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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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mit dem sie eine ehrliche und dauerhafte Beziehung hätte aufbauen wollen. In diesem Moment jedoch durchflutete sie ein Gefühl überwältigender Wärme.
    Michael nahm sie in die Arme, drückte ihren Kopf sanft gegen seine Schulter und tätschelte ihren Rücken, als die Tränen zu fließen begannen. All ihre Wut, ihr Schmerz und ihre Angst lösten sich, und KC ließ es heraus.
    Seit dem Tod ihrer Mutter hatte sie keine Träne mehr vergossen. Seit diesem Tag war sie immer die Starke gewesen, hatte diese Stärke ihrer Schwester zuliebe an den Tag gelegt und behauptet, dass Tränen lediglich ein Zeichen von Schwäche seien und dass zu viele Frauen sie zu häufig vergossen, bei viel zu profanen Anlässen. Sie lernte, ihre Gefühle zu verbergen und ihre Seelenqualen für sich zu behalten. Wenn sie und ihre Schwester kein Geld mehr hatten, um Lebensmittel zu kaufen, wenn sie Angst davor hatte, dass man sie auf frischer Tat beim Stehlen erwischte, oder wenn sie schlaflose Nächte verbrachte, weil sie daran denken musste, dass man ihre Schwester von ihr wegholte, verschloss sie dies alles in ihrer Seele. Sie hatte Angst davor, ins Gefängnis zu kommen; sie hatte Angst davor, die Kontrolle zu verlieren; sie hatte Angst davor, allein zu sein. Aber sie zeigte es nie, sondern stellte sich dem Leben mit einem Lächeln auf den Lippen und den Behauptungen, dass es ihr gut gehe und dass sie froh sei, am Leben zu sein.
    Aber jetzt, da Michael sie in den Armen hielt, konnte sie es nicht mehr für sich behalten. Es war zu viel. Ihre ganze Welt brach um sie her zusammen.
    Trotz der Risiken und Gefahren, trotz der Bedrohungen, der Wut und der bösen Worte, mit denen sie ihn bedacht hatte, war Michael da. Er war nicht davongerannt, hatte sie nicht verdammt.
    KC schaute auf und versank in seinem Blick. Dann legte sie den Kopf in den Nacken, und Michael küsste sie sanft und dennoch leidenschaftlich. Und das war der Schlüssel, mit dem sich ihr Herz für Gefühle öffnete, die KC vor langer Zeit begraben hatte. Sie erwiderte Michaels Kuss. Michael strich ihr mit der Hand übers Gesicht, fuhr ihr durch das blonde Haar, streichelte ihren Rücken.
    Dann gaben beide sich ihrer Leidenschaft hin, und ihre Ängste verwandelten sich in Begierde. Es waren Urgefühle, eine Lust, die aus der Seele kam, rein und unschuldig und voller Verheißungen. Beide sehnten sich nach Befreiung und ergaben sich ganz und gar dem Augenblick. Bald lagen ihre Kleider verstreut auf dem Boden. Sie verbannten jeden Gedanken an Schwestern und Freunde, an Auftragsmörder und Polizisten. Beide wollten Erfüllung, und ihre Herzen schlugen im Takt und trugen sie an einen Ort, an dem sie beide noch nie gewesen waren.
    Als sie ein paar Wochen zuvor zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, war es anders gewesen. Da war der Sex von Respekt geprägt gewesen, voller Liebe und Zärtlichkeit. Das hier ging weit darüber hinaus. Sie trieben einander in ganz neue Höhen, als könne die Hitze des Augenblicks all ihre Nöte versengen und sie zu einem Menschen verschmelzen.
    Endlich erreichten beide körperlich und seelisch den Höhepunkt, den sie einander so lange versagt hatten. Sie fanden Erfüllung und eine Liebe, die nur wenigen Menschen vergönnt war.
    Irgendwann später schliefen sie ein und atmeten im Takt und Gleichschlag ihrer Herzen.
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29.
    S anft erwachte KC aus ihren Träumen. Sie konnte sich nicht erinnern, was sie geträumt hatte, doch waren es friedliche Träume gewesen, voller Lächeln und voller Michael. Sie versuchte, wieder einzuschlafen, um da weiterzuträumen, wo sie aufgehört hatte, aber die Welt ließ es nicht zu. KC hörte den Gebetsruf, der mit leierndem Singsang von den Minaretten Istanbuls erschallte, und das Licht der Morgendämmerung strömte durch die Lamellen der Fensterläden ins Zimmer und legte sich auf ihre Lider.
    Langsam öffnete KC die Augen und nahm ihr Umfeld war, den Unterschlupf. Sie schaute neben sich, aber Michael lag nicht im Bett. KC blickte auf die geschlossene Badezimmertür und lächelte.
    So tief wie in dieser Nacht hatte sie seit Monaten nicht geschlafen – obwohl die Übernächtigung und die Gefahr, in der sie sich befunden hatte, sehr zu ihrer Erschöpfung und dem erholsamen Schlaf beigetragen hätten. Jetzt empfand sie neues Selbstvertrauen. Sie hegte keinen Zweifel mehr, dass sie Cindy und Simon zurückbekommen würden. Michael hatte recht: Mit dem Stab hielten sie das wichtigste Teil von

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