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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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nach Hause«, sagte sie. »Meine vierzehnjährige Tochter paukt gerade wie irre für ne Geschichtsarbeit, da muß ich sie noch abhören.«
    »Wie war's denn, wenn wir sehr früh essen gingen, gleich wenn Sie hier rauskommen? Bloß 'n kleiner Imbiß und 'n paar Margaritas? Sie könnten dann doch schon gegen sechs Uhr zu Hause sein.«
    »Ein paar Margaritas?«
    »Klar. Warum nicht?«
    »Das schaffen Sie doch nur, wenn Sie ein ziemlicher Alkoholiker sind.«
    »Bin ich«, sagte er heiter. »Bin sogar Borderline-Alkoholiker, red' ich mir gern ein.«
    »Irgendwie sind Sie ehrlich – das muß ich zugeben.«
    »Lupe«, sagte er, »ich hab meine beste Zeit hinter mir, seh nicht besonders gut aus, hab nichts auf der Bank. Und Ganoven fangen ist das einzige, wo ich halbwegs gut bin. Da muß ich ja ehrlich sein.«
    »Ehrlichkeit sollte von Zeit zu Zeit auch mal belohnt werden«, sagte sie und hatte keine Ahnung, daß er ihr, von seinen persönlichen Daten abgesehen, nichts als Lügen aufgetischt hatte.
    »Wann darf ich Sie abholen?«
    »Ich komm hin. Wo möchten Sie denn essen?«
    »Wissen Sie, wo der York und die Figueroa sind?«
    »York y Fiüg«, sagte sie mit übertriebenem spanischem Akzent. »Natürlich weiß ich das. Ich hab Ihnen doch gesagt, daß ich ne Mexikanerin aus East Los Angeles bin.«
    »Da gibt's ein Restaurant ungefähr einen Block hinter der Polizeistation. Die Villa Sombrero. Dort würd ich Sie gerne erwarten.«
    »Ist das eine Stammkneipe für Cops?«
    »Lady, so was wie Sie würd ich niemals in eine Stammkneipe für Cops mitnehmen. Die letzte Frau, mit der ich mich mal in 'ner Copkneipe verabredet hatte, die sah aus wie Golda Me'ir. Oder wie Menachem Begin, daran kann ich mich nicht mehr so ganz genau erinnern. Es handelt sich hier jedenfalls um das beste mexikanische Restaurant, das ich kenne. Mit so was pflege ich nicht zu scherzen, und schon gar nicht bei einer Frau wie Ihnen.«
    »Das werden wir dann ja sehen«, sagte sie. »Um halb sechs bin ich da.«
    *
    Während Mario Villalobos auf diese Weise das Blaue vom Himmel herunterschwindelte, standen Dolly und Dilford kurz vor einer Begegnung, bei der, wie auch immer, wieder mal Dilfords Eier in Mitleidenschaft gezogen wurden.
    Später am Abend würde man die betreffende Person im Fernsehen als Hausfrau aus Bel-Air bezeichnen. Sie wurde von einem Zeugen, der über die Bonnie Brae Street fuhr, direkt über dem Hollywood Freeway gesehen. Der Wind war ziemlich böig an diesem vom Smog vernebelten Nachmittag. Der Wind blies ihr das kastanienbraune Haar ins Gesicht und wehte ihr die Strähnen immer wieder vor die funkelnden grünen Augen. Sie trug ein weinrotes Cape, das sie sich auf einer ihrer diversen Auslandsreisen in London gekauft hatte.
    Sie war einundvierzig Jahre alt, hatte drei Kinder und war seit zwanzig Jahren mit demselben Mann verheiratet. Er verkaufte Grundstücke und Immobilien und saß dick drin. Er machte Geschäfte mit iranischen und arabischen Kapitalanlegern, denen die Finanzpolitik Präsident Reagans und die hohen Zinssätze völlig schnuppe waren und die sich bei Bijan in Beverly Hills Pferdedecken aus Nerz kaufen und sie als Badematten benutzen konnten.
    Die Hausfrau aus Bel-Air besaß einen Mercedes 450 SL und eine Menge Diamanten, im Brillantschliff natürlich, und sie war eigentlich wunschlos glücklich, mal abgesehen davon, daß ihr Gatte ihr ums Verrecken nicht den Ferrari kaufen wollte, den sie gern gehabt hätte. Das führte in ihrer Ehe zwar schon mal zu dem einen oder anderen Problem und hatte gelegentlich auch einen Fünf-Milligramm-Valium-Tag zur Folge, war aber eigentlich kaum so schwerwiegend, ihre Freunde oder ihre Familie auf das vorzubereiten, was sich dann auf der Bonnie Brae Street ereignete.
    Begreifen konnte später wahrhaftig niemand auf dem Rodeo Drive, wo sie normalerweise einkaufte, warum sie sich gerade das Revier um den Echo-Park ausgesucht hatte. Nicht mal das gewöhnliche Volk, das in den Häusern mit den Fünfhunderternummern im südlichen Teil des Sunset wohnte, ließ sich ohne zwingenden Grund in einer derart schäbigen Gegend sehen. Hier aber handelte es sich, wie jedermann wußte, um eine Dame, die ihren Tisch im Nobelrestaurant Spago allenfalls einen Tag vorher bestellen mußte, wenn sie dort Wolfgang Pucks Superpizza essen wollte.
    Man könnte sagen, daß die Leute grundsätzlich durchaus jemanden verstehen konnten, der das tat, was sie tat, daß jedoch kaum einer auch nur annähernd in der Lage war

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