Der Dieb der Finsternis
Mannes waren im Verlauf der sechs Monate, die seit ihrer ersten Begegnung vergangen waren, dramatisch gewachsen. Er hatte jetzt über dreißig Angestellte, die in den Büros und Bürozellen umherschwirrten und sich mühten, ihrem Boss weitere Millionen zu erwirtschaften.
Venue schob Iblis die Bestätigung einer Geldanweisung über den Schreibtisch. »Sieben Millionen. Gib sie nicht auf einmal aus.«
»Ich werde mir in Istanbul eine große Sommerresidenz zulegen«, erklärte Iblis mit einem Lächeln.
»Mal was ganz anderes«, erwiderte Venue. »Ich persönlich habe eher eine Schwäche für die italienische Riviera.«
»Wir haben eben jeder unseren eigenen Geschmack.«
»Wenn du schon da runterfliegst, könntest du etwas für mich ausfindig machen.«
»Und was?«
»Eine Karte. Ich weiß nicht allzu viel darüber.«
»Meinen Sie eine Landkarte?«
»Es gibt sicher Leute, die es so nennen würden.«
»Und was zeigt sie?«
»Das weiß ich nicht genau. Es hat momentan keine Priorität für mich, ist eher ein Zeitvertreib, Neugier. Wie ich schon sagte, ich weiß nicht allzu viel darüber.«
»Wenn Sie wollen, dass ich mehr darüber in Erfahrung bringe …« Iblis erhob sich von seinem Stuhl. »Rufen Sie mich an.«
»Eine Sache noch, bevor du gehst.« Venue stand auf, ging zu dem Fernseher, der auf dem mittleren Bücherregal stand, und schaltete den Videorecorder ein. »Wir sind ein gutes Team, aber ich möchte sicherstellen, dass du verstehst, wer der Besitzer dieses Teams ist, nämlich ich.«
Iblis sah ihn verwirrt an, während der Videofilm begann. Und je weiter er lief, desto zorniger wurde seine Miene. Das Video bestand aus verschiedenen Bildfolgen, die Iblis dabei zeigten, wie er seinen Priesteropfern nachgestellt hatte und in das Haus in Penzance eingedrungen war. Einige Bilder waren Fotografien, die mit einem Nachtsichtgerät aufgenommen worden waren. Keines ließ Zweifel an Iblis’ Identität.
»Mit Furcht lassen sich stets die besten Geschäftsbeziehungen aufbauen.« Venue blickte Iblis mit seinen kalten, gefühllosen Augen an, ging auf ihn zu und baute sich wie ein Bollwerk vor ihm auf. »Aus meiner Sicht ist sie die beste Motivation. Ganz besonders, wenn der andere um sein Leben fürchten muss.«
»Warum tun Sie das?«, fragte Iblis. »Ich habe diesen Auftrag übernommen, ohne Fragen zu stellen. Ich habe die Männer ermordet, die Sie tot sehen wollten.«
»Ich will sicherstellen, dass wir uns verstehen, du und ich.«
»Was wollen Sie damit erreichen?« Iblis musste sich mit Gewalt zurückhalten, um nicht das Messer zu ziehen und Venue die Kehle durchzuschneiden.
»Dass du mir gegenüber loyal bleibst.«
»Loyalität erkauft man sich nicht mit Furcht«, wisperte Iblis und biss die Zähne zusammen.
»Trotzdem glaube ich, dass ich dich jetzt gerade gekauft habe«, erwiderte Venue und lächelte. »Du siehst also, wir sind die beiden Seiten der gleichen Münze. Glaubst du, ich würde mir auch nur eine Sekunde einbilden, du hättest dich mir gegenüber nicht ebenfalls abgesichert? Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du Beweismittel zurückbehalten hast, die mich mit den Morden an den sieben Priestern in Verbindung bringen, die mein Leben zerstört haben?«
Iblis saß da und sagte kein Wort.
»Du brauchst hier nichts zu gestehen, aber ich will, dass du begreifst, dass ich zwanzig Jahre länger Erfahrung damit habe, Menschen nach meinem Willen zu beugen. Ich kenne die Grenzen der Belastbarkeit. Du solltest dir bewusst machen, dass ich nie verliere, niemals. Nur um das noch einmal klarzustellen: Ich glaube, dass uns eine gemeinsame, äußerst fruchtbare Zukunft beschieden ist, von der wir beide profitieren werden.«
Venue ging zu seinem Schreibtisch zurück, nahm einen braunen Briefumschlag in die Hand, öffnete ihn und hielt Iblis die Dokumente unter die Nase. »Kommt dir das bekannt vor?«
Iblis starrte auf die Akte. Es waren die Recherchen, die er über die Priester angestellt hatte, über ihre Vorlieben und Abneigungen – Informationen, die er sich zum Teil selbst beschafft, zum Teil aber auch von Venue erhalten hatte. Die Akte enthielt außerdem mehrere Fotos von Venue und gründlich recherchiertes Material, das Venue mit seiner priesterlichen Vergangenheit und den sieben toten Männern in Verbindung brachte, die ihn exkommuniziert hatten.
Iblis’ Pupillen wurden so groß, dass seine Pupillen auf einmal pechschwarz und nur noch von einem schmalen Rand aus gespensterhaftem Blau umkränzt
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