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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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seit zehn Jahren. Hat auf die Weise ne Menge Mitleid erregt. Aber ich glaub nicht, daß die Huren besonders mitleidig mit ihm gewesen sind. Ich mußte ihm immer Bargeld besorgen, damit er die bezahlen konnte. Im voraus.«
    »Wie oft mußten Sie ihm denn Geld besorgen? Geld für Huren, wie Sie glaubten?«
    »Für gewöhnlich donnerstags und freitags. Außerdem wußte ich durch die Bankauszüge, daß er mindestens noch eine Nacht pro Woche auf Achse war.«
    »Anscheinend war sein Herz ja nicht so krank«, sagte Mario Villalobos.
    »Solange die Maschine funktionierte, ging's«, sagte sie. »Er hat immer gesagt, die kleine Maschine in seiner Brust war 'n Kind vom Gott der Naturwissenschaft. Eines Nachts hat das Kind vom Naturwissenschaftsgott allerdings blaugemacht, und dann war's vorbei.«
    »Ne ulkige Art, die Dinge zu betrachten«, sagte Mario Villalobos. »Kind vom Naturwissenschaftsgott. War er an Naturwissenschaft interessiert?«
    »Ob er interessiert war? N glühender Fan war er. Die ganze Zeit hat er sich gewünscht, zu diesem Caltech-Förderkreis zu gehören. Ein lausiger kleiner Schnüffler mit seinem schmutzigen Schlips und seiner Timex-Uhr, der mit diesem ganzen Volk, das Subventionen gibt und Zuschüsse und so was, per du sein will. Er muß 'n halbes Dutzend Naturwissenschaftszeitschriften aus Amerika abonniert gehabt haben, dazu ne ganze Reihe ausländische. Es war eins seiner ganz großen Hobbys. Naturwissenschaft, Golf und Nutten.«
    »Könnt er nicht mal irgendwann mit der Division of Chemistry beim Caltech telefoniert haben? Ich hab da ne Telefonnummer im Notizbuch einer Prostituierten aus Hollywood gefunden, zusammen mit dem Namen Lester.«
    »Doch, das halt ich für möglich«, sagte sie. »Er ging öfter mal rüber. Er hatte mehrere Golfkumpels, die Mitglieder des Lehrkörpers waren. Professoren, nehm ich an. Könnten Chemiker gewesen sein.«
    »Kennen Sie da irgendwelche Namen?«
    »Nein, angerufen haben sie ihn nie. Manchmal hat er Freitag nachmittags rumgesessen und sich gelangweilt und mir erzählt, seine Golfspezis wären ganz heiße Kandidaten für den Hauptgewinn.«
    »Was heißt Hauptgewinn?«
    »Na, was schon? Der Nobelpreis. So hat er das jedenfalls genannt.«
    »Also gut, das reicht«, sagte Mario Villalobos mit seinem typischen traurigen und erschöpften Seufzen. »Mein Mordopfer hat Lester Beemer wahrscheinlich als Kunden gekannt. Sie hat seinen Namen aufgeschrieben. Sie hat ihn mindestens einmal bei der chemischen Fakultät im Caltech angerufen, als er dort jemand besucht hat. Rätsel gelöst.«
    »Mordopfer? Wer hat sie denn umgebracht?«
    »N Zuhälter. N Freier. Wer weiß? Aber da ist noch ne Sache. Seine Kreditkarte ist in einem koreanischen Restaurant gefunden worden, in derselben Gegend, wo diese Prostituierte gestorben ist. Hat er je erwähnt, daß ihm einer die Kreditkarte gestohlen hat?«
    »Nein, soweit ich weiß.«
    »Wer hat denn seine Hinterlassenschaft gekriegt, nachdem er tot war?«
    »Seine Schwester in Seattle, Louise Beemer. Sie war seine einzige Hinterbliebene, und sie steht selbst schon mit einem Bein im Grab. Zu erben war da nicht viel. Die Polizei ist ja bloß wegen dem Motel gerufen worden.«
    »Welche Polizei? Wegen welchem Motel?«
    »Pasadena. Er wurde ja in einem von diesen zwielichtigen Motels auf dem Colorado gefunden. Seine Brieftasche war noch da, wo er sie immer trug, in seinem Socken. Der gute alte Lester trug Sockenhalter. Und er steckte seine durchlöcherte Brieftasche immer in seinen Socken. Können Sie sich das vorstellen?«
    »War denn seine Kreditkarte in der Brieftasche, als er gefunden wurde?«
    »Keine Ahnung.«
    »Was ist mit den Akten im Büro passiert?«
    »Ich hab alles vernichtet. Alle Akten. Alle Tonbänder. Das muß man machen bei 'nem so vertraulichen Unternehmen wie dem von Lester. Und ich hab ja schon gesagt, Lester war nicht gerade 'n Musterbeispiel an Ehrenhaftigkeit und Diskretion.«
    Mario Villalobos stand auf, putzte sich die Nase, die mit einem Mal lief, und nieste mehrmals, als ihr eine ihrer Katzen über die Füße sprang, die in Pantoffeln steckten.
    »Allergisch gegen Katzen?«
    »Ha … hatschi«, nickte er. »Aber schön, das müßte jetzt eigentlich genügen.«
    Aber das genügte ganz und gar nicht. Mario Villalobos war zwar nicht mehr der Sklave seines Drangs nach Vollständigkeit, der er früher gewesen war, als er keinen Fall weglegen und keine von diesen »Verhaftung-steht-unmittelbar-bevor«-Tricks anwenden konnte,

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