Der Diamant des Salomon
abging. Er hatte nicht m ehr viel Z eit, also packte er rasch seine Sac h en zusa mm en und be z ahlte die Hotelrechnung.
Dann nahm er sich ein Taxi und sagte dem Fahrer, er solle ihn nach Rosh Ha’ayin fahren.
Das kleine Mädchen saß so, wie H a rry es das erste m al gesehen hatte, im Staub am Straßenrand. Harry bat den Fahrer anzuhalten.
Er stieg aus und kniete n e ben dem M ädchen nieder.
»Shalom, Habiba. Erinnerst du dich an m i ch ? « Habiba blickte ihn m it leeren Augen an.
»Ist Tante T a m ar da ? «
Das Mädchen deutete zum Haus seiner Groß m utter.
Als Harry dort anka m , klopfte er an die Flieg e ngittert ü r, und die beiden Menschen drinnen sahen ihn an.
»Kom m en Sie rein, wenn Sie wollen«, sagte ya umma.
Sie stand mit dem Rücken zur W and. Ya abba saß am Tisch und trank Arak.
»Ich m öchte m it T a m ar sprechen«, sagte Harry, aber er erhi e lt k e ine Antwort. Hint e r der geschlossenen Tür zum Zimmer nebenan kicherte je m and. Harry hörte, wie Ta m ar kurz und intensiv zischte, worau f hin das Kichern verstum m t e.
Ya abba schüttelte den Kopf. »Sie will nic h t«, sagte er auf englisch.
»Zum Teuf e l da m it«, sagte Harry. »Das soll m i r Ta m ar schon selbst sagen.«
»Drei Dinge kann ich nicht verstehen«, sagte ya abba, jet z t auf he b räisch. »Ei g entli c h sind es vier Dinge, die ich nicht weiß. W i e ein Adler durch d i e Luft flie g t , wie s i ch eine Schlange über den Felsen schlängelt, wie ein Schiff über das Meer schwim m t , und w i e ein Mann m it einer Frau auskommt.« Er trank aus, goß wieder Arak ins Glas und verdünnte ihn m it Wasser aus einem Krug.
Alle d rei b eobachteten, wie s i ch d i e beiden farblosen Flüssigkeiten zu einer milchigen Brühe ver m ischten.
Harry ging zu der verschlossenen T ür und klopfte. »Ta m ar«, sagte er.
Stille.
»Laß uns doch wenigstens darüber reden«, sagte er. Sie antwo r t e te nic h t.
»Ich m uß bald f ort, noch heute nac h m ittag. Ich habe ein Flugticket für dich.« Er wartete.
»Um H i mmels willen, sprich doch m it m i r. Bist du i mm er so, wenn du deine P eriode hast?«
Harr y hört e , wi e hinte r ih m ei n S t uh l geschob e n wurde, dan n tr a f i h n ei n S c hlag . Al s e r si c h umdr e hte , ho l t e y a abb a ger a d e e r neu t aus . »Hey! « sagt e Harry . De r alt e Mann wa r stark . Harr y hoffte , da ß se i n W angenknoche n ni c h t gebroche n war . Abe r y a abb a wa r b e trunken , un d s o konnte Harr y sic h ih n au f Armesläng e vo m Lei b halten . »Halten Si e ih n zu rü ck« , ri e f er . Y a u m m a b e gan n z u heu l e n wi e ein arabische s Klagewe i b . »Ne h m e n Si e ih n we g vo n mir.«
Als ya abba von seiner Frau zurück an seinen Platz geführt wurde, hupte draußen Harrys T axi.
»Verdam m t noch m al, kannst du das denn nicht verstehen ? « schrie Harry durch die v e rsc h lossene Tür. »Ich lie b e dich!«
Die Tür öffnete s i ch.
Ta m ars Schwester schl ü p f t e so sch n ell, wie e s m it ihrem schwangeren Bauch m ö glich war, heraus. Yaffas Gesicht war voll freudiger E rregung, als sie Harry einen Zettel zuwarf. Er entfalt e te ihn und seufzte.
Harry wird mir nie weh tun.
Harry blickte auf und sah, daß Yaffa ihn m it interessierter Sy m pathie beobachtete. Ihr Blick berührte ihn m ehr als der Sch m erz in seiner Wange.
» Shalom «, flüst e rte ya umma, als Harry aus der T ü r ging.
Während er sich langsam von dem Haus entfernte, stec k ten die d r ei je m enitisc h en Frauen a m Fenster die Köp f e zusam m en, verfolgten ihn m it den Augen und mu r m elten vor sich hin. Das Kind saß im m er noch im Straßenstaub. Es hatte schon wieder eine Fliege auf der Wange, und Harry verscheuchte sie, bevor er ins Taxi stieg und dem Fahrer sagte, er solle ihn zum Flughafen bringen.
27. Der Makel
Nach seiner Rückkehr kam es Harry vor, als habe er jahrelang Scheuklappen vor Augen und Ohren gehabt, die jetzt auf ein m al abgefallen w aren. Mit einemmal sah er Amerika m it ganz anderen Augen, zum Beispiel die W i esen und Wälder, die sein Haus in W e stchester u m gaben. Er hörte das Quaken der Frösche, das Rollen des Moorhuhns, das Geheul ei ne r weit ent f ernten Motorsäge. In Manhattan ka m en ihm die W olkenkratzer plötzlich viel höher und der Verkehr vor seinem Laden viel dichter vor als früher. Die Straßengeräusche in New York waren viel aggressiver als in Jerusalem, aber irge n dwie gehörten sie so sehr
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