Der demokratische Terrorist
einfachen Worten hätten zusammengefaßt werden können.
In letzter Zeit gibt es nicht mehr allzu viele Terroristen, aber sie machen uns trotzdem zu schaffen, und es ist schwieriger geworden, sie zu fassen. Wenn es uns aber gelingt, die Übriggebliebenen zu fassen, haben wir die Möglichkeit, das Terroristenproblem endgültig zu lösen.
Das war in dürren Worten der Inhalt des Vertrags der. ersten dreißig Minuten. Von der Mühe der Deutschen, zur Sache zu kommen, einmal abgesehen, hätte die Situation Näslund angenehm sein müssen. Normalerweise war die schwedischdeutsche Zusammenarbeit eine Einbahnstraße wie die Kooperation Schwedens mit seinen sonstigen Verbündeten überhaupt: Die andere Seite leistete die Dienste, die Schweden gerieten in eine Dankesschuld.
Da haben wir’s, dachte Näslund. Das ist ja gerade das Unangenehme.
Denn wenn sie jetzt ihre Schuld eintreiben wollen, brauchen sie mit ihren Forderungen nicht sonderlich zurückhaltend zu sein, und bis jetzt haben die Kerle nicht mal angedeutet, worum es geht.
Jetzt war der kleinere und rundere Deutsche an der Reihe, der wie ein kleiner Wursthändler aussah und bisher nicht viel gesagt hatte.
»Ich möchte gern mit der rein operativen Voraussetzung beginnen. Danach komme ich auf die rechtliche Problematik zu sprechen«, leitete Loge Hecht kurz seine Darlegungen ein und wühlte in seinen Papieren, während er die Übersetzung des Dolmetschers abwartete.
Teufel auch, jetzt geht es noch einmal von vorn los, dachte Näslund. Loge Hechts Darstellung unterschied sich jedoch deutlich von der seines Vorgesetzten aus Köln. Hecht brauchte nur eine Minute, um das Interesse der beiden schwedischen Kollegen zu wecken.
Also. Der Verfassungsschutz habe mit relativ großer Sicherheit feststellen können, daß der harte Kern der Rote Armee Fraktion sein Hauptquartier von Südwestdeutschland nach Hamburg verlegt habe. Man habe zwei Mitglieder der Gruppe bei einem Telefongespräch identifiziert, und hier seien die Unterlagen (Hecht referierte das mitgeschnittene Telefonat und schob die Abschrift über den Tisch).
Damit eröffneten sich zwei Arten des Vorgehens. Die eine sei natürlich, das hätten die geschätzten schwedischen Kollegen sicher schon selbst gesehen, durch verstärkte Fahndungstätigkeit in St. Pauli und Hamburg das Versteck der Gruppenmitglieder zu lokalisieren, das wahrscheinlich aus einer oder mehreren konspirativen Wohnungen bestand.
Da das mitgeschnittene Telefonat eine größere Operation der Terroristen in Schweden vermuten lasse, vielleicht auch ein Unternehmen in Zusammenarbeit mit schwedischen Terroristen, begründe schon das den Wunsch nach Zusammenarbeit mit den schwedischen Kollegen. Es dürfte im Interesse beider Parteien liegen, jede Terroraktion deutschen Ursprungs auf schwedischem Territorium zu verhindern. Vor allem deshalb, weil man es mit einer Gruppe zu tun habe, von der ein rücksichtsloses Vorgehen zu erwarten sei, wenn es nicht gelinge, rechtzeitig zu intervenieren.
Die wichtigste Voraussetzung dafür sei, daß die Terroristen jetzt einen schwedischen Mitarbeiter suchten, den sie soeben ausführlich beschrieben hätten.
Es liege in der Natur der Sache, daß solche seltenen Tiere der Polizei in der Bundesrepublik nicht zur Verfügung stünden.
»Voraussetzung für eine derartige Operation ist folglich«, fuhr Loge Hecht mit Nachdruck fort, »daß wir in Ihrer Organisation oder durch sie den Mann finden können, den wir für dieses Unternehmen brauchen.«
Darauf griff er nach einem neuen Papierstoß, während er auf die Übersetzung des Dolmetschers und die Wirkung seiner Worte wartete.
»Bevor ich aber zu unserem theoretischen operativen Modell komme, möchte ich Ihnen gern einige Aspekte der rein juristischen Problematik darlegen«, fuhr Hecht in den etwas gestelzten Worten des Dolmetschers fort.
Ein schwedischer Staatsbürger, ein Angestellter des schwedischen Sicherheitsdienstes ebenso wie ein gewöhnlicher Tourist, könne in dieser Situation mit viel größerer Handlungsfreiheit vorgehen als ein deutscher Beamter. Es gebe nämlich keinerlei juristische Möglichkeit, die Dienstpflichten und den Amtseid eines deutschen Beamten zu umgehen, sofern man davon ausgehe, daß der Betreffende in eine verbrecherische Aktivität hineingezogen werde, wie sie im Zusammenhang mit terroristischen Aktionen unzweifelhaft zu erwarten sei.
Es komme folglich darauf an, daß ein schwedischer Staatsbürger in einer möglichen Operation
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