Der demokratische Terrorist
brutalen Konkretheit eine allzu deutliche, eine unangenehm deutliche Erinnerung daran, daß der Kampf gegen den Terrorismus nicht allein aus dem analytischen, systematischen und intellektuellen Handwerk bestand, dem sich Siegfried Maack und seine Vorgesetzten verschrieben hatten.
Und als Hamilton nach seiner abendlichen Tauchübung zurückkehrte, behandelte er diese Gegenstände mit der gleichen ungezwungenen Selbstverständlichkeit, als wären sie Tasten eines Computers, Lageanalysen oder Ergebnisse von Labortests der Polizei.
Hamilton pfiff leise, als er die drei Waffen aus der grünen Militärtasche Maacks auspackte und vor sich aufreihte. Alles stimmte: richtiger Revolver, richtige Pistole und eine abgesägte Schrotflinte für den einmaligen Gebrauch beim Banküberfall.
Der Schrotmunition widmete er nur einen kurzen Blick, die Revolvermunition, die in einer Fünfziger-Schachtel lag, genau wie bestellt, wurde einer längeren Prüfung unterzogen, ehe er sie mit einem zufriedenen Blick beiseite legte, während die Pistolenmunition sein Mißvergnügen weckte. Aus den Bezeichnungen sowohl der Patronen wie der Schachteln ging nämlich hervor, daß die Munition aus Militär oder Polizeibeständen stammte. Hamilton drehte die Schachtel um und kippte die Patronen auf den Tisch, füllte das Pistolenmagazin und das Zusatzmagazin mit schnellen, ruckhaften Bewegungen, ohne dabei auf die Finger zu sehen, und fegte die restlichen zwanzig Patronen in eine kleine Plastiktüte, die er verknotete und in seine Reisetasche warf. Dann zerknüllte er die Schachteln und warf sie in den Papierkorb. Er betätigte bei allen drei Waffen, die gesichert waren, den Hahn und verstaute sie dann schnell in seiner Tasche. Darauf quittierte er den Empfang, riß eine Quittungskopie für sich ab und legte sie in einen Umschlag, der an eine Adresse in Schweden gehen sollte, an sein Bankschließfach in Stockholm.
Das Geld wies die gewünschte Stückelung auf, 10000 Mark in gebündelten neuen Scheinen, als stammten sie frisch aus einem Bankraub. Diese Quittung nahm denselben Weg wie die Quittung für die Waffen.
Anschließend teilten die Männer Carls Gepäck in zwei Haufen: Einmal das, was in die grüne Tasche gehörte, und das, was in seiner eigenen Reisetasche verstaut werden sollte, die Siegfried Maack, selbstverständlich gegen Quittung, für ihn aufbewahren würde, bis das Unternehmen als abgeschlossen betrachtet werden konnte. Auf diesem Haufen landeten beispielsweise seine Kreditkarten sowie sein Dienstausweis des Schwedischen Sicherheitsdienstes und einige unnötig elegante Kleidungsstükke, die er bei Einkäufen in Hamburg ersetzen wollte. Sie zögerten kurz, auf welchem Haufen das Messer mit dem blaugeflammten Stahl und dem tarnfarbenen Kunststoffhandgriff landen sollte; sie entschieden sich für die Hamburg-Tasche.
Dann blieb noch eine letzte Formalität, die etwas kniffliger war als alles andere. Carl hatte die Einrichtung eines schweizerischen Nummernkontos verlangt, gleichgültig bei welcher Bank, dazu die Einzahlung der erforderlichen Mindesteinlage.
Das Konto brauchte er als Tarnung, denn irgendwo mußten die Erlöse aus seinen behaupteten Banküberfällen ja gebunkert werden. Obwohl das ein ziemlich einleuchtender Vorschlag war, hatte es einige juristische Schwierigkeiten gegeben, da Carl darauf beharrt hatte, nur er selbst dürfe die Nummer kennen.
Irgendeine Instanz irgendwo in der Hierarchie über Siegfried Maack hatte grundsätzliche Einwände erhoben, aber jetzt war die Lage endlich geklärt. Carl öffnete einen Briefumschlag und schrieb die Nummer auf, die er sich ausgedacht hatte - Tessie O’Connors Geburtstag, -monat und -jahr sowie die vier Zahlen seines eigenen Geburtsjahrs, jede Zahl um eine Eins addiert - der alte KGB-Kniff. Er klebte den Umschlag zu und legte ihn auf den anderen, den er an seine Bank in Stockholm schicken wollte. Er zog den Reißverschluß der grünen Tasche zu, verschloß seine eigene Reisetasche und stellte alles auf den Fußboden neben die beiden grünen Stahltaschen mit dem geheimen Material von Siegfried Maack. Es war soweit.
Ihr gemeinsames Arbeitszimmer sah plötzlich leer und spartanisch aus wie eine Gefängniszelle. Neonröhren an der Decke, ein schwarzes Fensterrechteck, gelbweiße Wände ohne jeden Schmuck, grüne Tischplatten aus einem Material, das an Tischtennistische erinnerte, quietschende Klappstühle.
Nachdem Carl die Taschen abgestellt hatte und an seinen Platz am Tischende
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