Der Dieb der Finsternis
weiß, dass du den Namen Iblis vorziehst. Es interessiert mich im Grunde nicht, wie du dich nennst: Christopher Miller, Nuray Millers Sohn, Sprössling von Rusty oder einfach nur der gute alte Iblis. Namen kann man leicht ändern, aber seine wahre Natur kann ein Mann niemals abstreifen.«
»Nennen Sie mir einen guten Grund, warum ich Sie nicht gleich hier und jetzt töten sollte«, erwiderte Iblis. Der große, schwere Mann, der vor ihm saß, schüchterte ihn nicht im Mindesten ein.
»Dafür gibt es zwei gute Gründe«, entgegnete Venue voller Selbstvertrauen und ohne den leisesten Anflug von Furcht in der Stimme. »Zunächst einmal bin ich zwanzig Jahre älter als du. Ich kann dir beibringen, wie du deine Fähigkeiten effektiver nutzen kannst. Du kannst weiter durch die Straßen rennen wie bisher, kannst aus diesem Museum was stehlen und aus jenem Museum was mitgehen lassen, oder du kannst die Messlatte höher legen und Aufträge übernehmen, mit denen du Millionen kassieren kannst.«
»Und der zweite Grund?«
»Ich brauche einen Partner.«
Eine unscheinbare blonde Kellnerin, deren Wangen von der gesunden Meeresbrise gerötet waren, stellte zwei Halbliterkrüge vor die beiden Männer auf den Tisch und zog wieder von dannen.
Iblis trank einen Schluck Ale.
»Ich bin wie du gewesen«, fuhr Venue fort. »Ich habe das Gleiche getan wie du. Ich habe sogar im Gefängnis gesessen, was du bisher vermeiden konntest. Aber was ich früher getan habe, kann ich heute nicht mehr. Ich habe ein Image zu pflegen.«
»Dass Sie einen Anzug tragen, macht Sie lediglich zu einem gut gekleideten Verbrecher«, sagte Iblis. »Ich bezweifle, dass jemand auch nur eine Träne vergießen würde, wenn Sie nicht mehr da wären. Für Ihren Kopf bekäme man wahrscheinlich einen ziemlich guten Preis.« Iblis legte ein langes Jagdmesser auf den Tisch. »Ich könnte Sie auf der Stelle töten.«
»Das sagtest du bereits. Aber meinst du nicht, dass ich klug genug bin, das zu verhindern? Immerhin war ich gescheit genug, hinter deinen wirklichen Namen zu kommen, alles über deine Familie in Erfahrung zu bringen und über die Dinger, die du bis jetzt gedreht hast. Meinst du da nicht, dass ich vorgesorgt habe? Dass meine Sicherheit gewährleistet und dein Tod geplant ist? Meinst du nicht, dass ich das vor diesem Treffen bereits geregelt habe?«
Schweigend saß Iblis da.
»Kein Grund zur Sorge. Wenn ich die Absicht hätte, dich umzubringen, wärest du jetzt bereits tot.«
Iblis legte den Kopf zur Seite und lächelte ihn voller Respekt an. »Wie würde diese Partnerschaft denn aussehen?«
Venue stellte seinen Aktenkoffer zwischen sie auf die klebrige Tischplatte mit den vielen Kerben. »Ich würde deine Dienste ein paarmal im Jahr benötigen, in erster Linie, um Firmenunterlagen, Informationen über Konkurrenten oder Leute zu stehlen, deren Firmen ich aufkaufen möchte.«
»Nicht gerade eine besondere Herausforderung.«
»Nein, aber der Lohn ist groß. Von Zeit zu Zeit könnte es um Kunstwerke gehen. Ich habe eine Vorliebe für gewisse Stücke, besonders wenn sie eine religiöse Bedeutung haben.«
»Oh, ein spiritueller Mann«, höhnte Iblis.
»Spiritueller, als du denkst.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass das Köfferchen aus gutem Grund auf dem Tisch steht?« Iblis machte mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung des Aktenkoffers.
»Es könnte sich hin und wieder ergeben, dass ich von dir verlangen muss, Taten zu verüben, deren Auswirkungen dauerhafter Natur sind.«
Iblis beugte sich vor. »Zu morden?«
Venue runzelte die Stirn und bejahte die Frage damit, ohne ein Wort zu sagen.
»Ich werde dir pro Jahr fünf Millionen Dollar zahlen. Wenn ich dich gerade nicht brauche, kannst du nach Belieben über deine Zeit verfügen. Brauche ich dich aber, erwarte ich, dass du von einem Augenblick zum anderen alles stehen und liegen lässt und mir auf der Stelle zur Verfügung stehst. Darüber hinaus werde ich dir für jeden Auftrag einen Bonus zahlen, dessen Höhe sich nach der Natur des Auftrags richtet.«
Iblis dachte fieberhaft nach. Venue konnte es sehen.
»Einen Auftrag haben Sie offenbar schon für mich«, sagte Iblis schließlich und zeigte dabei auf den Aktenkoffer.
»Genau so ist es«, erwiderte Venue.
***
Father Francis Oswyn verließ den Supermarkt von Penzance und stellte die Lebensmitteltüten, die er auf dem Arm trug, auf den Rücksitz seines Ford Taurus. Er setzte sich hinter das Steuer und fuhr die fünf Blocks bis zum Haus am
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