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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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groß auf Videokameras oder Strom stehen. Aber es gibt nur diesen einen Weg hinein, und wir haben etwa hundert Meter offenes Gelände vor der Brust, um zur Haustür zu gelangen.«
    »Weißt du«, meinte Busch, »wenn das hier dieser Ort ist, an dem all das Gold ist, all die Juwelen …«
    »Ja, und noch etwas anderes«, unterbrach Michael ihn. »Und dieses andere ist es, was mir Angst macht.«
***
    Michael lief über einen von der Natur geschaffenen steinernen Gehweg und hielt die Hände dabei sichtbar an den Seiten; seine Sig Sauer steckte in seinem Gürtel im Kreuz, und über der Schulter trug er einen schwarzen Rucksack, der den schimmernden Pistolengriff verdeckte. Busch lag im Höhleneingang flach auf dem Bauch, das Scharfschützengewehr fest gegen die Schulter geklemmt. Dieses Mal war die Waffe geladen.
***
    Michael lief vorüber an den heißen Quellen und spürte die Hitze, die sie verströmten. Er warf einen genauen Blick auf die Bäume, die alle frisch beschnitten waren. Als Simon ihm erzählt hatte, was sich hoch oben auf dem Kangchendzönga befand, hatte er mehr als nur Zweifel gehabt; jetzt aber lief er im wahrsten Sinne des Wortes hinein in das Herz einer Legende und in eine Welt, über die man nur im Flüsterton sprach und die man für ein Märchen hielt.
    Michael spürte beim Laufen einen leichten, kühlen Regen auf der Haut. Ihm fiel auf, dass der Schneefall nachgelassen hatte, sodass sich das, was jetzt noch auf die Talsenke niederging, in Nieselregen verwandelte, bevor es den Erdboden erreichte.
    Michael gelangte zu der gewaltigen Treppenflucht, die zum Eingang des Tempels führte. Sie war ungefähr sieben Meter breit und hatte niedrige, jeweils einen Meter tiefe Stufen, die bei Michael den Eindruck erweckten, als schwebe er beim Hinaufsteigen. Zu beiden Seiten der Stufen befanden sich dicke Holzgeländer, deren Oberfläche von jahrhundertelanger Benutzung spiegelglatt war.
    Michael sah sich unablässig um, schaute immer wieder nach links und rechts, um zu festzustellen, ob sich irgendwo etwas regte. Auf den Treppenstufen waren keine Fußabdrücke; Gleiches galt für den Treppenabsatz, auf dem er kurz darauf stand. Die Veranda war breit und tief, und das schwere, glänzende Holz des Daches gab einem das Gefühl, in einem Kirchenschiff zu stehen.
    Die Flügeltür, vor der Michael stand, war über fünf Meter hoch und ebenso breit und bestand aus gebeiztem, gemasertem Holz, sodass es den Eindruck vermittelte, als blickten Hunderte von Augenpaaren hinaus in die Welt. Die Türgriffe waren aus Eisenringen geformt.
    Michael hielt den Atem an, als er nach einem der Ringe griff. Er wusste, dass es jetzt nur noch Sekunden dauerte, bis er sich nicht mehr auf Buschs Feuerschutz verlassen konnte, und dass er möglicherweise ein Tor öffnete, hinter dem der Tod auf ihn lauerte.
    Behutsam zog er an der Tür. Ohne jeden Widerstand schwang sie auf.

47.
    K C stand in einem Raum, in dessen Steinwänden sich Einbuchtungen befanden, auf denen Hunderte kleiner Teelichter standen, die den etwa zehn mal zehn Meter großen Raum in orangefarbenes Licht tauchten. Venue und Cindy standen neben ihr und flüsterten miteinander.
    Hinten an der Wand saßen nebeneinander vierzig Mönche im Lotussitz. Mönche, die ganz anders aussahen, als KC erwartet hatte. Sie trugen alle knöchellange Gewänder, jedoch von unterschiedlicher Farbe: Einige waren weiß, andere dunkelrot, manche waren blau, manche safrangelb. Aber es waren auch vom Schnitt her nicht die gleichen Gewänder; jedes sah anders aus.
    Auch ihr Haar trugen sie auf unterschiedliche Weise; nicht alle waren kahlköpfig, wie man es in einem asiatischen Kloster eigentlich erwarten würde. Obwohl einige geschorene Schädel hatten, trugen andere ihr Haar lang; wieder andere trugen moderne Frisuren.
    Doch nicht nur Kleidung und Frisuren strahlten Individualität aus, auch die Nationalitäten. Die meisten Mönche waren Asiaten – Japaner, Inder, Tibeter, Chinesen, Vietnamesen –, aber es waren auch Afrikaner darunter, Männer aus dem Mittleren Osten und Hispanos. Es war eine repräsentativer Querschnitt der Weltbevölkerung.
    Noch seltsamer war der Schmuck, den sie um den Hals und um die Lenden trugen. Es gab kein vereinigendes Zeichen. KC sah die Symbole der Weltreligionen: das Kruzifix des Katholizismus, das Kreuz des Christentums, den jüdischen Davidstern, den islamischen Halbmond. Es gab buddhistische Gebetskugeln und das Rad des Dharma, das hinduistische Om und mehrere

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