Der Diamant des Salomon
Edelsteinschleifer, das Archiv der Israelischen Forschungsgesellschaft und die Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Die Nacht versprach für eine Frühlingsnacht sehr m ild zu werden, und so öffnete Harry das Fenster, um die vom Fluß heraufwehende Brise hereinzulassen, bevor er sich an den Tisch setzte und zu arbeiten begann.
Heute abe n d wollte e r noch die Recherchen f ür einen Zeitsc h ri f t e n artikel m it dem Titel »Kaiserlic h- russi s che Juwelen von der Kasan-Krone Iwa n s bis zum edelsteinbesetzten Brustharnisch von Michail Feodorowitsch Ro m anow« zu Ende bringen. Im m e r wenn Harry sich m it dieser Epoche beschäftigte, wußte er es besonders zu schätzen, daß er als freier Mann im A m erika d es zwanzigsten Jahrhunderts lebte, Hunderte von Jahren nachdem jene slawis c hen Juwel e nliebhaber, die sogar ihre Pantoffeln m it kostbaren Steinen versahen, sich ihren kaiserlichen Prunk m it dem B l ut von Millionen ihrer Unte r t anen e r k au f t hatten. Er las sc h nell, m achte sich auf kleinen Karteikarten in seiner s a u beren, we n n auch ein wenig verkra m p ften H a ndschrift N otizen und war zum ersten m al an diesem Tag glücklich.
Ein paar Stunden später klopfte es an der Tür.
»Es ist je m a nd für Sie am Telefon«, sagte Ruth Lawrenson.
» W orum geht’s denn ? « No r m a l erw e ise s t ö r te sie ihn n i e bei der Ar be it.
»Ich weiß e s nic h t. Es ist ein Mann na m ens Akiva dran, der sagt, es sei sehr wichtig.«
»Sagen Sie ih m , er soll m i ch m org e n anrufen. Im Büro.«
»Das habe ich schon. Er besteht darauf, daß es dringend sei.«
Harry ging zum Telefon und sagte zie m lich knapp:
»Hall o ?«
»Mr. Hope m an? Ich glaube, Mr. S aul Netscher hat Ihnen von m i r erzählt.«
Die Stim m e hatte ei n en Akze n t, den Harry n o rmalerw e ise m ochte. Sie klang wie die eines Mannes, der Englisch als zweite S prache b ei d en Bri t en gelernt hatte. »Ja. Aber im Mo m ent bin ich leider sehr beschäftigt.«
»Ich bitte Sie aufrichtig um Entschuldigung für die Störung. Aber ich m uß m i ch in einer höchst wichtigen Angelegenheit m it Ihnen treffen.«
»Geht es um etwas Ges c hä f tlich e s, Mr. Akiv a ? «
»Das könnte m an sag e n, Mr. Hope m an.« Er zögerte.
»Aber es geht außerdem um noch viel m ehr.«
»Dann kom m en Sie bitte m orgen vor m ittag in m ein Büro.«
»Das wäre höchst unklug. Könnten wir uns nicht woanders treffen?« Die Stim m e hielt inne. »Ich m üßte übrigens auch dringend m it Ihrem Vater sprechen.«
Harry seufzte. »Mein V ater h a t s i ch pra k tisch zur Ruhe gesetzt.«
»Bitte, ha be n Sie ein w e nig Geduld m it m i r. Sie werden alles verstehen, wenn wir uns getroffen haben.«
Harry spürte, wie sein inneres Radar ganz leicht anschlug.
»Ich werde morgen abend in der Wohnung m eines Vaters in der East Sixty-third Street N u m m er 725 sein. Könnten Sie um acht Uhr dort hinkommen ? «
»Das paßt mir wunderbar, Mr. Hope m an. Shalom.«
»Shalom, Mr. Akiva«, sagte er.
Das Telefon weckte Harry um vier Uhr m orgens. Als er abhob, hörte er ein Rauschen und zweisprachiges W ortgewirr.
»Pronto? Mr. Hope m an ? «
»Hallo? Hallo ? «
»Mr. Hope m an ? «
»Ja. W er, zum Teufel, spricht dort?«
»Bernardino Pesenti. Kardinal Pesenti.«
Kardinal B e rnardino Pe s enti war der Verwalt e r d er Vatikanischen Kunstsam m l ungen. In seiner Obhut befanden sich neben unzähligen G e m älden und Statuen auch die vielen unbezahlbaren Antiquitäten des Vatikans – juwelenbesetzte Kreuze, b y zanti n isches Gesch m eide, Altarbilder, Opferkelche und Taufschalen.
Auf Kardinal Pesentis V er m ittlung hin war es Harry v o r ein paar Jahren gelungen, die Edelsteinkrone der Madonna von Tschenstochau käuflich zu er w erben. Er hatte da m i t der Erzdiözese von Warschau eine Erleichterung ihrer drückenden Schuldenlast und d e r F i r m a Alfred Hop e m an & Son ein funkelndes Kleinod für ihre schwarzgraue Sch m uckschatulle verschafft.
» W ie geht es Ihnen, E m inenz ? «
»Meine Ge s undheit erlaubt es m i r, dem Heiligen Vater weiterhin zur Hand zu gehen. Und wie ist I h r wertes B e finden, Mr. Hop e m an ? «
»Ausgezeichnet, E m inenz. Kann ich irgend etwas für Sie tu n ? «
»Das können Sie in der Tat. Haben Sie vielleicht in naher Zukunft ein m al vor, nach Rom z u kom m en ? «
»Das plane ich eigentlich nic h t. Aber ich kann es m i r natürlich jederzeit einrichten.«
» W ir
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