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Der Derwisch und der Tod

Der Derwisch und der Tod

Titel: Der Derwisch und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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nichts."
    „Hast du
drauf geblasen, Aga?"
    „Jawohl, es
hilft nichts. Ist Zejna hier? Sie soll die Würfel bloß ein bißchen an
die Brust legen."
    „Es wäre
gegen den Anstand, Vater!"
    „Was kann
von mir noch gegen den Anstand sein? Wär's gegen den Anstand,
Fazlija?"
    „Nein, Aga,
Gott bewahre."
    „Vater, 's
ist besser, du reibst sie am Derwisch-Ärmel."
    „Wahrhaftig?
Wärst du böse darüber, Ahmed Effendi? Bei Gott, es hilft."
    „Ich freu
mich, daß du gekommen bist", meinte Hasan lächelnd.
    „Ich habe
dich seit gestern nicht gesehen."
    „Wartet mit
dem Geplauder, bis ich gewonnen habe", knurrte der Alte.
    „Jetzt
wird's gelingen."
    „Der Vater
ist wieder auf der Höhe."
    „Du willst
sagen, ich bin wütend?"
    Er gewann
in der Tat, und er war müde und strahlte vor Glück. Er glich einem
Kind, er glich Hasan.
    „Ich werde
reisen", erklärte mir Hasan, „nach Dubrovnik." Und er lächelte
dem Vater ein wenig schuldbewußt zu.
    „Und
warum?"
    „Des
Handels wegen. Auch meine Freunde brechen auf, und so reisen wir
zusammen."
    „Die
Lateinerin bricht auf, darum tut's auch er. Den Handel hat er sich ausgedacht."
    „Nein."
    „Doch. Wär's
des Handels wegen, so könnt ich dich davon abbringen.
    Weil's aber
ihretwegen ist, gelingt wir's nicht. Sie ist stärker."
    „Mein Vater
denkt sich manches aus."
    „So? Wenn
ich auch alt bin, die Gedanken hab ich noch beisammen.
    Und wenn
mir manches nicht in den Kopf will, ist das eine ganz andere Sache."
    „Gibt's
denn etwas, was dir nicht in den Kopf will?"
    „Ja"
    Der alte
Mann sprach zu mir, als wäre er böse auf Hasan.
    „Jawohl.
Mir will nicht in den Kopf, daß er mit der Frau und ihrem Mann auf
die Reise geht – alle drei. Wer ist nun der Narr? Mein Sohn oder der
Lateiner?"
    „Oder
beide", meinte Hasan lachend, überhaupt nicht gekränkt. „Freundschaft
läßt du offenbar überhaupt nicht gelten?"
    „Freundschaft? Mit Frauen? Mein Kind
von dreißig Jahren, was hast du für eine Ahnung! Einer Frau ein Freund sein,
das kann bloß ein Schwuler."
    Ich mischte mich in dieses peinliche
Gespräch, zu dem Hasan nur lachte: „Vielleicht ist er mit dem Mann
befreundet."
    „Dir, Ahmed Effendi, darf man's
nicht verübeln, du kannst von den Dingen nichts wissen. Bei ihnen empfängt der
Ehemann immer die Freunde der Frau, die Frau empfängt niemals die Freunde des
Mannes."
    „Vater, du wirst wieder in Atemnot
geraten."
    „Zu deinem Unglück werd ich nicht in
Atemnot geraten, heute ist ein sonniger Tag, und die Luft ist leicht, du kannst
mir keine Angst machen. Ich habe zu ihm gesagt: Wenn dir nichts weiter an ihr
liegt, verschwende nicht deine Zeit; wenn sie dich nicht will, such dir eine
andere; wenn du sie liebst, mußt du sie entführen."
    „Für meinen Vater ist alles
einfach."
    „Aber weshalb er geht, warum er mit
ihnen geht, das mag der Teufel verstehen. Sicher ist nur, daß er bewaffnete
Knechte mitnimmt, damit seine Freunde nicht von Hajduken überfallen werden.
Aber können ihn nicht auch die Hajduken überfallen? Bei uns ist alles einfach!
Einfacher ist es bei euch, mißratener Sohn – alles an euch ist
Unvernunft."
    „Was für eine Wahrheit, Vater, hast
du da ausgesprochen! Seit Menschengedenken sind die Söhne unvernünftiger als
die Väter, und eigentlich müßte die Vernunft längst ausgestorben sein, aber
zum Glück werden die Söhne vernünftig, wenn sie Väter werden."
    „Wirst du je vernünftig
werden?"
    „Man hat seinen Kummer mit den
Söhnen, Vater."
    „Spotte nicht, ich weiß. Wie lange
wirst du unterwegs sein?"
    „Ungefähr fünfzehn Tage."
    „Warum so lange, du Unglückssohn?
Weißt du, wieviel das ist, fünfzehn Tage?"
    „Vielleicht auch mehr."
    „Gut, geh. Wenn es dir gleich ist,
ist's auch mir gleich. Fünfzehn Tage – inzwischen kann ich im Grab liegen. Ganz
gleich, geh nur."
    „Du sagtest doch, du fühltest dich
besser."
    „In meinen Jahren stehen ‚besser’
und ‚schlechter’ nebeneinander und wechseln sich ab wie Tag und Nacht. Auch die
Kerze brennt besser, kurz ehe es mit ihr zu Ende geht."
    „Möchtest du also, daß ich
bleibe?"
    „Daß du bleibst? Erstens meinst du
das nicht ernst. Zweitens hätte ich doch nicht viel davon, auch wenn du
bliebst. Jetzt ist es zu spät, geh nur. Nur halt dich nicht länger auf.
Fünfzehn Tage, für mich ist das viel, für dich genug. Und nimm viel Knechte
mit, ich werd sie bezahlen. Ich werde mich wohler fühlen, wenn ich weiß, du
bist gut geschützt."
    „Ahmed wird dich

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