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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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funkelten.
    Michael hatte diesen Stab schon gesehen. Mehr als einmal.
    »Kommt er dir bekannt vor?«, fragte KC.
    Michael nickte.
    »Der Äskulapstab sieht ähnlich aus«, sagte KC. »Äskulap war der Sohn des Apollo und Gott der Heilkunst. Sein Stab wurde das Symbol der WHO und ziert die Türen der meisten Krankenwagen.«
    Michael nahm das Foto in die Hand und betrachtete den Stab genauer.
    »Der hier ähnelt mehr dem Hermesstab«, fuhr KC fort. »Einem alten Symbol für den Handel, das der griechische Gott Hermes mit sich führte. Er war der Bote zwischen Göttern und Menschen, und er geleitete die Toten ins Totenreich. Außerdem war er Schutzpatron der Händler, Lügner und Diebe. In der griechischen Mythologie war er neben Hades und Persephone der einzige Gott, der ungehindert in die Unterwelt hinein- und wieder herauskonnte.«
    »Hör auf mit dem mystischen Hokuspokus«, sagte Busch ungehalten.
    KC fuhr unbeirrt fort: »Der Hermesstab wird mit zwei ineinander verschlungenen Schlangen dargestellt, die sich an der Stange emporwinden, an der im oberen Teil, hinter den beiden Schlangenköpfen, zwei Flügel befestigt sind. Seltsamerweise benutzen viele medizinische Organisationen, der US-Gesundheitsminister und die Sanitätstruppen der US-Armee und der Marine den Hermesstab fälschlicherweise als ihr Symbol, ohne sich des Widerspruchs bewusst zu sein.«
    »Ist ja mal wieder typisch«, meinte Busch. »Du willst hier aber nicht behaupten, dass diese Stange von irgendeinem Mythos umrankt wird, oder?«
    KC schüttelte den Kopf. »Nein, es ist ein Artefakt, der nach dem Hermesstab gestaltet wurde. Er ist unbezahlbar.«
    »Welche Bedeutung er hat, interessiert mich nicht«, sagte Michael. »Wo ist dieser Stab?«
    Wieder wühlte KC in den Papieren und zog eine uralte Skizze heraus, die einen Mann zeigte, der ganz anders aussah, als Michael erwartet hätte. Er war groß, hatte einen kurz geschnittenen Bart und war offensichtlich osteuropäischer Herkunft. Michael hatte einen Menschen mit dunklerer Hautfarbe erwartet, wie beispielsweise Araber oder Nordafrikaner sie besaßen.
    »Sokollu Mehmet Pasha war Großwesir, ein Mann, der über sehr viel Macht verfügte und hervorragende Beziehungen hatte. Er war ein Serbe, den man als Kind seiner Familie entrissen hatte, wie es unter den Osmanischen Sultanen in vielen der christlichen Länder üblich war, die sie erobert hatten. Er machte eine steile Karriere beim Militär. Bevor er Großwesir wurde, hatte er nicht nur als Heerführer der Reichswachen gedient, sondern auch als Kapudan-Pascha der türkischen Flotte. Dabei wurde er ein enger Freund von Piri Reis, der ebenfalls Admiral der Osmanischen Flotte war – ›Reis‹ bedeutet auf Türkisch ›Admiral‹.
    Bevor Piri Reis im Jahre 1555 in Ägypten öffentlich enthauptet wurde, vertraute er Mehmet zwei Gegenstände an: die zweite Hälfte der Weltkarte, die er 1513 angefertigt hatte, und den Stab, den er Jahre zuvor von seinem Onkel Kemal bekommen hatte, der ihm sagte, er solle seiner Eingebung folgen und selbst entscheiden, was aus den beiden Stücken werden sollte und ob die Menschheit wert sei zu erfahren, welche Bedeutung sie haben.
    Der Stab war das einzige Stück, das Kemal von einem Schatz behalten hatte, den er und seine Männer auf einem Schiff gefunden hatten, das sie Jahre zuvor im Indischen Ozean kaperten. Mehmet besaß große Besitztümer und bewahrte den Stab und Piris Karte getrennt an zwei verschiedenen Orten auf. Er machte sich viele Jahre intensive Gedanken über das weitere Schicksal der beiden Gegenstände.
    Einige Jahre später bestieg Selim II. den Thron. Er war der Sohn von Süleyman dem Prächtigen, einem der bedeutendsten Herrscher des sechzehnten Jahrhunderts. Es war Süleyman, unter dessen Herrschaft das Osmanische Reich zum führenden Staatsgebilde der Welt wurde und sein Goldenes Zeitalter erlebte. Unter seiner Führung eroberten die Armeen Rhodos, Belgrad, weite Teile des Mittleren Ostens und Nordafrika. Die Osmanischen Flotten beherrschten die Weltmeere. Unter Admiral Piri kontrollierten sie das Mittelmeer, das Rote Meer und den Persischen Golf. Süleyman galt als hervorragender Staatsmann und Militärstratege und als gerechter Herrscher.
    Sein Sohn Selim II. war ganz anders. Er hatte kein Interesse am Militär und überließ den Großteil seiner Regierungsgeschäfte seinem Großwesir Mehmet, damit er Zeit hatte, sich seinen dekadenten Leidenschaften hinzugeben. Selim war Sultan von 1566 bis 1574. Er

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