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Der Dienstagabend-Club

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Titel: Der Dienstagabend-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Niedertracht und Abscheuliches. Ich hoffe, dass ihr lieben jungen Leute niemals zu spüren bekommt, wie schlecht die Welt in Wirklichkeit ist.«

Die überlistete Spiritistin
     
    M r Petherick räusperte sich noch etwas nachdrücklicher als gewöhnlich.
    »Ich fürchte«, entschuldigte er sich, »mein kleines Problem wird Ihnen allen recht harmlos erscheinen nach den sensationellen Geschichten, die wir bisher gehört haben. In meiner Erzählung findet kein Blutvergießen statt, aber es geht meiner Ansicht nach um ein interessantes Problem, und glücklicherweise bin ich in der Lage, Ihnen die richtige Lösung geben zu können.«
    »Und keine juristischen Spitzfindigkeiten, wenn ich bitten darf«, warnte Miss Marple und drohte mit einer Stricknadel.
    »Ganz gewiss nicht«, versicherte Mr Petherick ihr.
    »Na, davon bin ich nicht überzeugt, aber fangen Sie nur an.«
    »Meine Geschichte betrifft einen meiner früheren Klienten, den ich Mr Clode – Simon Clode – nennen will. Er war ein sehr wohlhabender Mann und wohnte in einem großen Haus nicht weit von hier. Sein einziger Sohn war im Krieg gefallen, und dieser Sohn hinterließ ein Kind, ein kleines Mädchen. Die Mutter war bei der Geburt gestorben, und als der Vater fiel, kam die Kleine zu ihrem Großvater, der ihr vom ersten Augenblick an geradezu leidenschaftlich zugetan war. Die kleine Chris konnte ihren Großvater um den Finger wickeln. Niemals bin ich einem Mann begegnet, der so vollständig in einem Kind aufging wie er, und ich kann Ihnen seinen Kummer und seine Verzweiflung nicht beschreiben, als das Kind im Alter von elf Jahren eine Lungenentzündung bekam und starb.
    Der arme Simon Clode war untröstlich. Ein Bruder von ihm war vor Kurzem in ärmlichen Verhältnissen gestorben, und Simon Clode hatte den Kindern dieses Bruders großzügig ein Heim geboten – es waren zwei Mädchen, Grace und Mary, und ein Junge, George.
    Obwohl der alte Mann seinem Neffen und seinen Nichten gegenüber stets freundlich und großmütig war, schenkte er ihnen niemals die Liebe, die er seiner kleinen Enkelin hatte zuteil werden lassen. George Clode fand Anstellung in einem nahen Bankhaus, und Grace heiratete einen klugen jungen Forschungschemiker namens Philip Garrod. Mary, ein stilles, verschlossenes Mädchen, lebte zuhause und sorgte für ihren Onkel. In ihrer ruhigen, zurückhaltenden Art mochte sie ihn wohl sehr gern, und so lebten sie friedlich zusammen. Ich möchte noch erwähnen, dass Simon Clode nach dem Tod der kleinen Chris zu mir kam und mich beauftragte, ein neues Testament aufzusetzen. In diesem Testament hinterließ er ein beträchtliches Vermögen seinem Neffen und seinen Nichten zu gleichen Teilen.
    Die Zeit verging, und als ich eines Tages zufällig George Clode traf, erkundigte ich mich nach seinem Onkel, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Zu meiner Überraschung flog ein Schatten über Georges Gesicht. ›Ich wollte, Sie könnten Onkel Simon etwas Vernunft beibringen‹, sagte er kläglich. Sein ehrliches, aber nicht sehr verständiges Gesicht hatte einen verwirrten und bekümmerten Ausdruck. ›Dieser spiritistische Kram wird immer schlimmer.‹
    ›Was für ein spiritistischer Kram?‹, fragte ich, im höchsten Grade überrascht.
    Daraufhin erzählte mir George die ganze Geschichte. Wie Mr Clode sich allmählich für den Spiritismus interessierte und wie er dann zufällig ein amerikanisches Medium getroffen hatte, eine gewisse Mrs Eurydice Spragg. Diese Frau, die George ohne Bedenken als eine abgefeimte Schwindlerin bezeichnete, hatte ungeheuren Einfluss auf Simon Clode gewonnen. Sie war praktisch immer im Hause, und es wurden viele Séancen abgehalten, in denen Chris’ Geist dem zärtlichen Großvater erschien.
    An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich nicht zu den Menschen gehöre, die den Spiritismus verhöhnen oder lächerlich machen. Wie ich schon sagte, halte ich mich an Tatsachen. Und wenn wir unvoreingenommen an die Sache herangehen, so bleibt meiner Ansicht nach beim Spiritismus eine ganze Menge übrig, das sich nicht einfach beiseite schieben oder gar auf Betrug zurückführen lässt.
    Andererseits eignet sich der Spiritismus vorzüglich für Schwindel und Betrügereien, und nach allem, was mir der junge George Clode über diese Mrs Eurydice Spragg erzählte, gelangte ich immer mehr zu der Überzeugung, dass Simon Clode sich in schlechten Händen befand und dass Mrs Spragg wahrscheinlich eine Betrügerin schlimmster Sorte

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