Der demokratische Terrorist
wie die Genossen es aufnehmen werden, daß nur einer lebend von der Expedition zurückkehrt. Da liegt der Haken. Wir haben es hier nämlich mit ein paar verdammt mißtrauischen Teufeln zu tun.«
Sie erörterten noch eine Weile die verschiedenen Möglichkeiten.
Aber als Carl sich ausgezogen und seine Verletzungen gezeigt hatte, kam es Hecht und Maack völlig unwahrscheinlich vor, daß der Bluff entdeckt werden könnte. Kein Sicherheitsdienst der Welt würde seine eigenen Leute derartig foltern. Das würden sogar Terroristen begreifen.
»Oder«, korrigierte Loge Hecht, »offenbar kein Sicherheitsdienst der Welt mit Ausnahme des palästinensischen.« Damit stand der Beschluß fest. Carl sollte weitermachen. Siegfried Maack hatte sich ein pfiffiges Arrangement ausgedacht, damit Carl im Notfall blitzschnell Hilfe herbeirufen konnte, falls seine Lage kritisch wurde: Carl erhielt ein Zusatzmagazin für seine Beretta 92 S. Es enthielt zwölf Schuß, aber unter der Feder ganz unten steckte ein Minisender mit Batterie, die mindestens zwei Monate halten würde. Wenn man eine zusätzliche Patrone ins Magazin steckte, würde der Sender aktiviert werden. Nach diesem Zeitpunkt konnte der Einsatz innerhalb einer halben Stunde erfolgen. Von jetzt an, erklärte Maack, werde man bei der Hamburger Polizei, natürlich ohne zu erklären, warum, einen MEK-Verband in ständiger Alarmbereitschaft halten.
Siegfried Maack sollte diskrete Beobachtungen in der Peterstraße veranlassen, damit man die zweite konspirative Wohnung orten konnte, in der die Waffen vermutlich aufbewahrt werden sollten.
Auf Carls Verlangen sollte die Identifizierung der zwei ermordeten Terroristen in der Schweiz mindestens um achtundvierzig Stunden hinausgezögert werden, damit er die Todesnachricht selbst überbringen konnte. Er wollte die zu erwartenden Gefühlsausbrüche selbst unter Kontrolle behalten. Wenn die Terroristen noch vor der Ankunft des denkbaren Verräters emotional aufgeputscht würden, werde seine Lage, so erklärte Carl, trotz seiner echten Folterspuren in psychologischer Hinsicht viel schlechter sein.
»Von jetzt an wird dieses Unternehmen besonders gefährlich, wenn diese RKG, oder wie sie heißen, die Wirkung haben, die du angedeutet hast«, sagte Loge Hecht grübelnd. »Wir haben den Schwanz des Drachen zwar schon gepackt, aber er kann sich immer noch mit einem Schlag befreien.«
»Ja, einerseits«, bemerkte Siegfried Maack. »Aber andererseits ist es so, wie Hamilton sagt: Sie brauchen Zeit für ihre Vorbereitungen. Wir werden beim Zuschlagen nicht nur zwei Kommandos auf einmal kassieren, sondern als Zugabe noch ein paar Juwelen von ihren französischen und belgischen Verbündeten.
Das ist schon einige Risiken wert.«
Alle drei lachten über diese komische Untertreibung.
Carl lehnte das Angebot ab, die Nacht in der Burg Rheinfels zu verbringen. Das Hotel schien zwar sehr komfortabel zu sein, und auch die Sicherheitsvorkehrungen wirkten beruhigend, angefangen bei der Bewachung der Zufahrtsstraße bis hin zum Fahndungspersonal unten im Ort und den Sicherheitsbeamten im Hotel. Er war aber schon vor zehn Stunden aus Athen abgeflogen, und es war besser, wenn er noch in dieser Nacht in Hamburg ankam.
Was den Flug von Athen nach Frankfurt betraf, war sein Tikket gebucht und entwertet worden. Die Strecke Frankfurt-Hamburg hatte er offengelassen. Siegfried Maack nahm das Ticket an sich und ging ins Nebenzimmer. Eine halbe Stunde später hatte Carl das geschickt gefälschte Ticket wieder in der Hand. Es sah aus, als wäre er mit der Lufthansa von Frankfurt nach Hamburg weitergeflogen. Damit war Eile geboten. Siegfried Maack sollte Carl mit dem Wagen nach Hamburg bringen. Das würde viel schneller gehen, als wenn sie versuchten, ihn nach Frankfurt zu fahren. Dort würde er außerdem seine Maschine verpassen.
Während Loge Hecht in den Speisesaal hinunterging, um eine reelle Mahlzeit zu sich zu nehmen und nachzudenken seine Figur deutete darauf hin, daß er gern aß und beim Essen am besten nachdenken konnte -, setzten sich Carl und Siegfried Maack in eines der schnellen BMW-Fahrzeuge des Verfassungsschutzes und machten sich auf der Autobahn auf den Weg nach Hamburg.
Maack fuhr trotz des nicht sonderlich guten Straßenzustands mit mehr als 200 Stundenkilometern. Er fährt wie ein Deutscher, dachte Carl, der inzwischen einiges über die fliegenden Barone der Autobahnen in ihren BMWs und Mercedes gelernt hatte.
Die Wunden an Carls Körper hatten
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