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Der Diamant des Salomon

Der Diamant des Salomon

Titel: Der Diamant des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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l ieß li ch d i e Menge draußen zerstreute, organisierten Rädelsführer einen spontanen Protestmarsch zum Kaufhaus Herpich, wo die Schaufenster eingeschlagen und die Pelze gestohlen wurden.
    Alfred saß in seinem Laden und hörte, wie sie lärmend vorbei zu Wertheim zogen. »Juda verrecke!« schrien sie.
    »Juda verrecke! Juda verrecke!«
    Lew Ritz schrieb, daß er seine Z e it als Assistenzarzt in einem Krankenhaus in New York absolviere. »… habe ich gehört, daß a m erikanische Visa bei euch in Deutschland zur begehrten Mangelware gewor d en sein sollen. Hast Du Dir je m als überlegt, ob Du nicht herüber zu uns kom m en willst? Für den Fall, daß ich Dich überre d en k ann, habe ich Dir etwas beigelegt. Du wirst es brauchen können, denn die A m erikaner geben nie m a ndem m ehr ein Visu m , der nicht beweisen kann, daß er hier nicht der Wohlfahrt zur Last fällt. Ich hoffe, daß Du kom m st. W e nn Du das tust, dann werde ich Dir ein Lokal mit Na m en Cotton Club zeigen, und Du wirst erkenn e n, daß Du bisher noch nie ric h tigen ›J a t zz‹ gehört hast …«
    Lew hatte d em Brief ei n e von seinem Vater unterschriebene Erklärung beigelegt, in der best ät igt wurde, d aß Alfred Hauptmann sofort bei seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten ei n e Anst e llu n g bei d er Hutfabrik R itz erhalten werde. Alfred le g t e d i e s es Schreiben in seinen Safe, aber in dem Dankesbrief an Lew erinnerte er diesen, daß die Nazis nur d i e zweitgrö ß t e Partei in Deutschla n d waren.
    »Hindenburg ist immer noch der Präsident der deutschen Republik, und er hat geschworen, daß er die Verfassung achten werde«, schrieb Alfr e d. Er vergaß dabei völlig, daß Hindenburg vierundachtzig Jahre alt war und immer häufiger ein Nickerchen machte.
    Lilo blieb Al fred weiterhin in Freundschaft und Z uneigung verbunden, aber die offen sichtbaren Vorgänge beunruhigten s i e. Jet z t verw ö hnte sie ihren kleinen jüdischen Ritter nicht mehr so oft, und manchmal, wenn sie neben Alfred in der Dunkelheit l ag, sprudelten ihre Sorgen aus ihr heraus.
    »Weißt du, daß die Nazis mehrere Gebäude in der Stadt haben, leerstehende Lagerhallen und Fabriken?«
    »Das wußte ich nicht.«
    »Ja, sie nennen sie Sturmlokale. Dorthin bringen sie ihre Feinde, Juden und Kommunisten, zum Verhör.«
    »Woher weißt du das?«
    »Jemand hat es mir gesagt.«
    Er gab ihr einen liebevollen Klaps auf den Schenkel. Vermutlich war es b l oß Gerede, a b er es hätte auch etwas dran s ein können, denn ab und zu verschwanden tatsächlich Leute. Immer wieder wurden Leichen aus dem Landwehrkanal gezogen.
    Überall, wo Alfred hinging, sah er Männer in Naziuniformen. So viele Braunhemden hatte es bisher nicht gegeben. Hitler versprach Arbeitsplätze und Wohlstand für die Zeit, wenn endlich die Schmach des Versailler Vertrags von 1919 getil g t und die Juden aus Deutschla n d vertrieben w ären.
    Ein Leitartikel im Angriff riet den Bürgern scheinheilig, nicht in individuellen Ei nzela k tionen eine Lösung der jüdischen Frage anzustreben, denn das sei Sache des Staates. Trotzdem versuchten von Tag zu T ag immer mehr Leute, dieses ver m eintliche P r oblem auf ihre Weise zu lösen. Bernhard Silbersteins polnischer Cousin hatte in panischer Furcht vor den brutalen Ausschreitungen gegen Juden in Frankfurt am Main s einen Lehrposten verl a ssen und war zu seinen Ver w andten nach Berlin geflohen. Max Silberstein war ein schmäc h tiger junger Mann mit verkniffenem Gesicht und spärlich e m Bart, an dem man ihn mühelos als einen der verhaß t en Ostjuden identifizieren konnte. Zwei Tage nach seiner Ankunft, als er gerade am Kiosk die Zeitung für s einen Cousin holen wollte, lief er den SA-Männern, die dort den Angriff verkauften, in die Arme. Er kam blaß, mit glasigen Augen nach Hause. An seinen Rücken hatte man ihm ein Schild geheftet, auf dem stand ICH BIN EIN JÜDISCHER D I EB.
    Am nächsten Tag nahm er den Zug nach Krakau. Das brachte für die Silbersteins das Faß zum Überlaufen.
    Sie regelten ihre persönlichen Angelegenheiten und fuhren zu einer befreundeten Är z tin in den Harz, b ei der sie eine B l eibe fanden. »Warum verlassen Sie dieses Land denn nic h t ? « wollte Dr. Silbe r st ei n beim Ab s chied von Alfred wissen.
    »Ich habe hier ein Geschäft«, sagte Alfred und zwang sich dabei zur Ruhe.
    »Wollen Sie denn wirklich warten, bis alle anderen auch versuchen w egzukommen? Dann ist es zu spät.«
    »Wenn Sie so denken,

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