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Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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war. So scharfsinnig der alte Mann in praktischen Dingen auch sein mochte, sobald es sich um sein totes Enkelkind handelte, würde er sich sehr leicht hinters Licht führen lassen.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto unruhiger wurde ich. Ich mochte die jungen Clodes, Mary und George, sehr gern, und ich war mir klar darüber, dass der Einfluss, den diese Mrs Spragg auf ihren Onkel ausübte, in Zukunft zu Scherereien führen würde.
    Sobald es meine Zeit erlaubte, stattete ich unter irgendeinem Vorwand Simon Clode einen Besuch ab und fand Mrs Spragg als Gast im Haus etabliert vor. Kaum dass ich sie sah, schienen meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Sie war eine korpulente Frau in mittleren Jahren, die sich auffallend kleidete. Sie überbot sich fast mit heuchlerischen Phrasen über ›unsere Lieben, die hinübergegangen sind‹.
    Ihr Mann, Mr Absalom Spragg, war ebenfalls Gast im Haus. Ein dünner, schmächtiger Mann mit einem melancholischen Gesichtsausdruck, dessen Augen ungewöhnlich verschlagen wirkten. Sobald es sich einrichten ließ, sprach ich mit Simon Clode unter vier Augen, und ich versuchte, ihn taktvoll auszuhorchen. Er war voller Begeisterung. Eurydice Spragg erschien ihm einfach wundervoll! Er glaubte, sie sei ihm geradezu durch eine göttliche Fügung gesandt worden! Aus Geld mache sie sich nichts, es sei ihr eine Freude, einem bedrängten Herzen zu helfen. Sie besaß ein richtig mütterliches Verständnis für die kleine Chris. Simon Clode betrachtete Mrs Spragg allmählich fast wie eine Tochter. Dann erzählte er mir Einzelheiten – er habe die Stimme seiner lieben Chris gehört, und sie habe ihm erzählt, dass sie mit Vater und Mutter vereint und glücklich und zufrieden sei. Er erwähnte noch andere Empfindungen, denen das Kind Ausdruck verliehen habe, die mir aber auf Grund meiner Erinnerung an die kleine Christobel höchst unwahrscheinlich vorkamen. Das Kind habe besonders betont, dass Vater und Mutter die liebe Mrs Spragg sehr ins Herz geschlossen hätten.
    ›Sie, Mr Petherick‹, unterbrach er sich, ›gehören natürlich zu den Spöttern.‹
    ›Nein, ich bin kein Spötter. Weit davon entfernt. Das Zeugnis einiger Männer, die über dieses Thema geschrieben haben, würde ich ohne Weiteres respektieren und jedem von ihnen empfohlenen Medium Achtung und Vertrauen schenken. Ich nehme an, dass diese Mrs Spragg gute Referenzen hat.‹
    Simon geriet fast in Ekstase über Mrs Spragg. Der Himmel selbst hatte sie ihm gesandt. Er hatte sie in einem Kurort getroffen, wo er im Sommer zwei Monate gewesen war. Eine zufällige Begegnung, aber was für ein wunderbares Resultat!
    Ich verließ Simon Clode sehr beunruhigt. Meine schlimmsten Befürchtungen fanden sich bestätigt, aber es war mir nicht klar, was ich dagegen hätte tun können. Nach reiflicher Überlegung schrieb ich an Philip Garrod, der, wie ich schon erwähnte, die ältere Schwester, Grace, geheiratet hatte. Ich legte ihm den Fall dar, wobei ich mich natürlich äußerst vorsichtig ausdrückte, und wies darauf hin, wie gefährlich der Einfluss einer solchen Frau auf den alten Mann werden könne. Ich schlug vor, Mr Clode nach Möglichkeit mit angesehenen spiritistischen Kreisen in Verbindung zu bringen. Das, dachte ich, würde wohl keine allzu schwierige Aufgabe für Philip Garrod sein.
    Garrod handelte prompt. Im Gegensatz zu mir wusste er nämlich, dass es um Simon Clodes Gesundheit nicht besonders gut bestellt war, und er hatte als praktischer Mann nicht die geringste Absicht, seine Frau und deren Geschwister um ihr rechtmäßiges Erbe betrügen zu lassen. In der folgenden Woche schon besuchte er Simon Clode und brachte als Gast niemand anderen als den berühmten Professor Longman mit. Longman war ein erstklassiger Wissenschaftler, ein Mann, dessen Einstellung zum Spiritismus die Menschen zwang, die Lehre vom Übersinnlichen mit Respekt zu behandeln. Und er war nicht nur ein glänzender Wissenschaftler, sondern auch ein Mann von äußerster Rechtschaffenheit.
    Doch das Ergebnis dieses Besuches war nicht gerade überwältigend. Es wurden zwei Séancen abgehalten, aber Longman hatte sich nicht dazu geäußert, solange er als Gast im Haus weilte. Erst nach seiner Abreise schrieb er an Philip Garrod. In diesem Brief erklärte er, dass es ihm nicht gelungen sei, Mrs Spragg bei einem Betrug zu ertappen, dass er persönlich jedoch die Echtheit der Phänomene anzweifle. Es stehe Mr Garrod frei, seinem Onkel diesen Brief zu zeigen, wenn

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