Der Distelfink
lernst! Ich habe herumgestanden und zugeschaut. Mich nützlich gemacht. «
» Welty hat es Ihnen beigebracht? «
» O nein. Er verstand etwas davon– wusste, wie es geht. Das muss man in diesem Geschäft. Er hatte ein sehr zuverlässiges Auge, und oft bin ich in den Laden raufgesprungen und hab ihn geholt, wenn ich eine zweite Meinung hören wollte. Aber bevor ich in die Firma eintrat, hatte er Stücke, die restauriert werden mussten, meistens weitergegeben. Es ist eine zeitraubende Arbeit und erfordert eine bestimmte Geistesverfassung, und er hatte weder das Temperament noch die körperliche Zähigkeit dafür. Der Einkauf war ihm viel lieber– zu Versteigerungen zu gehen, weißt du, oder im Laden zu stehen und die Kunden zu beschwatzen. Jeden Nachmittag gegen fünf bin ich auf eine Tasse Tee nach oben gegangen. › Vertrieben aus deinem Verlies. ‹ Es war wirklich ziemlich übel hier unten in den alten Zeiten, völlig verschimmelt und feucht. Als ich bei Welty anfing « , er lachte, » hatte er einen alten Knaben namens Abner Mossbank. Kranke Beine, Arthritis in den Fingern, konnte kaum was sehen. Manchmal brauchte er ein Jahr, um mit einem Stück fertig zu werden. Aber ich stand hinter ihm und sah ihm bei der Arbeit zu. Er war wie ein Chirurg. Man durfte keine Fragen stellen. Absolutes Stillschweigen! Aber er konnte wirklich alles– Arbeiten, die andere Leute nicht mehr beherrschten oder nicht mehr erlernen wollten. Dieses Handwerk hängt am seidenen Faden, und so wird es von Generation zu Generation weitergegeben. «
» Und Ihr Dad hat Ihnen das Geld, das Sie verdient hatten, nie gegeben? «
Er lachte warmherzig. » Nicht einen Penny! Hat auch nie wieder mit mir gesprochen. Ein verbitterter alter Gauner. Ist dann am Herzinfarkt gestorben– fiel einfach tot um, als er gerade dabei war, einen seiner ältesten Angestellten zu feuern. Eine spärlicher besuchte Beerdigung möchtest du nicht erleben. Drei schwarze Schirme im Schneeregen. War schwer, dabei nicht an Ebenezer Scrooge zu denken. «
» Sie sind nicht wieder aufs College gegangen? «
» Nein. Keine Lust. Ich hatte gefunden, was ich gern tun wollte. Also… « Er drückte sich beide Hände ins Kreuz und dehnte sich. In seiner verschlissenen Jacke, weit und ein bisschen schmutzig, sah eraus wie ein gutmütiger Pferdeknecht auf dem Weg zum Stall. » DieMoral von der Geschichte ist: Wohin wird dich das alles führen? «
» Was › alles ‹ ? «
Er lachte. » Deine Segelferien. « Er trat an das Regal, wo die Gläser mit Pigmenten aufgereiht standen wie die Arzneien in einer Apotheke: ockergelbe Erde, giftige Grüntöne, Pulver aus Holzkohle und verbrannten Knochen. » Könnte der entscheidende Augenblick werden. Auf manche Leute wirkt es so, das Meer. «
» Andy wird immer seekrank. Er muss Kotztüten mit an Bord nehmen. «
» Na ja « , er griff nach einem Glas Lampenschwarz, » ich muss zugeben, mich hat es nie so gepackt. Als ich klein war– die › Ballade vom alten Matrosen ‹ , die Illustrationen von Doré– nein, vom Meer bekomme ich eher Gänsehaut, aber natürlich war ich noch nie auf einem Abenteuer wie du. Man kann nie wissen. Denn « , er runzelte die Stirn und klopfte ein wenig von dem weichen schwarzen Pulver auf seine Palette, » ich hätte mir auch nie träumen lassen, dass ausgerechnet die alten Möbel von Mrs. De Peyster über meine Zukunft entscheiden würden. Vielleicht entdeckst du die Faszination des Einsiedlerkrebses und studierst Meeresbiologie. Oder du beschließt, Boote zu bauen oder Marinemaler zu werden oder das ultimative Buch über die Lusitania zu schreiben. «
» Vielleicht. « Ich verschränkte die Hände auf dem Rücken. Worauf ich wirklich hoffte, wagte ich nicht auszusprechen. Schon der bloße Gedanke daran ließ mich regelrecht zittern. Die Sache war nämlich die: Kitsey und Toddy waren seit einer Weile viel, viel netter zu mir, als habe sie jemand beiseitegenommen, und ich hatte Blicke, subtil und vielsagend, zwischen Mr. und Mrs. Barbour hin und her gehen sehen, die mich hoffnungsvoll stimmten– ja, mehr als hoffnungsvoll. Tatsächlich war es Andy, der mir den Gedanken eingeflüstert hatte. » Sie finden, es tut mir gut, mit dir zusammen zu sein « , hatte er vor ein paar Tagen auf dem Weg zur Schule gesagt. » Sie finden, du holst mich aus meinem Kokon und machst mich geselliger. Ich denke mir, vielleicht geben sie eine familiäre Bekanntmachung ab, wenn wir oben in Maine sind. «
» Eine
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