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Der Diamant des Salomon

Der Diamant des Salomon

Titel: Der Diamant des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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bisher kein Handikap gewesen war. In einem Geschäft wie dem Diamantenhandel war es sogar ein Vorteil, jung zu sein, vorausgesetzt, man hatte Erfolg.
    Alfred hatte schnell gelernt, daß man nicht jede Einladung annehmen durfte, aber als ihn eines Tages Lew Ritz, ein Amerikaner, der in Berlin Medizin studierte, zu einer Party mitnehm e n wollte, s a gte er zu. Alfred mochte Ritz, d e ssen jüdischer Spitzname Laibel war, wie der seines Cousins Ludvik. Ritz und Alfred fuhren am Abend in einen westlich gelegenen Außenbezirk der Stadt, zu einem Haus am Ufer der Havel. Nachdem ihnen ein Dienstmädchen, das nichts außer einer weißen Schürze trug, die Tür geöffnet hatte, sah Alfred, daß alle Frauen auf der Party splitternackt waren. Die Männer hingegen waren vornehm gekleidet, die meisten von i hnen drängten sich um eine Tänzerin, die mit Jose p hine Baker zusammen nach Berlin gekommen war. Schwarze Frauen waren damals in Deutschland noch eine Sensation, aber Alfred und Ritz entdeckten eine andere und steuerten fast gleichzeitig auf sie zu.
    Sie blieben stehen und sahen sich an, und Ritz kramte eine Münze aus der Hosentasche.
    Da s M ädche n hatt e e i n hübsche s Gesich t un d etwas schief e Zähne . Ih r Körp e r wa r s c hlank , un d Alfr e d b e merkt e di e zart r os a Abdrü c k e vo n Strumpfbänd e r n au f ihren Schenke l n . »Nein« , s agt e e r un d deu t et e au f di e Münze.
    »Es macht dir doch nichts aus, Laibel?«
    Ritz war ein gutmütiger Bursche. Er schüttelte den Kopf und ging weiter.
    »Ich bin Alfred.«
    Sie schien nicht besonders erbaut, vielleicht war sie sogar etwas verärgert. Vielleicht hatte ihr Lew besser gefallen, dachte Alfred.
    »Ich heiße Lilo.«
    »Und, was halten Sie von mir?«
    »Ihr Anzug ist umwerfend.«
    »Nicht halb so umwerfend wie das, was Sie tragen«, sagte er er n st.
    Jet z t lac h te sie.
    »Müssen wir in diesem Zirkus hier bleiben?«
    »Es ist kalt draußen. Ich hole besser meine Kleider«, sagte sie.
    Nicht weit von dem Kiosk, wo sich Dr. Silberstein sei n e jüdische Zeitung holte, hatten junge Männer in braunen Hemden b e gonnen, eine antisemitische Wochenschrift mit dem Titel »Der Angriff« zu verkaufen. Sie nannten sich »Sturmabteilung« und schüchtert e n die Passanten ein, aber ih r e P a rtei hatte b ei e iner weiteren Wahl abermals sehr schlecht abgeschnitten.
    »Nur zwölf Sitze«, frohlockte Dr. Silberstein. »Sie haben es nur auf zwölf Sitze in einem Reichstag von mehr als fünfhundert Sitzen gebracht.«
    »Schließlich«, erinnerte ihn Alfred, »ist dies das Land, das einen Juden wie Albert E i n s tein zum Direkt o r des Kaiser- W ilh e l m-Instit u ts g e macht hat.«
    »Aber es ist auch das Land …« – Dr. Silberstein zog mit dem Läufer nach und schlug e i nen Bauern – »… dessen Bürger vor Einsteins Büro in der Preußischen Akademie der Wissenschaft und seiner Wohnung in der Haberlandstraße auf ihn warten und ihn unflätig beschimpfen, nur weil er ein Jude ist.«
    »Das sind doch nur ein paar Spinner.«
    Dr. Silberstein brummte. Seit d i ese gemeinsamen Mittwochabende so etwas wie eine Institution geworden waren, hatte sich Alfreds Schachspiel rasch verbessert.
    Zuerst hatte er seinen Hauswirt nur ab und zu geschlagen, aber jetzt s p i e lten die b eiden wie zwei sich umkreisende Tiger, die weder Gnade noch Erbarmen kennen.
    Bernhard Silberstein sah Gespenster. Ein paar holländische Finanzleute, vier B rüder mit N amen Barmat, standen vor Gericht, weil sie angeblich ein paar hochgestellte Persönlichkeiten der Reichsregierung mit »Geschenken und Zuwendungen« bestochen hatten. Die Barmats waren Juden, und Dr. Silberstein vermutete, daß die Folgen dieses Prozesses nicht lange auf sich warten lassen würden.
    »Unsinn«, sagte Alfred. »Gibt es denn nicht auch katholisc h e Kriminelle? Gi b t es nicht auch protestantische Verbrecher ? «
    »Wir Juden müssen doppelt vorsichtig sein«, sagte Dr. Silberstein zögernd. » U nd ganz besonders m üssen wir uns vor aggressiven Geschäftspraktiken hüten.«
    Jet z t wußte Alfred, wo r um s i ch die Unterhaltung wirklich drehte. Bernhard Silbers t ein saß zusammen mit Erwin König, dem Großhändler, mit dem Alfred Sch w ierigkeiten gehabt hatte, im jüdischen Rat.
    »Wir kennen uns doch jetzt schon eine ganze Weile«, sagte er zu Dr. Silberste i n. »Sagen Sie mir, ob Sie glauben, daß ich diesen König übers Ohr gehauen habe.«
    »Darum geht es nicht. O bwohl er übrigens

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