Der Diamant im Bauch der Kobra
eben nicht jeder auf Rosen gebettet — wie
wir.“
„Sind sie von hier?“, fragte
Tim.
„Nein. Sie ziehen durchs Land.
Ich habe sie aufgetan, als sie beim Golfplatz ins Clubhaus einbrechen wollten.
Erst dache ich, Bill macht mich kalt. Aber dann konnte ich ihn überzeugen, dass
ich’s gut meine.“ Sie lächelte, während der Pritschenwagen die Straße hinunter
rollte. „In die Brig-land-Villa habe ich sie einquartiert. Hihihih!“
Wieder tauschten Tim und Gaby
einen Blick.
„Was ist daran komisch?“, wollte
Gaby wissen.
„Die Brigland-Villa gilt als
eine Art Spukhaus. Springfielder gehen da nicht hin. Wegen der tragischen
Familiengeschichte. Es ist, als laste ein Fluch auf dem Grundstück. Ich kenne
alles nur aus Erzählungen. Eliza Brigland ist damals 18 und das hübscheste
Mädchen der ganzen Gegend gewesen. Aber sie war von Hochmut befallen — kein
Junge ihr gut genug als Freund. Ein Fremder musste kommen, um ihr den Kopf zu
verdrehen. Wie sich später herausstellte, war das ein Gangster. Der hat es
fertig gekriegt, sie in kurzer Zeit rauschgiftsüchtig zu machen. Gemerkt hat
das freilich niemand. Dieser Webster war geschickt. Sein wahres Gesicht blieb
verborgen. Eliza ging mit ihm weg. Bei Nacht und Nebel. Die Spur verlor sich,
obwohl die Briglands Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um Eliza zu finden.
Monate später wurde sie in der Nähe von New Orleans aufgefunden. Sie war
sterbenskrank. Webster hatte sie verlassen, war ihrer überdrüssig. Eliza
schaffte es nicht mehr, ihre Heimat noch einmal zu sehen. Sie starb in New
Orleans. Drogen hatten ihre Gesundheit zerstört. Aber kurz vor ihrem Tode
konnte sie noch sagen, wie alles gekommen war. Dieser Webster wurde in späteren
Jahren überall gesucht. Er machte von sich reden als Bankräuber. Aber gefasst
haben sie ihn nie, glaube ich.“
„Davon haben wir gehört“, sagte
Tim. „Und zwar aus erster Quelle. Nämlich von ihrem Bruder Mike, der jetzt
Literaturprofessor in Boston ist. Zur Zeit bereist er Europa. Er war auch in
unserer Stadt — und dabei haben wir ihn kennengelernt. Er ist auf der Suche
nach dem Familienschatz. Aber das erzählen wir dir später — nämlich in Ruhe.“
Joan staunte. Aber für Fragen
blieb keine Zeit mehr, denn sie erreichten die Brigland-Villa, ein tatsächlich
gespenstisches Haus mit gerümpel-vollem Garten und flackerndem Licht hinter
verhängten Parterre-Fenstern. „Hoffentlich kiffen sie nicht“, murmelte Joan.
Gaby machte große Augen.
„Herumtreiber sind’s. Einbrechen wollten sie. Bill hätte dich beinahe
kaltgemacht. Eklig sind sie auch. Und Haschisch gehört wohl zum Abendprogramm?
Was für Läuse, um Himmels willen!, hast du dir in den Pelz gesetzt, Joan?“
Die Brieffreundin lächelte
gequält. „Ich glaube an das Gute im Menschen. Auch wenn man manchmal sehr lange
danach suchen muss. Jeder kann zurückgeführt werden — auf den rechten Weg.“
„Hoffentlich!“, meinte Tim.
Sie waren ausgestiegen und
gingen zum Eingang, einer morschen Tür, die schief in den Angeln hing und nicht
mehr schloss. Im Wind hätte sie geknarrt wie das Portal eines Schweinestalles.
Aber zur Zeit herrschte Flaute in der Gegend von Springfield. Lediglich Gaby
blies die Backen auf, als sie hinter Joan in die Schutt-Behausung trat. Hier
also hatten die deutschstämmigen Briglands vormals gelebt! Es roch nach
Abfällen. In der Eingangshalle häufte sich Gerümpel. Eine Freitreppe führte ins
obere Stockwerk hinauf. Schon vor langer Zeit hatten Heimwerker oder Vagabunden
die Türen geklaut — die einen, um Neues daraus zu tischlern, die andern, um
Lagerfeuer anzuheizen. Jedenfalls konnte man in den erleuchteten Raum sehen.
Eine Petroleumlampe blakte. Der Lichtschein zitterte über die Wände. Möbelreste
standen herum, darunter zwei Feldbetten. „Ich bin’s“, rief Joan.
„Hallooooohhh...“
Sheila fläzte sich auf einem
Feldbett. Sie kiffte nicht. Heute war ihr Bier-Tag. Fünf leere Flaschen lagen
auf dem Boden.
„Sheila, das sind meine Freunde
aus Deutschland“, erklärte Joan in ihrer Muttersprache. „Gaby und Tim.“
Sheila richtete sich auf und
ließ die Beine vom Bett hängen. Sie war älter, als Tim und Gaby erwartet
hatten: etwa 23.
Sheila rülpste, was am Bier
lag, starrte Gaby an, dann Tim. Ihm schenkte sie ein Lächeln, aber das löste
keinen Jubel aus.
Himmel!, dachte er. Ist das
eine Schlampe!
Sieht die immer so aus?,
überlegte Gaby.
Sheilas Rock reichte bis zu den
Knöcheln. Wann sie
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