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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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fragte der Schreckliche Tscheche.
    »Nein, ich bin Richard Feldman!« sagte die Stimme ziemlich unwirsch.
    »Tut mir leid«, sagte der Schreckliche Tscheche. »Der falsche Feldman. Dann gehnse mal wieder schlafen.«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel und reichte dem Detective das Telefon. »Das ist der Typ in dem Nadelstreifenanzug. Er hat eine auffällige Stimme. Das ist er.«
    »Ja, zum Teufel, wer hat mich denn überfallen?« schrie Mario Villalobos. Mit einem Mal trieb er Dagmar Duffy das helle Entsetzen ins Gesicht, als er brüllte: »Nacho Mendoza hatte recht! ICH HAB NICHT ALLE TASSEN IM SCHRANK!«
    Als sie dem seelisch völlig kaputten Detective in den Wagen geholfen hatten und Dagmar Duffy ihm zum Abschied zuwinkte, fiel dem Detective wieder ein, an wen ihn Dagmar Duffy in dem Moment des Déjà vu gleich, nachdem er fast bewußtlos geschlagen worden war, erinnert hatte. Als Dagmar Duffy da oben auf dem Treppenabsatz gestanden hatte, mit flatternder blonder Dauerwelle, eine Hand auf seinen Mund gepreßt und die andere beim Schreien ausgestreckt, hatte er exakt so ausgesehen wie Fay Wray in King Kong.

 

    13. KAPITEL
    Mysterium tremendum
    Mario Villalobos konnte nicht schlafen, keine einzige Minute. Er wälzte sich, vor Schmerzen zuckend, im Bett und hatte ein Heizkissen unter seinem verstauchten Rücken. Beide Augen waren geschwollen und bläulich verfärbt, und seine Nase fühlte sich an, als sei sie gebrochen. Er hatte so viel Kaffee getrunken, daß er kein Auge zukriegte. Er konnte sich bloß hin und her wälzen und auf die Morgendämmerung warten.
    Er war dann sehr früh an seinem Schreibtisch. Er war rasiert, geduscht, gekämmt und trug einen frischen Anzug. Er dachte, er sähe halbwegs manierlich aus.
    »Du siehst grauenhaft aus!« sagte der Detective Lieutenant, gleich als er ihn sah. »Du siehst aus wie das Phantom der Oper!«
    Normalerweise war das Büro der Detectives an den Wochenenden geschlossen, aber in Anbetracht der außergewöhnlichen Ereignisse des vorausgegangenen Abends war der Lieutenant zu Hause angerufen und gebeten worden, sich mit Mario Villalobos zu einer Lagebesprechung zu treffen. Ebenso war ein Chemiker vom Kriminallabor bestellt worden, der erst mal eine geschlagene halbe Stunde rummeckerte, weil er am Samstag arbeiten mußte. Dann erklärte er in einem vorläufigen Bericht, daß die Spritze Natriumcyanid enthalten habe, daß es sich bedauerlicherweise jedoch nur um eine Spritze handele, die man in jeder guten Apotheke kaufen könne.
    Es war Mittag, als der Lieutenant endlich vollständig über den unerfreulichen Stand der Dinge im Bilde war. Nachdem Mario Villalobos seinen Bericht beendet hatte, sagte der Lieutenant: »Das haste davon, wenn du dich nachts dauernd allein in Pasadena und Hollywood rumtreibst.«
    »Was heißt das: Das haste davon?«
    »Das haste davon, Mario. Du kannst an dem Fall dranbleiben, wenn Chip und Melody dir helfen, aber 'n Solo wird hier nicht mehr gespielt.«
    Er war irgendwie erleichtert, tatsächlich. Seine geistige Leistungsfähigkeit hatte seine körperliche erheblich überstrapaziert. Er war zu müde, um zu schlafen. Zu müde, um zu denken. Er steckte mitten in einem Teufelskreis aus Kaffee, Schnaps, Zigaretten und totaler Erschöpfung. Er war einfach überfordert.
    »Vielleicht würd's mir wirklich guttun, mal Pause zu machen«, sagte Mario Villalobos.
    »Ja, geh nach Hause«, nickte der Lieutenant. »Schon deinen Rücken und pack dir 'n Beutel Eis auf die Fresse und penn zwei Tage durch. Bis Montag dann.«
    Mittags gegen eins lag Mario Villalobos im Bett und versuchte zu schlafen. Er konnte sich nicht erinnern, daß er jemals so müde gewesen war. Er konnte sich weder erinnern, daß er jemals so aus der Fassung geraten war, noch daß er sich jemals so als Versager gefühlt hatte. Er konnte sich nicht erinnern, daß er sich jemals dermaßen selbst bemitleidet hatte.
    Um halb zwei drehte er das Radio an und schaltete vom Werbefunk auf einen lokalen Sender um, der für die vielen Hörer, die, wie Mario Villalobos, pausenlos der verlorenen Zeit nachweinten, Tag und Nacht Musik aus den vierziger Jahren dudelte.
    Um zwei Uhr fuhr er in seinem Privatwagen über den Pasadena Freeway in Richtung Caltech und dachte verrückterweise an die armen Haie, die im Ozean schwammen. Die sich nie ausruhen durften. Stillstand war gleichbedeutend mit Ersticken und Tod.
    Samstag und selbst Sonntag waren durchaus keine Ruhetage an der Universität. Ständig waren

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