Der Dienstagabend-Club
fragend an, um zu erfahren, ob sie wohl das Zimmer verlassen könne. Ich nickte ihr beruhigend zu, und sie ging hinaus – hob aber erst noch den blauen Umschlag auf, der mir aus der Hand gefallen war, als ich mich in Sorge über Clode gebeugt hatte. Sie reichte ihn mir, und ich steckte ihn in meine Manteltasche. Dann verließ sie das Zimmer.
›Sie ärgern sich über mein Testament, Petherick‹, sagte Simon Clode. ›Sie haben ein Vorurteil, wie alle anderen auch.‹
›Es handelt sich hier nicht um Vorurteile‹, entgegnete ich. ›Mrs Spragg mag ja so tüchtig sein, wie sie behauptet hat. Das bestreite ich nicht, und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Sie ihr als Zeichen der Dankbarkeit ein kleines Vermächtnis hinterlassen hätten. Aber Ihr eigenes Fleisch und Blut zu Gunsten einer Fremden zu enterben, Clode, das ist, offen gestanden, ein großes Unrecht.‹
Nach diesen Worten drehte ich mich um und ging hinaus. Ich hatte Protest erhoben, und mehr konnte ich nicht tun.
Mary Clode kam aus dem Salon und fing mich in der Halle ab.
›Sie werden doch eine Tasse Tee trinken, bevor Sie gehen, nicht wahr? Kommen Sie herein‹, und damit führte sie mich in den Salon.
Im Kamin brannte ein Feuer, und der Raum wirkte heiter und gemütlich. Sie nahm mir meinen Mantel ab, und ihr Bruder George, der gerade ins Zimmer trat, legte ihn über einen Stuhl. Dann kehrte er zum Kamin zurück, wo wir unseren Tee tranken. In der folgenden Unterhaltung kam etwas zur Sprache, das den Besitz anging. Simon Clode wollte nicht damit belästigt werden und hatte George die Entscheidung überlassen. George war ein wenig ängstlich und mochte sich nicht auf sein Urteil verlassen. Auf meinen Vorschlag hin zogen wir uns nach dem Tee in das Arbeitszimmer zurück, und ich sah mir die fraglichen Papiere an. Mary Clode begleitete uns.
Eine Viertelstunde später wollte ich aufbrechen; ich erinnerte mich, dass ich meinen Mantel im Salon zurückgelassen hatte, und ging hin, um ihn zu holen. Die einzige Person im Raum war Mrs Spragg, die neben dem Stuhl kniete, auf dem mein Mantel lag. Sie schien sich an dessen Innenfutter zu schaffen zu machen. Sie erhob sich mit hochrotem Gesicht, als wir eintraten.
›Dieses Futter hat nie richtig gesessen‹, klagte sie. ›Ich könnte bestimmt ein besseres machen.‹
Ich nahm meinen Mantel vom Stuhl und zog ihn an. Dabei merkte ich, dass der Umschlag mit dem Testament aus der Tasche gefallen war und auf dem Boden lag. Ich steckte ihn wieder ein, verabschiedete mich und ging.
Ich möchte hier genau beschreiben, was ich nach Ankunft in meinem Büro tat. Zunächst zog ich meinen Mantel aus und nahm das Testament aus der Tasche. Ich stand am Tisch und hatte es in der Hand, als mein Sekretär hereinkam und mir sagte, dass mich jemand am Telefon zu sprechen wünsche. Da die Leitung zu meinem Schreibtisch nicht in Ordnung war, ging ich ins Vorzimmer und führte ein etwa fünf Minuten dauerndes Telefongespräch.
Als ich aus dem Zimmer zurückkam, wartete mein Sekretär auf mich.
›Mr Spragg ist hier, Sir. Ich habe ihn in Ihr Büro geführt.‹
Bei meinem Eintritt saß Mr Spragg am Tisch. Er erhob sich und begrüßte mich auf etwas salbungsvolle Weise. Dann erging er sich in einer langen, weitschweifigen Rede, die mir im Großen und Ganzen wie eine ängstliche Rechtfertigung seiner Frau und seiner eigenen Person vorkam. Er fürchtete sich vor dem, was die Leute wohl sagen würden, etc. Seine Frau sei schon seit ihrer Kindheit wegen ihrer Lauterkeit und Tugend bekannt gewesen… und so weiter und so weiter. Ich fürchte, ich war ziemlich kurz angebunden. Schließlich merkte er wohl, dass sein Besuch kein allzu großer Erfolg war, und er brach ein wenig überstürzt auf. Dann fiel mir ein, dass das Testament noch auf dem Tisch lag. Ich klebte den Umschlag zu, schrieb die erforderlichen Angaben darauf und legte ihn in den Safe.
Nun komme ich zu dem verwickelten Teil meiner Geschichte. Zwei Monate später starb Mr Simon Clode. Ich will mich nicht auf langatmige Erörterungen einlassen, sondern mich mit den nüchternen Tatsachen begnügen. Als der Umschlag mit dem Testament geöffnet wurde, enthielt er nur ein leeres Blatt Papier.«
Mr Petherick blickte der Reihe nach die interessierten Gesichter an und schmunzelte stillvergnügt vor sich hin.
»Sie verstehen doch natürlich, worauf es ankommt, nicht wahr? Zwei Monate lang hatte der verschlossene Umschlag in meinem Safe gelegen. Während dieser Zeit konnte
Weitere Kostenlose Bücher