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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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elegantes weißes Kostüm und Pumps und sah aus wie ein Kind, das Verkleiden gespielt hatte. Sie war ein wunderschönes Mädchen, sah aber nicht so aus, als wäre sie bereits alt genug, um für die Zollbehörde zu arbeiten.
    Endlich fiel KCs Blick auf die junge Frau. Für einen Moment war sie wie erstarrt, und die verschiedensten Gefühle spiegelten sich auf ihrem Gesicht. Dann liefen die beiden Frauen aufeinander zu und fielen sich in die Arme.
    »Was machst du denn hier?«, fragte KC und hielt ihre Schwester dabei ganz fest.
    »Der Flug dauert doch nur vier Stunden, da konnte ich mir das einfach nicht verkneifen.«
    »Aber ich hatte dir doch gesagt, du sollst nicht kommen.«
    »Ich weiß.«
    KC ließ sie los und blickte ihr in die Augen. »Aber ich bin froh, dass du wie immer nicht auf mich gehört hast.«
    Die beiden Frauen drehten sich um und kamen auf Michael zu.
    »Michael, Simon, Paul«, sagte KC. »Das ist meine Schwester Cindy.«
    Michael schüttelte ihr die Hand. »Schön, dich kennenzulernen.«
    Cindy sah Michael an. Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe noch nie einen von KCs Männern getroffen.«
    »Irgendwann ist immer das erste Mal«, erwiderte Michael lächelnd.
    »Ich bin Simon«, sagte der Priester mit seinem schwachen italienischen Akzent und ergriff ihre Hand. »Ich habe schon viel über dich gehört.«
    Cindy nickte.
    Michael wies mit dem Kopf in Richtung Busch. »Und das ist Paul Busch.«
    Cindy schüttelte seine Hand. »Angenehm.«
    »Ganz meinerseits.« Busch, der die Frau um Haupteslänge überragte, gab ihr vorsichtig die Hand.
    Cindy war etwa zehn Zentimeter kleiner als KC, und ihre Augen waren dunkelblau, doch war die Ähnlichkeit nicht zu bestreiten. Trotzdem wirkten sie völlig unterschiedlich. KC war groß und schlank, und vom Wesen her war sie lebendig und direkt. Cindy war zurückhaltend. Es war, als wären sie in zwei verschiedenen Welten aufgewachsen.
    Cindy hängte sich bei KC ein, und gemeinsam gingen sie über das private Terminal. KC drehte sich um und sagte zu Michael: »Du hast gesagt, das Flugzeug müsse gewartet werden, bevor es weiterfliegen kann, richtig?«
    »Ja, stimmt«, erwiderte Michael.
    »Dann lasst uns in Istanbul frühstücken gehen. Man weiß schließlich nie, ob und wann man die Stadt wiedersieht.«
    »Ich habe schon genug gesehen«, meinte Busch. »Ich habe Angst, noch mehr zu sehen.«
    »Es geht doch nur um ein Frühstück. Vor morgen können wir hier eh nicht weg«, sagte Michael.
    »Was? Davon hast du gar nichts gesagt«, klagte Busch.
    »Die Maschine muss alle fünfzehntausend Kilometer gewartet werden. Ich will lieber nicht herausfinden, was passiert, wenn man die Wartung verpasst, schon gar nicht mitten über dem Atlantik.«
    »Prima, dann kannst du Jeannie ja erklären, warum wir später kommen … wieder mal.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte Michael und lief den beiden Frauen nach. »Ich werde dich nicht in Schwierigkeiten bringen.«
***
    Eine schwarze Stretchlimousine fuhr den Kennedy Caddesi hinunter, eine breite Schnellstraße, die von einem Meer hupender Wagen verstopft wurde, deren Fahrer wild fluchend mit den Armen fuchtelten, als könnten sie auf diese Weise den Stau auflösen. Kleine gelbe Taxis schwärmten wie Bienen in den Stau hinein und wieder heraus; sie konnten dem Gewühl wesentlich geschickter entgehen als die Stretchlimousine. Der Chauffeur riskierte Kopf und Kragen, bog von der Schnellstraße ab und machte sich auf den Weg in Richtung des Basarviertels, wobei er Abkürzungen durch die Seitenstraßen nahm und damit das morgendliche Verkehrschaos von Istanbul großräumig umfuhr.
    Der Wagen fuhr am Großen Basar vorüber, einem Labyrinth aus Straßen, die überdacht wurden von buntbemalten Gewölben, in denen es mehr als viertausend kleine Geschäfte gab, in denen alle möglichen Waren angeboten wurden – eine erstaunliche Ansammlung von Geschäften, an der sich seit Jahrhunderten nichts geändert hatte. Hier konnte man fast alles finden: Gold, Silber, Edelsteine, Antiquitäten, Leder, Stoffe, Kleidung und Elektrogeräte.
    Die Limousine fuhr weiter über die schmalen, kopfsteingepflasterten Straßen und vorüber am Ägyptischen Basar, dem zweitgrößten Istanbuls, in dem es Gewürze aller Art für jeden Geschmack gab – ein Universum der Speisewürzen, wie man es sonst nirgends auf Erden fand. Hier konnte man Kräuter bekommen, Honig, Nüsse, Bonbons oder ein Rinder-Dörrfleisch

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