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Der Diamant des Salomon

Der Diamant des Salomon

Titel: Der Diamant des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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manchmal so vor, als kämpften auf der schönsten Straße der Stadt die Mistkäfer gegen die Wanzen.
    Die Reichstagswahl im September war eine Katastrophe.
    Die Nazis hatten getönt, sie w ü rden ihre Sitze v o n zwölf auf fünfzig vermehren. Sta t t dessen gaben sechseinhalb Millionen Deutsche Adolf Hitler ihre Stimme, und die Nazis erhielten einhundertundsi e ben Sitze im Reichstag.
    Eine Woche nach der Wahl kam Paolo Luzzatti n ac h Berlin und brachte die Tia r a Papst Gregors in einem blauen Leinwandsack mit sch l echt funktionierendem Reißverschluß. In einem solchen Sack hätte auch ein Klempner seine Brotzeit mit zur Arbeit nehmen können.
    »Wie wunderschön sie ist«, sag t e Alfred, als er die Tiara sah.
    »Ihre Familie hat schon immer gute Arbeit geleistet.« Alfred be s t ä tigte das Kompliment mit einem Nic k en. Die Firma Luzzatti h a tte eine umfasse n de Versicherung abgeschlossen, und die Versic h erung der Firma Hauptmann mußte dieser entsprechen. Während Alfred mit einem Angestellten die Einzelheiten besprach, drückte sich Paolo nervös im Hintergrund herum.
    Das Oberteil der goldenen Tiara war beim Herunterfallen beschä d igt worden. Luzzatti bl ickte Alf r ed über die Schulter, während dieser vorsichtig den großen gelben Diamanten aus seiner Fassung löste und ihn sich durch seine Lupe betrachtete. Sie w ußten beide, wie leic h t ein Diamant, trotz seiner Härte, einen Sprung bekommen und ruiniert werden konnte.
    »Er scheint unbeschädigt zu sein«, sagte Alfred. Der andere Mann seufzte erleichtert.
    »Aber um das mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, muß ich ihn natü r lich genau untersuchen. Das wird ei n i ge Zeit in Ans p r u ch nehmen. Und wenn ich den Stein schon einmal habe«, füg t e Alfred wie nebenbei hinzu, »könnte ich ja gleich die Fassung reparieren.«
    Paolo runzelte die Stirn. »Können Sie das denn? Die Tiara muß in perfektem Z ustand sein, wenn wir sie dem Vatikan zurückgeben.«
    Alfred zuckte mit den Achseln. »Vielleicht muß ich einen Goldschmied hinzuziehen. Es gibt ein paar sehr gute hier in der Stadt.«
    Schließlich nahm, zu ihrer b e ider Erleichterung, Luzzatti den Zug nach Neapel und ließ die Tiara in A lfreds Obhut zurück.
    Obwohl Tiara und Diamant hoch versichert waren, ließ Alfred sie keine Minute aus den Augen und nahm sie sogar in dem blauen Beutel jeden Abend aus dem G e schäft mit nach Hause. Eines Abends, a l s Lilo bei ihm in d er Wo h nung war, zeigte er ihr die beiden Dinge.
    »Wem gehören sie?«
    »Dem Papst.«
    Lilo runzelte die Stirn. Sie war nicht religi ö s, aber er sah, daß sie solche Späße nicht passend fand. Vielleicht auch deshalb, weil sie von ihm kamen.
    »Vorher hat der Diamant e i nem Spanier gehört. Er wurde verbrannt, weil er zu jüdisch war.«
    »Manchmal glaube ich, du bist verrückt«, sagte sie gereizt.
    Als er alle Tests gemacht hatte, wußte Alfred, daß der Stein unbeschädigt war. Eines Morgens setzte er ihn wieder in seine Fassung in der T i ara. D abei fragte er sich, ob die Leute im Vatikan eigentlich w ußten, nach welchem Vorbild die Tiara gestaltet worden war. Alfreds Vorfahr hatte s i e g a nz offe n sic h tlich dem misnepheth, dem Kopfbund des H ohepriesters im alten Tempel, nachempfunden, von dem Alfred einmal eine Zeichnung gesehen hatte. Dieser war aus Leinen gewesen, aber die Tiara bestand aus reinem Gold und war äußerst schwierig zu reinigen. Dieser Umstand kam Alfred nicht ungelegen, denn dadurch konnte er sich für seine A rbeit Zeit lassen.
    Nachdem er ein wenig herumexperimentiert hatte, wurde ihm klar, daß er doch keinen Goldschmied hinzuziehen mußte. Während er die eing e drückten Stellen ganz vorsichtig, Millim e t er f ü r Mi l limet e r, mit za r t en, fa s t liebevollen Hammerschlägen wieder herausklo p fte, sc h i enen ihm auf gehei m nisvolle Weise Inspiration und Geschick seines längst verstorbenen Vorfahren, des Schöpfers der Tiara, zuzufließen.
    Aber trotzdem konnte er bei seiner Arbeit die V orgänge in Berlin nicht ignorieren, so sehr er es auch versuchte. Tausende drängten sich v o r dem Reichstag und riefen nach Hitler. Obwohl es vom G e setz nicht e r laubt war, hatten die Abgeordneten der Nazis ihre Braunhemden in den Reichstag geschmuggelt, sich auf der Toilette umgezogen und das Parlament in ein Tollhaus verwandelt, wo sie grölten, mit den Füßen st ampften und jeden, der zu reden versuch t e, n i edersc h r i e n . A l s d i e Po li z e i sc h

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