Der Diamant des Salomon
Privaterziehung außer dem Lernstoff sonst noch alles ver m itteln konnte. Das Zim m er seines Sohnes roch nach Schweiß und alten S ocken und war leer, a b er aus dem Zimmer daneben blickte ihn eine Bohnenstange von einem Jungen durch sch m utzige Brillengläser an. »Jeff Hop e m an ? « fragte Harry.
»Der ist beim Baseball-Training.«
Harry bedankte sich, ging zurück zu seinem W agen und fuhr die Straße entlang, bis er Sti mm en und die Geräusche von geschlagenen Bällen hören konnte. Er stoppte den Wagen kurz vor dem Spielfeld. Harry hatte sich direkt nach der Beerdigung seines Vaters von Jeff verabschiedet. Der Junge war froh gewesen, daß er wieder zurück ins Internat fahren konnte; Harrys nicht angekündigte Anwesenheit hier kam ihm jet z t vielleicht sogar ungelegen. Und was hätte er seinem Sohn außer »Hallo« denn schon sagen sollen? Vielleich t , daß die Tora- W eisheit des Tages lautete: Kummer ist schreckli c h, aber die Angst ist noch schrecklicher? Harry drehte um und fuhr denselben Weg zurück, den er gekommen war.
Als er zu Hause war, goß er sich einen Drink ein, legte eine Platte von Bessie S m ith auf und versuchte ein Buch zu lesen. Als er aber in dem langsam dunkler werdenden Zimmer auf der Couch lag, sehnte er sich auf ein m al danach, sich s elbst im Spiegel eines anderen m enschlichen Wesens zu sehen. Er wollte Sex. Nicht schuldbehafteten Sex m it Della, sondern ani m alisches Vögeln ohne Folgen m it irgendeiner Frau, die ihm nichts bedeutete. Er erinnerte sich an einen Na m en und brachte ein paar Minuten m i t der Suche im Telefonbuch zu. Dann hob er ab und wählte die Nummer der Frau.
Es klingelte vier m al, dann m eldete sich eine Männerstim m e, und wie in ei ne m schlecht e n W itz legte Harry au f , stand da und versuchte, sich zwischen dem Buch, den Schallplatten und der Flasche zu entscheiden.
Schließlich ging er in die Hocke und fischte die zerrissene Visitenkarte aus dem P a pierkorb. Als er die beiden Hälften aneinanderhielt, konnte er die Num m er gut lesen, und er nahm den Hörer wieder ab und wählte sie. Sofort antwort e te e i ne weiblic h e S tim m e und nannte anstatt einer Begrüßung die Telefonnum m er. Es war eine m untere, freundliche Stim m e, die nur ein kleines bißchen gequält klang, wie die Stim m e fast jeder T elefonistin in den großen Fir m en in Manhattan.
»Ich m öchte m it Mr. Akiva sprec h e n «, sagte Harry.
Als Harry v or dem Lokal m itten in Manhattan stand, wo sie sich verabredet hatten, wurde ihm klar, warum der Israeli ein ko s cheres Re s t aurant gewä h lt hatte. Au ß er Akiva saß noch ein anderer Mann am Tisch, der aussah wie ein grauer, alter Kobold.
Saul Netscher.
» W aru m , zum Teufel, ist er hier ? «
»Mr. Akiva hat m i ch darum geb e ten«, sagte Netscher m it seiner leisen Stimme, die so rauh klang wie Sandpapier.
Er war klein, untersetzt und weißhaarig und trug eine Krawatte, di e nic h t zu s einem verknitterten braunen Anzug paßte. Saul Netscher vernac h l ässi g t e seine äußere Erscheinung ebenso sehr, wie Harrys Vater auf die seine bedacht gewesen war. »Mußt du das tun, Saul? W illst du denn unbedingt wieder ein e n Herzinfarkt haben?«
»Der letzte ist doch schon vier Jahre her. Sei nicht dum m , Harry.«
»Du verrückter alter Bastard bilde s t dir im m er noch ei n , jung zu sein. Man sollte dich einsperren.«
»Beruhigen Sie sich doch, m ein Gott!« sagte Akiva.
Der Kellner kam an d e n Tisch, und Harry bestellte sich geschnetzelte Leber. Akiva, der sich m öglicherweise m i t koscheren R estaurants in A m erika nicht so gut auskannte, wählte ein Steak, und Netscher bestellte gekochtes Rindfleisch und eine Flasche Sliwowitz.
»Mr. Netscher wird hier in New York bleiben und begibt sich da m it in keine r lei Ge f ahr. Sie übrigens auch nicht, aller W ahrscheinlichkeit nach. Sie werden nach Israel fliegen. W e nn der Dia m ant das ist, was die Verkäufer behaupten, dann kaufen Sie ihn und bringen ihn hierher.«
»Ich will nicht, daß Saul dam i t hineingezogen wird. Warum können Sie das nicht verstehen ? «
»Harry, ich m ag diese Respekt l osig k eit n i cht. Du rede s t , als wäre ich nicht hier.«
Harry ignorierte ihn weiterhin. »Und behaupten S i e bloß nicht, daß kein Risiko dabei i s t, wo Sie selbst mir bereits gesagt haben, daß die S ache riskant werden könnte.«
Akiva seufzte. »Na schön, dann reden wir eben übers Risiko«, sagte er. »In unserer Ecke der W e lt
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