Der Dienstagabend-Club
er es für richtig halte, und er schlage vor, dass er, Longman, Mr Clode ein völlig unvoreingenommenes Medium beschaffe.
Philip Garrod zeigte diesen Brief unverzüglich seinem Onkel, der jedoch ganz anders darauf reagierte, als er angenommen hatte. Der alte Mann bekam einen fürchterlichen Wutanfall. Und es war natürlich nur eine Verschwörung, um Mrs Spragg, diese verleumdete und verunglimpfte Heilige, noch mehr in Misskredit zu bringen! Sie hatte ihm bereits erzählt, wie eifersüchtig man in diesem Land auf sie sei. Er wies darauf hin, dass Longman habe zugeben müssen, keinen Schwindel entdeckt zu haben. Eurydice Spragg war in der dunkelsten Stunde seines Lebens zu ihm gekommen, hatte ihm Hilfe und Trost gewährt, und er war bereit, für das Gute ihrer Sache zu kämpfen, selbst wenn er damit einen Streit mit jedem einzelnen Mitglied seiner Familie heraufbeschwören würde. Sie bedeutete ihm inzwischen mehr als jeder andere Mensch auf der Welt.
Philip Garrod wurde kurz und bündig des Hauses verwiesen. Aber als Folge dieses Zornesausbruchs verschlimmerte sich Clodes Gesundheitszustand beträchtlich. Im vorhergehenden Monat hatte er fast dauernd liegen müssen, und nun sah es so aus, als würde er ans Bett gefesselt bleiben, bis ihn der Tod erlöste.
Zwei Tage nach Philips Abreise erhielt ich eine dringende Aufforderung von Clode, ihn zu besuchen, und ich ging eilends hin. Clode lag im Bett, und jeder Laie konnte sehen, dass er ein schwerkranker Mann war. Er rang nach Atem.
›Mit mir geht es zu Ende‹, keuchte er. ›Ich fühle es. Keine Widerrede, Petherick. Aber ehe ich sterbe, will ich meine Pflicht tun dem einzigen Menschen gegenüber, der mehr für mich getan hat als alle anderen. Ich möchte ein neues Testament aufsetzen.‹
›Gewiss‹, erwiderte ich. ›Wenn Sie mir jetzt Ihre Instruktionen geben wollen, werde ich das Testament abfassen und Ihnen das Dokument dann sofort zusenden.‹
›Das geht auf keinen Fall‹, erklärte er. ›Denn es ist möglich, dass ich diese Nacht nicht überlebe. Ich habe meine Wünsche aufgezeichnet‹, seine Hand fasste tastend unter das Kopfkissen, ›und Sie können mir sagen, ob es so richtig ist.‹
Er zog ein Blatt Papier, auf das mit Bleistift einige Worte gekritzelt waren, hervor. Es schien alles ganz einfach und klar. Er hinterließ seinem Neffen und seinen Nichten je 5000 Pfund, und den Rest seines ungeheuren Besitzes vermachte er Eurydice Spragg, aus Dankbarkeit und Verehrung.
Das gefiel mir ganz und gar nicht, aber daran ließ sich auch nichts ändern. Man konnte nicht geltend machen, dass er nicht richtig bei Verstand gewesen sei, als er seine Verfügung traf, denn der alte Mann war durchaus bei Verstand.
Er läutete nach zwei Dienstboten, die auch prompt erschienen. Emma Gaunt, das Hausmädchen, war eine Frau mittleren Alters, die seit vielen Jahren im Hause beschäftigt war und Clode treu gepflegt hatte. Die Köchin, die sie mitbrachte, war eine dralle, frische junge Frau von etwa dreißig Jahren. Simon Clode blickte sie unter seinen buschigen Augenbrauen durchdringend an.
›Ich möchte Sie bitten, mein Testament als Zeugen zu unterschreiben. Emma, holen Sie mir meinen Füllfederhalter.‹
Emma trat gehorsam an den Schreibtisch.
›Nicht in der linken Schublade, Mädchen‹, sagte der alte Simon gereizt. ›Wissen Sie denn immer noch nicht, dass er in der rechten Schublade liegt?‹
›Nein, er ist hier, Sir‹, entgegnete Emma und holte ihn hervor.
›Dann müssen Sie ihn das letzte Mal falsch weggelegt haben‹, brummte der alte Herr. ›Ich kann es nun mal nicht leiden, wenn nicht alles am richtigen Platz liegt.‹
Immer noch knurrend, nahm er ihr den Füllfederhalter aus der Hand und schrieb seinen eigenen, von mir verbesserten Entwurf ab. Dann unterzeichnete er das Testament. Emma Gaunt und Lucy David setzten ebenfalls ihre Namen darunter. Dann faltete ich das Testament zusammen und steckte es in einen langen blauen Umschlag. Notgedrungen war es ja auf ein ganz gewöhnliches Stück Papier geschrieben.
Gerade als die Dienstboten den Raum verlassen wollten, sank Clode stöhnend und mit verzerrtem Gesicht in die Kissen zurück. Ich beugte mich besorgt über ihn, und Emma Gaunt kam eilig zurück. Der alte Mann erholte sich jedoch wieder und lächelte schwach.
›Ist schon gut, Petherick. Kein Grund zur Aufregung. Jedenfalls kann ich jetzt ruhig sterben, nachdem ich ausgeführt habe, was ich schon lange tun wollte.‹
Emma Gaunt sah mich
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