Der Diamant im Bauch der Kobra
Schulfreunde. Tim und Gaby mussten ein Dutzend Hände schütteln. Es waren
nette Typen, und damit begann der lustige Teil des Abends.
Als Joan die beiden dann zum Plaza
fuhr, war die Nacht angebrochen. Ein runder Mond schien auf Springfield und die
weite Ebene hinab. Vor vielen Häusern saßen die Menschen auf Bänken, und aus
der Dunkelheit drangen leise Gespräche.
Als sie sich verabschiedeten,
fragte Tim, wo er Reiseschecks einlösen könne, gleich morgen früh. Joan empfahl
ihm die Western-Bank.
In der Hotelhalle war dämmriges
Licht. Tim und Gaby holten die Zimmerschlüssel von der Rezeption und liefen die
Treppe hinauf.
8. Der Hoteldieb entkommt
Gaby fühlte noch Tims Gute-Nacht-Bussi
auf der Wange, als sie ihr Zimmer aufschloss. Sie drückte auf den
Lichtschalter, aber kein Licht flammte auf.
Im selben Moment hörte sie das
Geräusch: ein Schaben oder Kratzen beim Fenster.
Es war geöffnet. Mondlicht
übergoss den Park. Baumkronen ragten hoch auf und dämpften die Beleuchtung des
Nachtgestirns.
Dennoch sah sie den Schatten,
der sich soeben hinausschwang: eine dunkle Gestalt. Sie verschwand hinter der
Brüstung. Jetzt tauchte der Kopf weg.
Einbrecher!
„Halt!“, rief sie, obwohl sie
,Hau ab!’ meinte, denn was hätte sie ausrichten können gegen einen
Fassadenkletterer und Einsteigdieb!
Heftig betätigte sie den
Lichtschalter, erfolglos natürlich. Dann lief sie zum Fenster.
Kostbare Sekunden hatten ihm
Vorsprung verschafft. Als sie sich hinausbeugte, war er fast unten. Affenartig
turnte er an den herausragenden Steinen hinunter. Aber das war wirklich kein
Kunststück, sondern bequem wie auf einer Leiter.
„Halt! Nein! Stop!“
Ihr fiel ein, dass sie nicht zu
Hause war und der Kerl vermutlich kein Deutsch verstand.
Er sprang auf den Boden,
wirbelte herum und verschwand in der Finsternis zwischen den Büschen, die unter
den Bäumen wuchsen.
Sowas!, dachte sie empört.
Gibt’s also hier auch. Friedliches Springfield. Sheila und Bill sind nicht
genug. Im Plaza wird geklaut. O weh! Ich dumme Pute! Ist ja meine Schuld!
Letzteres war die Erkenntnis
aus einem Blick, der erst nach rechts, dann nach links wanderte: Über die
Rückfront des U-förmigen Hotelbaus.
Alle unbeleuchteten Fenster
waren geschlossen, die erhellten nur dann geöffnet, wenn ein kräftiger Mann zur
Verfügung stand, beziehungsweise das Zimmer belegt hatte.
„Heh, Gaby“, sagte Tim aus seinem
Fenster. „Bei dir also auch, ja? Mein Zimmer ist durch wühlt. Ich hatte das
Fenster offen gelassen. Weshalb hast du gerufen?“
„Bei mir war er noch, als ich
reinkam. Wie King Kong hat er sich abgeseilt. Ich sah, wie er floh.“
Tim kam zu ihr rüber und schraubte
die Glühbirne in der Stehlampe fest. Das war die Lichtquelle, die vom
Türschalter betätigt wurde. Eine Deckenleuchte fehlte. Auch bei Tim drüben
hatte der Einbrecher, offenbar ein Profi, die Birne locker geschraubt: ein
Trick, um notfalls im Dunkeln entkommen zu können. Was ihm ja bei Gaby gelungen
war, sogar unerkannt.
„Ich meine, es war ein Mann“,
sagte sie und blickte ratlos umher.
Fächer und Schubläden waren
durchwühlt. Der Inhalt lag verstreut auf dem Boden.
„Mir hat er zwei Hemden
geklaut“, wunderte sich Tim. „Die Brieftasche — mit allem was wichtig ist —
hatte ich ja bei mir. Ein Glück! Was vermisst du?“
„Woher soll ich das wissen! Ich
habe noch gar keinen Überblick.“
„Dann überblicke mal! Ich
verständige den Manager.“ Aufgebracht räumte sie ihre Sachen in den Schrank.
Der blaue Jeansrock war weg. Unglaublich! Auch nach ihren Ohrclips suchte sie
vergeblich. Offenbar war er kein Schmuckkenner, der Dieb. Die Clips sahen zwar
aus wie Gold, hatten aber nur 12,50 DM gekostet.
Tim kam mit dem Manager, der
ärgerlich war wegen des Vorfalls, jedoch die Ruhe behielt.
„Don’t touch anything until the
police arrive (nichts anrühren bevor die Polizei kommt)“, sagte er.
„Zu spät“, meinte Gaby. „Ich
bin schon mit dem Einräumen fertig.“
Im selben Moment bemerkte sie
den Schuh.
Es war ein blauer
Jogging-Schuh, absatz-schief wie nach 25 Marathon-Läufen und staubig. Er lag
unterm Fenster. Das Schnürband war zerrissen.
„Den hat er verloren!“, rief
sie. „In der Eile. Läuft er also jetzt mit einem Schuh durch Springfield. Tolle
Spur.“
Tim besichtigte ihn aus der
Nähe, hielt sich aber an das ,Don’t touch!’ (Nicht berühren).
„Ein Schuh der Marke LET’S GO,
abgelatscht und voller Löcher. Der
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