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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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namens Pastırma. Außerdem gab es ein breites Angebot exotischster Aphrodisiaka.
    KC ließ die Fensterscheibe herunter. Die Luft roch nach Essen, und der Lärm der Verkäufer und der Autohupen war ohrenbetäubend. KC nahm die exotische Atmosphäre in sich auf, genoss die Eindrücke trotz Lärm und Chaos.
    »Warum ist hier so viel Verkehr?«, fragte sie den Chauffeur.
    »Am Freitagabend findet im Topkapi-Palast ein großer Empfang statt. Im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union«, erwiderte der Fahrer.
    Michael schaute Simon an, sagte aber kein Wort, denn das enorme Sicherheitsaufgebot war ihnen längst aufgefallen. Es waren Soldaten, Polizeibeamte und zusätzliche private Sicherheitskräfte. Bewaffnet und mit wachen Augen hinter dunklen Sonnenbrillen suchten sie die Menschenmenge ab und überprüften die Gebäude.
    »Das ist ja massenhaft Polizei«, sagte Cindy und ließ den Blick schweifen.
    »Ja«, entgegnete der Chauffeur. »Sie behalten die Moscheen und den Topkapi-Palast im Auge. Man weiß ja nie, was irgendein Verrückter vorhaben könnte.«
    Michael sah, dass Cindy bedrückt wirkte, beugte sich vor und lächelte sie an. »Was machst du eigentlich beruflich?«
    »Um ehrlich zu sein«, Cindy wurde schlagartig munter, »fange ich am Montag mit einem neuen Job an.«
    »Was?« KC riss sich vom Anblick der Straßen los und schloss das Wagenfenster. »Und wann hattest du vor, mir das zu sagen?«
    »Tut mir leid, wir unterhalten uns ja nicht gerade häufig«, gab Cindy zurück. »Wenn ich mich recht erinnere, bist du sechs Wochen durch die Weltgeschichte gereist und im Gefängnis geendet.«
    »Was stimmte nicht an Goldman Sachs?« Man konnte den Zorn in KCs Stimme hören. »Etwas Besseres ist kaum zu finden.«
    »Und was wirst du machen?«, fragte Michael. Er hoffte, die Unterhaltung in andere Bahnen lenken zu können, bevor es zwischen den Schwestern zum offenen Streit kam.
    »Ich bin Finanzchefin von SQS Capital Partners«, antwortete Cindy. »Einen besseren Job könnte ich mir nicht wünschen. Sie haben mit einem attraktiven Angebot an meine Tür geklopft und geben mir die Chance, einem Konzern anzugehören, der weltweit tätig ist.«
    »Was ist das für ein Unternehmen?«
    »Ein Finanzkonzern.«
    »Du hättest das mit mir besprechen müssen, bevor du eine Entscheidung triffst«, sagte KC. »Zumindest hättest du dir meine Meinung anhören sollen.«
    »Ich wusste vorher, was du sagen würdest – nämlich das, was du jetzt sagst. Entspann dich.« Cindy musterte ihre Schwester, und ihre Stimme wurde sanft. »Meine Karriere ist wie ein Puzzle. Ich muss verschiedene Teile zusammensetzen, bis ich so weit bin, dass ich meine eigene Firma gründen kann. Du weißt doch, dreißig Millionen, bis ich dreißig bin, dreihundert Millionen, bis ich vierzig bin. Die Uhr tickt.«
    KC lächelte Cindy an. »Wenn es das ist, was du aus einem Studium in Oxford gemacht hast … na ja, wir können uns später unterhalten. Dann kannst du es mir erklären.«
    »Gern«, erwiderte Cindy. »Und dann kannst du mir erklären, was du im Gefängnis getrieben hast und weshalb du nicht nach Hause kommen konntest, sondern unbedingt nach Istanbul musstest.«
    Schlagartig herrschte dicke Luft. Busch, Simon und Michael mieden jeden Blickkontakt, und die nächsten fünf Minuten herrschte Schweigen. Der Wagen fuhr an immer größeren Touristenströmen vorüber, die sich über die Bürgersteige schoben, vorbei an gewaltigen Moscheen mit zierlichen Minaretten, an uralten Steinmauern aus dem Mittelalter und an sandfarbenen Bauwerken, die aussahen, als wären sie einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht entsprungen.
    Mitten im Altstadtviertel kam die Limousine zum Stehen. KC stieg aus und stellte sich mitten auf die schmale Straße. Hinter ihr tat sich eine beeindruckende Mauer auf, ungefähr zehn Meter hoch, von Zinnen gekrönt und von Toren und Türmen aus verschiedenen Epochen unterbrochen.
    KC drehte sich zu Michael um. »Hast du Lust, einen Spaziergang zu machen?«
    Michael war überrascht über das plötzliche Angebot.
    »KC«, rief Cindy, »ich dachte, wir bekämen eine Chance, uns zu unterhalten und …«
    »Das werden wir, ich versprech’s. Wir bleiben nicht lange weg.«

7.
    P hilippe Venue saß auf der mit einem Schieferdach gedeckten Veranda vor der Bibliothek seiner herrschaftlichen Villa auf der Van Durer Straat und nippte an einem Cognac. Sein Zuhause, das man auch »Gut Azrael« nannte –

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