Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dienstagabend-Club

Der Dienstagabend-Club

Titel: Der Dienstagabend-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
niemand damit Unfug getrieben haben. Nein, die Zeitspanne, in der dies geschehen konnte, war sehr kurz; sie liegt zwischen dem Augenblick, da das Testament unterzeichnet wurde, und dem Zeitpunkt, da ich es im Safe einschloss. Nun, wer hatte Gelegenheit und in wessen Interesse lag es, mir ein leeres Blatt unterzuschieben?
    In einer kurzen Zusammenfassung will ich die Hauptpunkte noch einmal aufzählen: Das Testament wurde von Mr Clode unterzeichnet und von mir in einen Umschlag gesteckt – so weit ist alles in Ordnung. Dann wurde dieser Umschlag von mir in meinen Mantel geschoben. Mary nahm mir den Mantel ab und reichte ihn ihrem Bruder George, den ich dauernd im Auge hatte, solange er den Mantel hielt. Während der Zeit, die ich im Arbeitszimmer verbrachte, hätte Mrs Spragg sehr gut den Umschlag aus der Manteltasche ziehen und das Testament lesen können, wofür die Tatsache, dass der Umschlag am Boden lag, ja auch spricht. Aber hier stoßen wir auf einen wichtigen Punkt: Sie hatte zwar die Gelegenheit, mir das leere Blatt unterzuschieben, aber kein Motiv. Das Testament war ja zu ihren Gunsten abgefasst, und wenn sie es durch ein leeres Stück Papier ersetzte, beraubte sie sich ja einer Erbschaft, auf die sie so versessen gewesen war. Dasselbe gilt für Mr Spragg. Auch er hatte die Gelegenheit; denn er war ja mehrere Minuten mit dem fraglichen Dokument in meinem Büro. Jedoch wäre das wiederum nicht zu seinem Vorteil gewesen. Wir stehen also einem merkwürdigen Problem gegenüber: Allein die beiden Leute, die Gelegenheit hatten, das leere Stück Papier in den Umschlag zu schieben, besaßen kein Motiv für eine solche Handlungsweise, und die beiden Leute, die ein Motiv gehabt hätten, besaßen keine Gelegenheit. Nebenbei bemerkt, würde ich das Hausmädchen, Emma Gaunt, nicht vom Verdacht ausschließen. Sie war ihrer jungen Herrin und ihrem jungen Herrn sehr ergeben und verabscheute die Spraggs. Ich bin überzeugt, dass sie durchaus dazu im Stande gewesen wäre, den Tausch vorzunehmen, wenn sie daran gedacht hätte. Aber obwohl sie tatsächlich den Umschlag in Händen hatte, als sie ihn vom Boden aufhob und mir reichte, hatte sie in dem Augenblick nicht genügend Zeit, an dem Inhalt herumzupfuschen, und sie hätte auch nicht durch irgendeinen Kniff – dessen sie zudem kaum fähig gewesen wäre – den Umschlag vertauschen können, denn der fragliche Umschlag war von mir ins Haus gebracht worden, und es war nicht sehr wahrscheinlich, dass jemand im Haus ein Duplikat besaß.«
    Mr Petherick blickte sich strahlend im Kreise um.
    »Nun, hier ist mein kleines Problem. Ich habe es hoffentlich klar zum Ausdruck gebracht und würde mit großem Interesse Ihre Ansichten hören.«
    Zum Erstaunen aller lachte Miss Marple vergnügt vor sich hin. Etwas schien sie königlich zu amüsieren.
    »Was hast du nur, Tante Jane? Willst du uns nicht an dem Spaß teilnehmen lassen?«, fragte Raymond.
    »Es sollte mich wirklich wundern, wenn Sie tatsächlich dahintergekommen sind«, meinte der Rechtsanwalt.
    Miss Marple schrieb ein paar Worte auf ein Stück Papier, faltete es zusammen und ließ es ihm überreichen.
    Mr Petherick faltete es auseinander, las die Worte und blickte bewundernd zu ihr hinüber.
    »Meine liebe Freundin«, sagte er, »gibt es eigentlich etwas, das Sie nicht wissen?«
    »So etwas habe ich schon als Kind gekannt«, erwiderte Miss Marple, »habe sogar damit gespielt.«
    »Da komme ich nicht mehr mit«, meinte Sir Henry. »Sicherlich hat Mr Petherick irgendeinen juristischen Trick dabei.«
    »Keineswegs«, antwortete Mr Petherick. »Keineswegs. Es ist eine völlig faire Angelegenheit ohne irgendwelche Schliche. Sie dürfen sich nicht von Miss Marple beeinflussen lassen. Sie hat ihre eigene Anschauungsweise.«
    »Wir müssten eigentlich die Lösung finden«, meinte Raymond West ein wenig verärgert. »Die Tatsachen erscheinen wirklich einfach genug. Fünf Personen haben den Umschlag angerührt. Die Spraggs hätten ihr Spiel damit treiben können, haben es aber offenbar nicht getan. Da bleiben also nur noch drei übrig. Wenn man an die wunderbaren Tricks denkt, die ein Zauberkünstler direkt vor unseren Augen ausführt, so will es mir scheinen, dass George Clode mit Leichtigkeit das Testament gegen ein leeres Stück Papier hätte vertauschen können, während er den Mantel zum anderen Ende des Zimmers trug.«
    »Ich glaube eher, es war Mary«, bemerkte Joyce. »Das Hausmädchen ist nach unten gerannt und hat ihr

Weitere Kostenlose Bücher