß der akademische Lehrkörper 266 Namen umfaßte und daß annähernd dieselbe Anzahl von Leuten als Lehrbeauftragte tätig waren. Er nahm zur Kenntnis, daß es in jedem Semester sicherlich mehr als hundert Gastprofessoren gab. Und parallel dazu wußte er natürlich, daß

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