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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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wahrscheinlich war, und in der heutigen Zeit würden die meisten Leute wahrscheinlich herzlich wenig zahlen und herzlich wenig tun, bloß um die Tatsache, daß sie mal einen Abend mit Dagmar Duffy und Missy Moonbeam verbracht hatten, unter der Bettdecke zu halten. Jedenfalls war es mehr als unwahrscheinlich, daß die Angst vor der Enthüllung seiner ausgefallenen Sexualwünsche einen Menschen dazu bringen konnte, Leute vom Dach zu schmeißen.
    Und wie, zum Henker, war der Schnüffler umgebracht worden, falls man ihn tatsächlich umgebracht hatte? Vielleicht mit irgendeinem Medikament, das so wirkte, daß der Tod hinterher wie ein Herzinfarkt aussah? Er wünschte sich, es hätte hier keinen Hausarzt gegeben, der den Totenschein so bereitwillig ausfüllte. Er wünschte sich, man hätte die Leiche nicht verbrannt.
    Er mußte rauskriegen, ob es in der letzten Zeit überhaupt russische Wissenschaftler am Caltech gegeben hatte. Er mußte einen Weg finden, der es dem Schrecklichen Tschechen und Hans ermöglichen würde, sich die Gesichter sämtlicher Professoren der Division of Chemistry and Chemical Engineering anzusehen, egal, ob Ausländer oder nicht. Zugleich hatte er keine Ahnung, wie man so was bewerkstelligen könnte. Eins allerdings war unabdingbar, wenn er sich auch nur ein Fünkchen Hoffnung bewahren wollte, dieses Durcheinander aus Tuntenkram und Kaviar jemals zu entwirren, bevor er an Erschöpfung starb: er durfte keinem einzigen Menschen sagen, wie wenig er in der Hand hatte. Weil er nichts, aber auch wirklich nicht mal den Hauch eines echten Beweises hatte. Auf keinen Fall durfte er es riskieren, irgendeinem Menschen in dieser Institution zu erzählen, was er hier tatsächlich machte, weil der dann wahrscheinlich sofort den Polizeichef von Los Angeles persönlich anrufen und ihm damit sehr viel schneller als erwartet zu seiner Streßpension verhelfen würde.
    Es gab also für einen Cop mit Fingerspitzengefühl nur eine einzige Chance, wenn er tatsächlich die Absicht hatte, seinem albernen russischen Hirngespinst am California Institute of Technology nachzujagen: Mario Villalobos mußte lügen wie der Teufel. Und dazu brauchte er eine sehr, sehr gute Lüge. Eine Lüge, die sehr lange Beine hatte.
    Als erstes probierte der Detective eine Auswahl aus seinem üblichen Vorrat an Lügen an drei Angestellten im Verwaltungsgebäude aus. Jeder schickte ihn zum nächsten, und schließlich wurde das offensichtlich ziemlich konfuse Polizeianliegen vom Büro des Präsidenten zum Büro des Vizepräsidenten für Interne Angelegenheiten verwiesen und von dort zum Büro des Vizepräsidenten und Chefs der Verwaltung. Er wurde allmählich müde und richtig sauer. Aber dann wurde er mit einem Mal wieder sehr munter.
    Er wünschte sich, er hätte sich etwas gründlicher rasiert, statt sich nach seinem frühen Rendezvous mit Dagmar Duffy auf der Station bloß dreimal flüchtig über den Bart zu fahren. Er wünschte sich außerdem, er hätte seine vom Wind zerzausten Haare besser gekämmt und die kahle Stelle verdeckt. Und weil er einmal dabei war, wünschte er sich, er hätte seinen neuen Anzug angezogen und nicht das Hemd mit dem durchgewetzten Kragen und den Schlips mit dem großen Kaffeefleck. Und im Augenblick war es ihm sogar völlig egal, daß der Mann, der für ihn zuständig war, heute im Kongreßzentrum von Pasadena war und deshalb nichts entscheiden konnte, denn es lächelte ihn hier eine Sekretärin mit den größten Augen an, die er seit langem gesehen hatte, von Ludwigs Augen mal abgesehen. Und ihr Haar war sogar noch schwärzer als Ludwigs Fell und viel glänzender. Und dann war er plötzlich fest davon überzeugt, daß ihn diese Tuntenkram-und-Kaviar-Ermittlung bereits total um den Verstand gebracht hatte, dann nämlich, als ihm klar wurde, daß er diese Lateinamerikanerin mit einem japsenden Rottweiler verglich, obgleich sie weiß Gott mit allem anderen eher zu vergleichen war als mit einem Hund.
    »Ich heiße Lupe Luna«, sagte sie lächelnd.
    »Mario Villalobos«, sagte er. »Los Angeles Police Department.«
    » Mucho gusto «, sagte sie, immer noch lächelnd.
    »Ich spreche kein Spanisch«, sagte er. »Also gut, ein bißchen Straßenspanisch.«
    »Obgleich Sie Mario Villalobos heißen?«
    Dann rutschte es ihm raus, das, was er tausendmal in seinem Leben gesagt hatte: »Ich bin kein Mexikaner.«
    Sie lachte und sagte: »Es sollte kein Vorwurf sein . Aber ich bin's. Mexikanerin aus Hast Los Angeles.«
    »Ich hab's

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