Der Delta-Stern
sagte der Detective und steckte sich eine Zigarette an.
»Das iiist nur eine Redensart«, sagte der Chemiker. »Aber, Sergeant, das iiist ja nicht zu glauben!«
»Selbstverständlich erwarte ich von Ihnen, daß Sie das alles vertraulich behandeln.«
»Selbstverständlich! Aber Sergeant, iiich kann es einfach nicht glauben. Sie wissen doch, was das heißt? Daß iiirgendwer versucht, das Komitee zu beeinflussen.«
»Das können Sie allerdings mit Sicherheit für bare Münze nehmen«, sagte der Detective, massierte sich das Genick und reckte und streckte sich auf seinem Theatersitz unter Schmerzen.
»Aber Feldman ist hier der einzige logische Kandidat für Chemie, den man sich vernünftigerweise vorstellen kann, Sergeant«, rief der Peruaner aus. »Das iiist doch Wahnsinn! Es gibt hier zwar andere Kollegen, die Bemerkenswertes geleistet haben, aber niemanden, der mit seinen Forschungsergebnissen Feldman auch nur annähernd das Wasser reichen könnte. Wahnsinn!«
»Dazu kann ich gar nichts sagen«, sagte Mario Villalobos und ließ seinen Kopf auf die Sessellehne sinken. »Ich hab die größte Mühe, klar zu denken, seit er mich niedergeschlagen hat. Vielleicht steckt Van Zandt dahinter. Vielleicht sind ihm ja alle Mittel recht, nur um zu gewinnen.«
»Aber er iiist oben in Stanford. Nicht hier, wo er Zugang zu unserem Kernresonanzspektrometer hätte.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Mario Villalobos. »Vielleicht sollte ich einfach nach Hause gehen und mal 'n paar Tage die Finger davon lassen und die Sache überschlafen …«
»Die Finger davon lassen? DIE SACHE ÜBERSCHLAFEN?« brüllte der Chemiker. »Estupido! Ein Gringo, mit einem spanischen Namen! Sie stehen kurz vor einer großen Entdeckung, und Sie reden von schlafen? Wie siiind Sie eigentlich an Ihren spanischen Namen gekommen? Nein, behalten Sie es bloß für sich! Ich will es nicht wissen!«
Gleich darauf blieb dem verblüfften Mario Villalobos förmlich der Mund offen stehen, als der peruanische Chemiker mit seinem verrückten Hawaiihemd und seinem roten Kakaduschopf, der wie elektrisiert flatterte, plötzlich mit klappernden Sandalen die Stufen zur obersten Reihe des Hörsaals heraufstürmte. Der Wissenschaftler holte eine weiße Kapsel aus der Tasche und stopfte sie dem überraschten Detective einfach in den offenen Mund.
»Da, Gringo!« donnerte der Peruaner. »Damit Sie Ihrem noblen spanischen Namen endlich gerecht werden können!«
»Was ist das?« sagte Mario Villalobos.
»Schlucken Siiie es!« donnerte der Chemiker.
Er mußte dreimal schlucken, bevor er es runter hatte. Als er es geschafft hatte, sagte er: »Für den Fall, daß ich sterbe, bevor ich morgen früh …«
»Reden Sie gefälligst später über Ihren Tod, Sie bourgeoiser Cop!« brüllte der Wissenschaftler und ging wieder hinunter zum Podium. »Sterben Sie meinetwegen, wenn Sie Ihren Fall abgeschlossen und Zeit haben zu sterben!«
»Aber ich weiß doch noch nicht einmal, was ich als nächstes tun soll, Professor!« sagte der Detective.
»Ich weiß nicht! Ich weiß nicht! Genau das hasse iiich an den Miiickymausschaumschlägern dieser bourgeoisen Welt!« wütete der Wissenschaftler und marschierte auf der Rednertribüne unten im Hörsaal hin und her. »Nur gut, daß iiich keine Kanone und kein Messer besitze! Strengen Sie Ihr Gehiiirn an! Und dann werden Sie es wissen!«
Drei Schritte in einer Richtung, drei Schritte zurück. Die typische komische Drehung auf dem Absatz. Der auf und ab hüpfende Federschopf auf dem Kakadukopf. Seine Finger gitterförmig ineinander verknotet, als ob er, das leibhaftige Mysterium tremendum, mit Kette und Schuß gottähnlich am Schicksal der Menschheit weben wolle.
Schließlich sagte er: »Iiich werde Ihnen eine Formel aufschreiben, die sogar ein bourgeoiser Miiickymausschaumschlägercop kapieren kann.«
Mit Buchstaben, die mehr als einen halben Meter hoch waren, schrieb er auf die Tafel: NP = U.
»Was heißt das?« fragte Mario Villalobos.
»Das heißt, daß damit der IDIOTENKRAM weggeräumt wird, mit dem Sie mich zugeschmiiissen haben! Und miiit dem Sie mir beinahe das Gehirn blockiert hätten!« rief der Chemiker zu dem Detective hoch, und sein Federschopf wippte. »Dieser Idiotenkram, Geld könne einen Wissenschaftler dazu veranlassen, ein Mitglied des Nobelpreiskomitees zu kompromittieren! Und nachdem er dann selber erpreßt wird, einen, zwei Menschen zu töten! Diies iist einfach nicht logisch, und iiich hab mich dann auch sogar
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