Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der demokratische Terrorist

Der demokratische Terrorist

Titel: Der demokratische Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
für den schwedischen Sicherheitsdienst arbeitest. Und die Aktion mit diesen kleinen Gangstern willst du auch weiterführen.«
    »Ja«, erwiderte Carl leise. Im selben Moment spürte er, wie die Furcht von seinem rumorenden Magen zum Hals und bis zum Mund hochkroch.
    »Bitte sehr«, sagte Mouna und reichte ihm ein Bajonett. »Töte sie. Jetzt, auf der Stelle.« Carl stand mit dem Rücken zu Barbara und dem Bajonett in der Hand. Sie war einen Meter von ihm entfernt. Er war wie gelähmt, als hätte es in seinem Gehirn einen Kurzschluß gegeben. Er hatte das Gefühl, in Ohnmacht zu fallen. Das Licht im Zelt schien ganz kurz auszufallen.
    »Jetzt sofort. Sonst gehst du den gleichen Weg, das ist beschlossen«, ergänzte Mouna. Carl glaubte, ihrer Stimme eine leichte Unsicherheit anzumerken. Aber er glaubte ihr.
    Alle im Zelt betrachteten ihn. Die Palästinenser mit den Teegläsern saßen reglos wie Standbilder.
    Carl hielt das Bajonett mit der rechten Hand fest umklammert, hielt es vor sich und versuchte sich darauf zu konzentrieren, die Kraft in der Hand zurückzugewinnen. Er hatte das Gefühl, als würde ihm das Messer gleich aus der Hand fallen, als hätte er nicht einmal die Kraft, es festzuhalten. In seinem Kopf surrte es.
    Es war ihm unmöglich, klar zu denken.
    Plötzlich, als wäre er selbst nicht Herr seiner Entscheidung, fuhr er herum. Mit der Hand, die sich um das Bajonett schloß, schlug er Barbara von unten hart aufs Kinn. Der Schlag ließ ihren Kopf zurückprallen. Dann sank sie bewußtlos zusammen.
    Er blickte einen Moment in Horst Ludwig Hahns aufgerissene schwarze Augen. Dann macht er einen schnellen Schritt nach vorn und preßte mit der linken Hand von unten Horst Ludwig Hahns Kinn und Hals hoch, während er gleichzeitig zwei Finger in die Augen des jungen Mannes stieß, um sie zu schließen. Mit dem Bajonett, das er fest in der rechten Hand hielt, schnitt er blitzschnell über den entblößten Hals und sprang sofort zur Seite, um von dem heftigen Blutstrom nicht vollgespritzt zu werden. Die Halsarterien spritzten wie zwei Fontänen, dann schwächten sich die Blutstrahlen ab wie bei einem Gartenschlauch, dessen Wasserdruck nachläßt, und bewegten sich im Gleichklang mit dem Herzschlag des sterbenden Horst Ludwig Hahn. Es sah aus, als versuchte der Terrorist noch etwas zu sagen. Aus seiner Luftröhre kam ein heiseres Krächzen. Dann sank er in sich zusammen.
    Carl trat einen Schritt zur Seite und stellte sich vor Barbara. Ihr Kopf hing kraftlos herab. Sie war immer noch bewußtlos. Er stieß ihr das Bajonett von unten nach oben bis zum Heft in den Bauch. Dann zog er es heraus, trocknete es an ihren Kleidern ab und warf es auf die Erde. Barbaras Körper zuckte noch eine Weile.
    Ohne ein Wort zu sagen, verließ Carl das Zelt. Niemand hielt ihn auf. Draußen setzte er sich auf die rostrote Erde. Eine kühle Brise wehte durch die Pinienkronen. Die Zeit hatte aufgehört zu existieren, und Carl fühlte sich innerlich vollkommen leer. Er hatte keine Ahnung, wie lange er so gesessen hatte. Vielleicht nur eine Minute, vielleicht eine halbe Stunde. Dann kam Mouna zu ihm heraus und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Komm wieder rein. Du mußt wieder reinkommen«, sagte sie in einem Tonfall, der ihm zärtlich, fast liebevoll vorkam.
    Er erhob sich steif und ging auf etwas unsicheren Beinen ins Zelt. Die beiden Toten hingen noch in der gleichen Stellung an ihren Pfählen, in der er sie zurückgelassen hatte. Man hatte aber noch weiter mit Messern auf sie eingestochen. Es sah aus, als hätte man die Toten noch gefoltert.
    »Wozu das denn noch?« sagte er matt. »Sie können euch doch nicht mehr schaden.«
    »Wir haben noch nicht alle Probleme gelöst«, erklärte Mouna. Gleichzeitig traten drei ihrer Untergebenen vor, ergriffen Carl und schleppten ihn zu dem dritten Pfahl, an dem er die Verhandlungen um ihr Leben begonnen hatte. Er ließ sich widerstandslos zum zweitenmal fesseln. Er fühlte sich vollkommen kraftlos.
    »Der syrische Sicherheitsdienst wird euch ziemlich bald finden«, erklärte Mouna. »Ihr seid alle drei gefoltert worden, aber wir hatten nicht mehr die Zeit, dich zu töten. Du bist nur verwundet. Du mußt verstehen, daß wir konsequent handeln müssen. Es geht nicht nur um dein Leben, Carl, es geht auch darum, daß dein Unternehmen gelingt. Jetzt ist es kein schwedischdeutsches Gemeinschaftsunternehmen mehr, sondern in Wahrheit eine palästinensischschwedischdeutsche Aktion.«
    Carl nickte

Weitere Kostenlose Bücher