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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Symbole, die KC nicht erkannte.
    Die Mönche hatten im Tempel und auf dem Tempelgelände gearbeitet, als KC mit Venue und seinem Gefolge aus der Höhle heraus und in dieses Paradies gekommen waren. Einige Mönche hatten Gartenarbeiten verrichtet, manche hatten im Altarbereich gekniet, andere in kleinen Vorräumen meditiert. Keiner von ihnen leistete Widerstand, als Iblis’ Männer mit gezogenen Waffen auf sie zuliefen; ihre Gesichter verrieten keinerlei Erstaunen beim Anblick der gewalttätigen Meute, und es lag keine Furcht in ihren Augen, als man sie in den Tempel schob und in den Raum pferchte, in dem sie nun verharrten.
    Während der ganzen Zeit sprach keiner von ihnen auch nur ein einziges Wort. Lediglich der eine Mönch, dem sie im Altarraum begegneten, sagte etwas. Er schien Tibeter zu sein, war von mittelgroßem Wuchs und hatte dunkles, bürstenkurzes Haar. Er trug ein grünes Seidengewand; die Ärmel und der Kragen waren mit Gold besetzt. Abgesehen von einer Narbe auf der rechten Wange war die Haut des Mannes makellos. Er stand vor dem Altar. Seine Fingerspitzen berührten einander, und er war friedlich im Gebet versunken.
    Als Venue und seine Männer durch die breiten Türen kamen, blickte er auf. Seine Augen lächelten, und er legte den Kopf zur Seite. Lange starrte er Venue an; dabei lag etwas in der Luft, was darauf schließen ließ, dass gleich etwas passieren würde. Schließlich ergriff der Mönch das Wort und sagte: »Sie begehen den schwersten Fehler, den ein Mensch begehen kann.«
    Iblis erschoss ihn mit einer einzigen Kugel, die den Tibeter mitten ins rechte Auge traf.
    KC zeigte keine Regung angesichts der Gewalt, aber Cindy stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Sie hatte bisher noch nicht erlebt, wie unmenschlich Iblis sein konnte. Sah man von ihrer Entführung ab, hatte sie bislang ein behütetes Leben geführt, hatte in ihrer eigenen kleinen Welt gelebt und nichts von der Grausamkeit gewusst, die in den Herzen mancher Menschen wohnte.
    Obwohl KCs Miene ruhig blieb, war sie zutiefst schockiert. Es war nicht der Schock über den Mord oder die Gefühllosigkeit, die Iblis einmal mehr an den Tag gelegt hatte, es war vielmehr der Schock über das, was der Mönch gesagt hatte, und wie er es gesagt hatte. Der Mann schien zu wissen, warum sie hier waren; er schien sogar gewusst zu haben, dass sie kommen würden. Außerdem hatte er sie in perfektem Englisch angesprochen.
    KC blickte durch den Raum aus Stein und auf jeden der Mönche, die schweigend und ruhig dasaßen und beteten, als würden sie die Gewehrläufe, die nach wie vor auf sie gerichtet waren, gar nicht bemerken.
    Iblis erschien im Türrahmen. Sein plötzliches Auftauchen riss KC in die Gegenwart zurück. Er und Venue wechselten einen vielsagenden Blick. »Wir haben es gefunden.«
    »Los, Mädchen«, sagte Venue, ohne KC oder Cindy dabei anzublicken.
    Geschlossen verließen sie den Raum und folgten Iblis durch einen langen Steinkorridor, der in den Granit gemeißelt worden war und alle paar Meter von Fackeln erhellt wurde, die sie daran erinnerten, dass sie sich nicht mehr in der modernen Welt befanden. Der Korridor schlängelte sich mal nach links, mal nach rechts und führte immer tiefer hinein in den Berg, bis sie in ein großes Vestibül gelangten. Dort brannten helle Fackeln und drängten die Dunkelheit zurück, die aus allen Richtungen auf sie zukroch. Der kreisrunde Raum war wohl achtzig Quadratmeter groß; seine Wände waren aus glänzendem Stein. Fußboden und Decke waren so aufwendig verziert, wie KC es nie zuvor gesehen hatte. Die mit Gold eingelegten Symbole wirkten abstrakt, andererseits aber so, als hätten sie einen tieferen spirituellen Zweck. Sieben Gänge zweigten von dem runden Raum ab wie Speichen an einem Rad und führten in verschiedene Richtungen.
    Iblis zeigte in einen der Gänge, an dessen Ende sich eine Wendeltreppe befand, die hinab in die Finsternis führte. Sie stiegen die Treppe hinunter und wurden bald von Schwärze eingehüllt, sodass sie sich mit den Händen an der Wand entlangtasten mussten, um sich zu orientieren. Sie erreichten einen kleinen Vorraum, wo vier von Iblis’ Männern, die Waffen im Anschlag, vor einer Türfüllung standen. Sie stoben sofort auseinander, als sie ihren Boss erblickten, und eine große schwarze Tür wurde sichtbar.
    Die Tür sah aus, als wäre sie geradewegs einem Albtraum entsprungen. Sie war aus dickem Ebenholz und beschnitzt mit den Bildnissen der grauenvollsten Kreaturen,

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