Der demokratische Terrorist
erzählt?«
»Ja. Ich selbst halte das für risikolos, und außerdem ging ich ja selbst das größte persönliche Risiko ein. Außerdem handelte es sich darum, am Leben zu bleiben und die Situation befriedigend zu erklären.«
»Aber deine Verletzungen?«
»Um mich nicht in Verdacht geraten zu lassen, haben sie mich mißhandelt. Sie haben mir damit also einen Dienst erwiesen. Sie schnitten mit einem Messer an mir herum und schossen mir durch Schulter und Schenkel. Sie besaß sogar die Freundlichkeit, vollummantelte Munition zu verwenden, um die Durchschußlöcher so klein wie möglich zu halten.«
Es wurde still im Raum. Außer Carls schwerem Atem war nur noch das leise Quietschen der Tonbandspulen zu hören.
»Was geschah mit dem Ehepaar Hahn?« fragte Loge Hecht mit plötzlich gesenkter Stimme, als hätte das kurze Schweigen etwas Furchtbares verborgen.
»Sie sind tot. Hingerichtet. Sie reisten mit Schweizer Pässen unter dem Namen Büchi oder sowas und werden in den nächsten Tagen in der Schweiz eintreffen. Dort wird man natürlich schnell entdecken, daß ihre Identität nicht stimmt. Man wird das BKA bei der Identifizierung um Mithilfe bitten, und ich gehe davon aus, daß das nicht allzu schwer sein dürfte.«
»Wurden sie von den Palästinensern hingerichtet?«
Carl verstummte erneut. Die anderen sahen ihm wohl an, daß ihn die Frage quälte.
»Ja, das kann man so sagen«, antwortete er schließlich.
Wieder Stille im Raum. Loge Hecht zögerte, wie sich Carl später erinnerte, unendlich lange, bevor er sich schließlich entschloß, das Thema zu wechseln.
»Welche Leute werden das geplante Unternehmen durchführen?
Und wann wird es stattfinden? Kannst du uns dazu etwas sagen?«
»Die RAF plant eine gemeinsame Aktion mit den von ihnen so genannten belgischen und französischen Genossen. Das können natürlich nur CCC und Action Directe sein. Die logistischen Probleme, die sie vor sich haben, werden nach meiner Schätzung mindestens einen Monat in Anspruch nehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie in Schweden schon etwas vorbereitet haben. Jedenfalls habe ich nicht den kleinsten Hinweis darauf«, erwiderte Carl. Er war zutiefst erleichtert, daß man ihn nicht gebeten hatte, den Tod der beiden Terroristen näher zu erklären. So blieb ihm die Entscheidung erspart, ob er auf eine direkte Frage wahrheitsgemäß antworten oder den Palästinensern die Schuld geben sollte.
Die Frage, die nach einer schnellen Entscheidung verlangte, war die bevorstehende Waffenlieferung. Siegfried Maack machte den Vorschlag, man solle den Lastwagen abfangen, die Geschosse unschädlich machen - Carl bestätigte, daß das technisch leicht zu machen sei - und die Lieferung dann weiterfahren lassen. Nach kurzer Diskussion kamen sie jedoch zu dem Schluß, daß das unmöglich sei. Auf den deutschen Autobahnen waren Zehntausende von Fernlastern unterwegs. Die Suche würde sich wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen gestalten und unangemessen großes Aufsehen erregen.
Man würde natürlich die Speditionszentrale in Hannover überwachen und eine eventuelle Übergabe beobachten können.
Es war aber keineswegs sicher, daß die Übergabe dort erfolgen würde.
Damit stellte sich die Frage, welches Risiko Carl einging, wenn er in die Terroristenzelle in der Breiten Straße zurückkehrte. Sie beleuchteten das Problem von allen Seiten, aber diese Lösung schien immer noch die beste zu sein.
Die Peterstraße ist nicht sehr lang. Es konnte keine besondere Mühe machen, die zweite konspirative Wohnung zu finden.
Wenn diese Suche aber diskret vonstatten gehen sollte, was wünschenswert war, konnte es bis zu einer Woche dauern, bevor man das Kommando Siegfried Hausner lokalisiert hatte.
Wenn Carl das Risiko auf sich nehmen wollte und konnte, sollte er zurückkehren. Die Palästinenser wußten, was in Syrien geschehen war. Sie hatten Carls Leben jetzt in der Hand, und Loge Hecht erklärte, er könne angesichts eines so großen Unsicherheitsfaktors die Verantwortung nicht übernehmen.
»Die Palästinenser haben mein Leben schon in der Hand gehabt.« Carl lächelte. »Eine von ihnen hat dafür sogar ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt. Sie muß bis zum letztmöglichen Augenblick bei mir geblieben sein, als die Syrer schon ganz in der Nähe waren, um sicherzustellen, daß ich möglichst bald ärztlich versorgt wurde. Nein, ich vertraue ihnen absolut.
Die PLO ist kein Risikofaktor. Eine andere Frage ist allerdings,
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